Prozess am Landgericht Nürnberg-Fürth wegen gewerbsmäßigem Betrugs und Untreue
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Vor Gericht in Nürnberg: der Bürgermeister von Seeg (Ostallgäu) und der Leiter eines Pflegedienstes wegen gewerbsmäßigem Betrug in Millionenhöhe.

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Millionenschaden? Seeger Bürgermeister wegen Betrugs vor Gericht

Vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth hat der Prozess gegen den Bürgermeister von Seeg im Ostallgäu und den früheren Leiter des örtlichen Seniorenheims mit der Verlesung der Anklageschrift begonnen. Der Vorwurf: Betrug und Untreue in Millionenhöhe.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

In Fußfesseln ist der Seeger Bürgermeister Markus Berktold in den Gerichtssaal geführt worden. Seit Anfang Januar sitzt er in Untersuchungshaft. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm Betrug und Untreue in Millionenhöhe vor. Allein die über 40 Seiten lange Anklageschrift zu verlesen dauerte den ganzen Vormittag. Dies zeige, wie komplex das Verfahren sei, sagte Gerichtssprecherin Tina Haase. Anschließend verlas der Vorsitzende Richter Briefe, E-Mails und Protokolle eines Vorgesprächs mit der Kammer, den Angeklagten und ihren Verteidigern. Allerdings sei es dabei aufgrund der Komplexität der Vorwürfe zu keiner Verständigung gekommen, erklärte der Vorsitzende Richter.

Angeklagte sollen sich äußern

Die Kammer wollte zunächst den beiden Angeklagten die Möglichkeit geben, sich vor Gericht ausführlich zu äußern. Der frühere Seniorenheimleiter räumte den Abrechnungsbetrug vor Gericht ein. Er gab eine umfassende Erklärung ab. Über den Bürgermeister sagte er, dass dieser über alle Vorgänge informiert gewesen sei. Der angeklagte Bürgermeister Markus Berktold (CSU) hatte zuvor bei einem Verständigungstermin erklärt, er habe sich nicht bereichern wollen, das Geld sei in die Pflege geflossen.

Dennoch wurde bei dem Termin bereits über die Möglichkeit einer Wiedergutmachung durch den Verkauf von Immobilien gesprochen. Der Anwalt von Bürgermeister Berktold kündigte eine Erklärung seines Mandanten an. Wann es dazu kommt, ist noch unklar. Zeugen sind erst für den zweiten Verhandlungstermin geladen.

Coronahilfen unrechtmäßig abgerechnet

Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg wirft den beiden Männern gewerbsmäßigen Betrug vor. Sie sollen rund 2,1 Millionen Euro unrechtmäßig über den sogenannten Pflegerettungsschirm abgerechnet haben. Teilweise sollen sie dafür nachträglich Scheinrechnungen ausgestellt haben. Der Rettungsschirm war eingerichtet worden, um Corona-bedingte Mehrkosten für Pflegeeinrichtungen abzufedern.

Bürgermeister soll viel Geld veruntreut haben

Außerdem wirft die Staatsanwaltschaft dem Bürgermeister Untreue in Millionenhöhe vor: Beim Caritas-Stiftungsverein in Seeg und der Betreibergesellschaft der Senioren-Einrichtung soll der Bürgermeister insgesamt rund zwei Millionen Euro veruntreut haben.

Als sogenannter Liquidator hätte Berktold den Verein Caritas-Stiftung Seeg abwickeln sollen. In diesem Rahmen soll er laut Staatsanwaltschaft insgesamt 825.000 Euro unter anderem auf sein Privatkonto überwiesen und dem Verein zustehende Pachtforderungen von über 500.000 Euro nicht geltend gemacht haben. Dem Verein gehört das Pflegeheim.

Pflegedienstleiter soll private Schulden getilgt haben

Der angeklagte Pflegedienstleiter soll über die anderen Betrugsvorwürfe hinaus zusammen mit seiner Frau weitere 270.000 Euro unrechtmäßig aus dem Pflegerettungsschirm für einen von ihnen 2022 neu gegründeten Pflegedienst geltend gemacht haben. Laut einer Gerichtssprecherin nutzten die beiden die Coronahilfen, um private Schulden zu tilgen. Ein Verfahren gegen die mitangeklagte Ehefrau wurde aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt.

Urteil soll im Januar fallen

Für den Prozess sind bis Mitte Januar 2024 elf Verhandlungstage angesetzt. Die Verhandlung gegen die Angeklagten aus dem Allgäu findet am Landgericht Nürnberg-Fürth statt, weil die Nürnberger Generalstaatsanwaltschaft mit ihrer Zentralstelle bayernweit für Betrugsfälle im Gesundheitswesen zuständig ist.

Der Bürgermeister der Gemeinde Seeg im Ostallgäu und der frühere Leiter des örtlichen Seniorenheims zwischen Polizisten und Anwälten im Gerichtssaal.
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Vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth hat am Montagvormittag der Prozess um den mutmaßlichen Millionenbetrug in Seeg begonnen.

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