Schultaschen hängen in einem Klassenzimmer an den Tischen der Erstklässler
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Lehrermangel und Corona: Schulen schicken Kinder heim

Der Lehrermangel und Corona zusammen sorgen dafür, dass an manchen Schulen nicht mehr durchgehend unterrichtet werden kann. Klassen werden tageweise nach Hause geschickt oder der Unterricht endet vorzeitig. Der Kultusminister bleibt zuversichtlich.

28 Lehrkräfte unterrichten an der Michael-Ende-Grundschule in Unterschleißheim. Doch in den insgesamt 17 Klassen schlagen der Lehrermangel und Corona heftig zu. Und das schon in der dritten Schulwoche, sagt die Schulleiterin, Elke Fannasch. Neun Kolleginnen seien erkrankt, darunter fünf Klassleitungen. Zwei davon hätten eine erste Klasse, für die Kinder sei das "unheimlich schwierig".

Zwar sind mobile Reserven an die Schule geschickt worden, allerdings nicht ausreichend. Zu wenig Personal, deshalb wird gut die Hälfte der Kinder nur noch im Wechsel unterrichtet. Heißt: An einem Tag sollen beispielsweise die komplette 1a und die ganze 1e daheimbleiben, am nächsten Tag wird dann gewechselt. Am Tag zuvor würden die Eltern informiert, die meisten Kinder könnten erfreulicherweise daheim betreut werden.

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Betreuung daheim oder Notbetreuung in der Schule

Für die Familien, für die die Betreuung daheim nicht möglich ist – etwa weil die Eltern nicht im Homeoffice arbeiten können – bietet die Schule eine Notbetreuung an. Ähnlich wie in der Corona-Zeit. Allerdings bedeutet das für die Kinder: Sie werden auf andere Klassen verteilt. Gerade für die Erstklässler oft schwierig.

Der ganze Schulbetrieb sei umgeschichtet worden, sagt Fannasch. Eine große Belastung fürs komplette Kollegium. "Die Kolleginnen vertreten in ihren Sprechstunden, sie kommen eher, sie bleiben länger. Sie versuchen durch Korrigieren die kranke Kollegin zu entlasten. Und die kranken Kolleginnen versorgen uns von hinten mit Material. Also es arbeiten alle Hand in Hand, ist aber für alle Beteiligten unglaublich belastend und ist nix für Dauer."

Piazolo: "Unterrichtsversorgung ist stabil"

Wie viele Schulen, Klassen, Familien betroffen sind, ist schwierig herauszufinden. Mehrere Bezirksregierungen antworten auf BR24-Anfrage, die Personalsituation sei angespannt. Corona verschärfe die Lage, deshalb komme es in Einzelfällen zu Klassen, die per Distanzunterricht beschult würden. Kultusminister Michael Piazolo kann aus Termingründen kein Interview geben. Er lässt ausrichten, die Unterrichtsversorgung in Bayern sei stabil. Wenn sich an einzelnen Schulen die Erkrankungen ballten, gerade nach der Wiesn, komme jede Reserve an Grenzen. "Das hat nichts mit Lehrermangel zu tun, das war auch stets in der Vergangenheit so."

Der Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hatte zum Schuljahresstart vor dem Lehrermangel gewarnt. Laut Verbandspräsidentin Simone Fleischmann fehlen an den Grund-, Mittel- und Förderschulen rund 4.000 Lehrkräfte. Unterricht werde ausfallen, Stunden gestrichen, hatte sie prognostiziert. Und jetzt? Schon jetzt sei die Grundversorgung an manche Schulen noch sichergestellt, an anderen nicht mehr so richtig. Wo Lehrer fehlten, müssten Kinder nach Hause geschickt werden. Das sei auch nötig, "weil die bestehende Mannschaft und Frauschaft muss gesund bleiben, die muss resilient bleiben", so Fleischmann.

Gerade für die Grundschüler, die schon zwei Corona-Jahre hinter sich haben, aber auch für die Erstklässler eine belastende Situation. Nichts sei wichtiger als der Anfangsunterricht, in dem lesen, schreiben, rechnen gelernt werde. Genauso wichtig sei es aber die Freunde, die Schule, die Abläufe kennenzulernen. Wenn das gleich zu Anfang nicht klappe, sei das arg für die Kinder.

Was kommt im Oktober?

Dass es zu wenig Lehrkräfte gibt, das ist nichts Neues. Dass Kinder nicht mehr durchgehend in der Schule unterrichtet werden, das ist doch eine neue Dimension. Sie habe nicht damit gerechnet, dass Corona so früh und so heftig zuschlagen werde, sagt die Unterschleißheimer Schulleiterin. "Über den Oktober möchte ich ehrlich gesagt gar nicht nachdenken, weil ich glaube, dass das ganz furchtbar wird."

Erst kürzlich hatte BLLV-Präsidentin Fleischmann wieder eine "verlässliche Halbtagsgrundschule" angemahnt. Eltern müssten sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder nicht früher aus der Schule kämen. Wenn die Kinder jetzt tageweise gar nicht mehr in die Schule gehen oder ständig früher nach Hause kommen, dann dürfte das besonders für berufstätige Eltern langfristig zum Problem werden.

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