Das Gelände des stillgelegten Fliegerhorsts Penzing
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Das Gelände des stillgelegten Fliegerhorsts Penzing

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Kommt das Arrow-3-Raketenabwehrsystem nach Penzing?

In Penzing in Oberbayern könnten Teile des Arrow-3-Raketenabwehrsystems stationiert werden. Die Luftwaffe hält den früheren Flugplatz für geeignet. Vor Ort sorgen die Pläne für Irritationen. Der Bürgermeister fragt: "Warum spricht man nicht mit uns?"

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Das Gelände des stillgelegten Fliegerhorsts Penzing könnte Standort für das Raketenabwehrsystem "Arrow 3" werden. Das in Israel entwickelte System werde an mehreren "über Deutschland verteilten Stellungsbereichen aufgebaut", teilte ein Sprecher der Luftwaffe dem BR auf Anfrage mit. Der ehemalige Flugplatz Penzing sei "für eine Stationierung eines Radargerätes dabei als geeignet bewertet" worden.

Das System soll nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums an drei Standorten in Deutschland aufgebaut werden. Als ersten Standort hatte die Luftwaffe im Herbst den Fliegerhorst Holzdorf an der Grenze von Sachsen-Anhalt zu Brandenburg bekanntgegeben.

In Penzing fühlt man sich übergangen

Der Bürgermeister Peter Hammer (CSU) kritisiert die mangelnde Einbindung bei Planungen zu einer möglichen Stationierung eines Raketenabwehrsystems auf dem Gelände des früheren Fliegerhorsts Penzing: "Warum spricht man nicht mit uns?", fragt er im Gespräch mit dem BR.

Ende Januar habe er davon erfahren, dass eine Delegation der Bundeswehr in Penzing vor Ort war. Dabei ging es nach Angaben der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), welche die Liegenschaften der Bundeswehr verwaltet, um die Frage, "wo ein von der Bundeswehr geltend gemachter Grundstücksbedarf am besten gedeckt werden kann", teilt die BImA auf BR-Anfrage mit. Genauere Angaben könne man nicht machen.

Luftwaffe: Penzing für Stationierung eines Radargeräts geeignet

Etwas konkreter wird die Luftwaffe: Es gehe um die Stationierung des Arrow-3-Raketenabwehrsystems. Der ehemalige Flugplatz Penzing wurde "dabei für eine Stationierung eines Radargerätes als geeignet bewertet", heißt es in der schriftlichen Antwort weiter. Die Frage, ob die Standort-Entscheidung bereits getroffen ist oder ob auch noch weitere Standorte im Rennen sind, bleibt unbeantwortet.

Laut Bürgermeister Hammer sei es "angesichts der weltpolitischen Lage" zwar legitim, Standorte für ein solches System zu prüfen. Wegen der bereits weit fortgeschrittenen, zivilen Konversion des Flugplatzes verstehe er aber nicht, warum man bei derartigen Planungen nicht "mit an den Tisch" geholt werde, kritisiert der Bürgermeister der 4.000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Landsberg am Lech, der auch Vorsitzender des Zweckverbands Innovationscampus Penzing-Landsberg ist. Der Zweckverband zur Nachnutzung des Fliegerhorstgeländes habe zum Beispiel nur aus der Presse über die mögliche Stationierung des Raketenabwehrsystems erfahren.

Mögliche Einschränkungen für ADAC-Testzentrum

Sollte die Radarstation tatsächlich nach Penzing kommen, sei davon auszugehen, dass sich daraus "Einschränkungen und Veränderungen unseres Nutzungskonzeptes ergeben könnten". So hat sich seit der Einstellung des Flugbetriebs 2017 bereits der ADAC mit einem großen Testzentrum für autonomes und vernetztes Fahren auf dem Fliegerhorstgelände niedergelassen. Hier könnte es zu Konflikten kommen: Der mögliche Standort der Radarstation liege laut einem Schreiben der BImA, aus dem Hammer zitiert, im östlichen Bereich der Start- und Landebahn – dort also, wo der ADAC seine Testfahrten unternimmt.

Ebenfalls auf dem Fliegerhorstgelände niedergelassen haben sich die Penzing-Studios – ein hochmodernes Filmstudio, in dem unter anderem namhafte US-Produktionen entstehen. Arnold Schwarzenegger war schon da, zuletzt Nicole Kidman. Studio-Geschäftsführer Jörn Siegele sagte dem BR auf Anfrage, er mache sich aktuell keine Sorgen. Man habe geltende Mietverträge abgeschlossen, auf die verlasse man sich. Und ähnliche Bedarfsprüfungen der BImA habe es schon öfter gegeben.

Im Video: USA billigen Verkauf von Raketenabwehrsystem (28.09.2023)

Als Konsequenz aus dem Ukraine-Krieg kauft Deutschland von Israel das Raketenabwehrsystem Arrow 3, das Mittelstreckenraketen abwehren kann.
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Als Konsequenz aus dem Ukraine-Krieg kauft Deutschland von Israel das Raketenabwehrsystem Arrow 3, das Mittelstreckenraketen abwehren kann.

Zweckverband plant dort Start-ups und innovatives Gewerbe

Solche Bedarfsprüfungen wurden laut Bürgermeister Hammer immer negativ beschieden, auch mit Verweis auf den weit fortgeschrittenen Konversionsprozess des ehemaligen Militärgeländes. Eigentlich sei geplant gewesen, dass der Zweckverband den Grund noch im Jahr 2024 vom Bund kaufe. Die Ansiedlung von innovativem Gewerbe oder Start-ups mit Hochschulkooperationen sind dort geplant. Aktuell sind in den ehemaligen Kasernengebäuden auch mehr als 600 Flüchtlinge untergebracht.

Gerade deshalb wundere sich Hammer, dass er im Moment so sehr im Unklaren darüber gelassen werde, was die BImA beziehungsweise die Luftwaffe an dem Standort plant. Wann er von der BImA – "unserem ersten Ansprechpartner" – mehr erfahren wird, weiß er nicht.

Bundeswehr kauft Arrow-3-System von Israel

Die Bundeswehr hat im November 2023 einen Beschaffungsvertrag für das Arrow-3-System über 3,6 Milliarden Euro mit dem israelischen Verteidigungsministerium unterzeichnet. Grund ist der Angriff Russlands auf die Ukraine und die damit verbundene mögliche Bedrohung Deutschlands und anderer europäischer Nato-Staaten.

Im Jahr 2025 sollen die Radarsysteme laut Verteidigungsministerium den Betrieb aufnehmen. Der "vollständige Schutz durch das Arrow-3-System" soll demnach "ab 2030 gewährleistet werden".

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