Bundeskanzler Scholz auf dem UN-Weltklimagipfel in Dubai
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Bundeskanzler Scholz auf dem UN-Weltklimagipfel in Dubai

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Klimakonferenz: Scholz verlangt Ausstieg aus fossilen Energien

Auf der UN-Klimakonferenz in Dubai ist man sich einig: Den erneuerbaren Energien gehört die Zukunft. Wie die Klimaziele aber erreicht werden sollen, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. 20 Staaten wollen die Atomkraft deutlich hochschrauben.

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Auf der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai unterstützen neben Deutschland bereits fast 120 Staaten das Ziel, die Energieerzeugung aus Erneuerbaren bis 2030 zu verdreifachen. "Ich rufe alle Staaten dazu auf, so schnell wie möglich an Bord zu kommen", sagte der Präsident der Weltklimakonferenz aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Sultan al-Dschaber.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mahnte am Samstagmorgen mehr Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren in den Ländern an. Strittig ist jedoch, ob sich die Staaten auf einen weltweiten Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas einigen können, so wie Scholz das fordert. Einige Länder setzen lieber auf Atomkraft, um die Klimaziele zu erreichen.

Kerry: Keine Klimaneutralität ohne Atomkraft

Eine Gruppe von etwa 20 Staaten rief auf der UN-Klimakonferenz zum Ausbau der Atomkraft auf. Die Leistung solle weltweit bis 2050 verdreifacht werden. Nur so könne die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verringert werden. Der US-Klimabeauftragte John Kerry verwies auf Aussagen aus der Wissenschaft, wonach Klimaneutralität bis 2050 ohne Atomkraft "nicht erreichbar ist".

Beteiligt an der am Samstag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung sind neben den USA, auch Frankreich, Großbritannien, Belgien, Finnland, Polen, Schweden, Japan, die Ukraine, sowie das Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate. Nicht aber Russland und China, die ebenfalls über eine größere Zahl von Atomkraftwerken verfügen.

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, forderte ebenfalls weitere Investitionen in die Kernkraft. Es wäre ein "Fehler", die Atomenergie aufgrund von Problemen bei einigen Projekten abzulehnen, sagte er der Nachrichtenagentur AFP am Rande der UN-Klimakonferenz.

Kritiker verweisen auf die mit der Atomkraft verbundenen Risiken, ungeklärte Entsorgungsfragen sowie hohe Kosten. Deutschland hatte im April die Nutzung der Atomkraft zur Energieerzeugung beendet. Deren Anteil an der weltweiten Stromerzeugung beträgt derzeit knapp zehn Prozent.

Große Einigkeit bei der Förderung erneuerbarer Energien

Weitestgehend einig ist man sich beim Ausbau erneuerbarer Energien. Am Freitag hatte sich eine Mehrheit von fast 120 Staaten hinter das auch von Deutschland unterstützte Ziel gestellt, deren Leistung bis 2030 zu verdreifachen und zugleich die Energieeffizienz bis dahin zu verdoppeln.

"Der Ausbau erneuerbarer Energien kommt voran, aber nicht mit dem Tempo, das notwendig ist", sagte Scholz am Samstag. In Deutschland sei der Ausbau bereits beschleunigt worden, das müsse aber nun überall auf der Welt geschehen.

Während es für den Ausbau der Erneuerbaren in Dubai breite Zustimmung gibt, sind die Positionen zum Abschied von fossilen Energieträgern, der damit einhergehen soll, unterschiedlich.

Bundeskanzler Scholz forderte den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Alle müssten jetzt feste Entschlossenheit an den Tag legen, aus den fossilen Energieträgern auszusteigen, zuallererst aus der Kohle, sagte Scholz vor Staats- und Regierungschefs aus aller Welt. Scholz betonte, noch sei es möglich, die Emissionen innerhalb dieses Jahrzehnts so zu senken, dass das 1,5-Grad-Ziel erreichbar bleibe. Allen geopolitischen Spannungen zum Trotz müsse man sich dafür aber sehr beeilen.

Der Gastgeber Vereinigte Arabische Emirate sowie Saudi-Arabien stellten stattdessen eine gemeinsame Initiative mit der Ölindustrie für niedrigere CO2-Emissionen in der fossilen Energiewirtschaft vor. Eine wichtige Rolle soll dabei die Speicherung oder Nutzung von Kohlendioxid (CCS oder CCU) spielen. Diese Techniken stehen bislang allerdings nicht in großem Maßstab zur Verfügung und sind zudem sehr teuer. Germanwatch bezeichnete dies als "Greenwashing in Reinform". Die Erklärung lasse die Emissionen der Lieferketten völlig außer Acht, obwohl diese 80 bis 90 Prozent der gesamten Emissionen ausmachten.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris kündigte auf der Konferenz an, die USA würden drei Milliarden Dollar in den Grünen Klimafonds (GCF) einzahlen, ein wichtiges Instrument der internationalen Klimafinanzierung.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte 2,3 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt in den nächsten zwei Jahren an, "um die Energiewende in unserer Nachbarschaft und rund um den Globus zu unterstützen".

Neben dem Erneuerbaren-Ziel will sich die Mehrheit der Länder dafür einsetzen, bis zum Jahr 2030 die Rate der Energieeffizienz von rund zwei Prozent auf mehr als vier Prozent zu steigern. Das bedeutet, dass zur Produktion von Gütern oder Leistungen weniger Energie notwendig werden soll.

Kritik von Umweltverbänden: Kanzler zu zögerlich

Umweltorganisationen begrüßten das Bekenntnis des Kanzlers zum Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle. Die Bundesregierung müsse nun bei der Klimakonferenz mit den ambitionierten Ländern bei diesem Thema vorangehen, verlangte Viviane Raddatz vom WWF. Zugleich kritisierte sie: "Während die Bundesregierung in Dubai durchaus positive Signale setzt, müssen in Deutschland erst Gerichtsurteile die Regierung zum Handeln zwingen."

Ähnlich äußerte sich Martin Kaiser von Greenpeace: "Scholz fehlt die Konsequenz und Glaubwürdigkeit bei seiner Klimapolitik." Nachdem der Klima- und -Transformationsfonds und das Klimasofortprogramm der Bundesregierung gerichtlich kassiert worden seien, müsse der Kanzler die Glaubwürdigkeit Deutschlands beim Klimaschutz schleunigst wiederherstellen.

Luisa Neubauer von Fridays for Future erklärte im NDR, Deutschland werde mit seinen Haushaltsproblemen und der infrage stehenden Finanzierung der eigenen Klimaschutzvorhaben international derzeit skeptisch beobachtet.

Jan Kowalzig, Klimareferent der Entwicklungsorganisation Oxfam, betonte, es sei zwar gut, dass Scholz "zumindest im Prinzip" den Ausstieg aus den fossilen Energien anmahne. Dazu passe aber nicht, dass die Bundesregierung mit der Errichtung neuer fossiler Infrastruktur für den Import von Flüssiggas gegen das Pariser Abkommen arbeite und das Klimaschutzgesetz aushöhle.

Die Umweltorganisation Germanwatch kritisierte, Scholz habe "nicht die klimapolitisch notwendige Unterstützung für ein massives Herunterfahren von Kohle, Öl und Gas bis 2030 ohne Wenn und Aber signalisiert".

Mit Material von dpa, AFP und epd

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