Auf einer grünen Wiese stehen mehrere Windräder
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Grüner Strom, etwa aus Windkraft, ist günstiger. Manche Kosten im Rahmen der Energiewende sind aber noch nicht absehbar.

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#Faktenfuchs: Grüner Strom – billiger oder teurer?

Im Wahlkampf haben die bayerischen Grünen mit dem Slogan "Wähl billigen Strom" geworben. Gemeint war Strom aus erneuerbaren Quellen. Im Netz bezeichnen User sie deswegen noch immer als "Lügner". Doch die Aussage ist im Kern richtig.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Darum geht's:

  • Eine Kilowattstunde Strom aus Wind- oder Solarkraft herzustellen, kostet heutzutage weniger als eine Kilowattstunde Strom aus Kohle oder Gas. "Grüner" Strom ist in der Herstellung also günstiger als Strom aus fossilen Brennstoffen.
  • Und: Um die Energiewende zu schaffen, muss sich die Stromversorgung in Deutschland grundsätzlich verändern. Dieser Umbau kostet Geld. Wie viel, lässt sich derzeit aber nicht seriös beziffern.
  • Aber: Bisher lässt sich der deutsche Strombedarf nicht allein aus Erneuerbaren decken. Daher braucht es weiterhin Strom aus fossilen Energiequellen.

Die Energiekrise und die Strompreise haben im vergangenen Winter viele beschäftigt. Auch in diesem Sommer, im Landtagswahlkampf, waren sie noch Thema: Die Grünen warben mit einem Plakat, auf dem stand: "Wähl billigen Strom". Daneben war ein Windrad zu sehen. Tatsächlich ist Strom aus Wind und Sonne in der Herstellung günstiger als Strom aus fossilen Energieträgern - wie wir in diesem Artikel darlegen werden.

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Auf einem Wahlplakat warben die Grünen im Landtagswahlkampf mit dem Slogan: "Wähl billigen Strom".

Dennoch hatten während des Wahlkampfs einige Netz-User die Aussage auf dem Plakat als "Lüge" bezeichnet. Ein X-User (ehemals Twitter) antwortete auf einen Post des Grünen-Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann: "Was man mitnehmen kann von den Grünen aus dem Wahlkampf? Ihr seit die größten Lügner in Energiefragen. Grüner Strom wird billig, ist der größte Treppenwitz der Geschichte! Da wird nichts billig, nur 2 bis 3 mal teurer!" [sic]

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Eine Behauptung wird auf X, ehemals Twitter, geteilt: Dass grüner Strom teurer ist, stimmt aber im Kern nicht.

Das ist so nicht richtig. Betrachtet man nur die Produktionskosten, dann ist Strom aus Wind und Sonne günstiger als Strom aus fossilen Brennstoffen. Betrachtet man außerdem die verdeckten Folgekosten von verschiedenen Stromarten wie etwa Gesundheits-, Klima- und Umweltschäden, die von den Herstellern nicht gezahlt werden, dann schneidet Strom aus Erneuerbaren sogar noch besser ab. Bedenkt man dann aber auch, dass für die Energiewende große Teile des Stromnetzes umgebaut und etwa Wasserstoffkraftwerke hinzugebaut werden müssen, um die Versorgungssicherheit auch dann gewährleisten zu können, wenn Sonne und Wind nicht genügend vorhanden sind, dann steigen die Produktionskosten für Strom aus Erneuerbaren - um wie viel, das ist zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht sicher zu sagen.

Wind und Sonne am günstigsten in der Herstellung

Dass Strom aus Wind günstiger ist als Strom aus fossilen Brennstoffen, belegt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) aus dem Jahr 2021. Um die Kosten verschiedener Energiearten zu vergleichen, hat es sich etabliert, die Produktionskosten anzuschauen: die sogenannten Stromgestehungskosten. Dabei werden - stark vereinfacht gesagt - die Kosten für Errichtung und Betrieb einer Anlage während ihrer Lebensdauer durch die Summe der erzeugten Energiemenge während ihrer gesamten Nutzungsdauer geteilt. Weitere Details, erklären wir hier:

Solarstrom und Strom aus Windkraft sind am günstigsten

Die folgende Grafik zeigt die Ergebnisse der letzten Studie des Fraunhofer-Instituts ISE, die im Kasten oben zitiert wird. Das Institut berechnete die Stromgestehungskosten für verschiedene Energiequellen in unregelmäßigen Abständen, zuletzt im Jahr 2021:

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Eine Grafik zeigt die Stromgestehungskosten für Erneuerbare Energien und konventionelle Kraftwerke in Deutschland.

Christoph Kost, einer der Autoren der Studie, erläutert im Gespräch mit dem #Faktenfuchs: Für jede Energieart werde eine Kosten-Bandbreite angegeben, da die Werte in Abhängigkeit von Standortfaktoren schwankten – zum Beispiel, weil ein Windkraftwerk in einer windärmeren Gegend weniger Strom produziert als eines an der Küste. Auf die Lebensdauer des Windrads betrachtet, macht das die einzelne Kilowattstunde produzierten Strom teurer.

Trotz der Bandbreite zeigt diese Studie eindeutig: Photovoltaik und Windkraft an Land sind die günstigsten Energielieferanten, gefolgt von Offshore-Windkraft. Im Vergleich dazu liegen die Stromgestehungskosten von Strom aus Kohlekraftwerken (Stein- und Braunkohle) deutlich höher.

Auch andere Studien belegen die Ergebnisse

Zum selben Ergebnis kommen auch andere Studien, etwa ein Stromkostenvergleich, den die US-Investmentbank Lazard regelmäßig veröffentlicht, zuletzt im April 2023. Diese Untersuchung hat eher einen Fokus auf die USA, strukturell sind die Ergebnisse jedoch vergleichbar. Auch hier schneiden großflächige Photovoltaikanlagen und Windräder (Onshore) am besten ab.

Die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA), die jährlich über die Kostenentwicklung bei erneuerbaren Energien berichtet, veröffentlichte ähnliche Ergebnisse. 2022 kamen die Autoren zu dem Schluss: "Rund 86 Prozent aller neu in Betrieb genommenen erneuerbaren Kapazitäten im Jahr 2022 wiesen niedrigere Kosten als Strom aus fossilen Brennstoffen auf."

Kosten für Strom aus Erneuerbaren sinken tendenziell - die für Strom aus fossilen Brennstoffen steigen

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat wissenschaftliche Erkenntnisse zu "Gestehungskosten von Strom im Vergleich" zusammengefasst. Danach sinken die Herstellungskosten für Strom aus erneuerbaren Technologien seit Jahren und würden auch in Zukunft weiter sinken. Grund dafür sei der technische Fortschritt und Lerneffekte bei den Herstellern. Zugleich würden die Kosten für Strom aus fossilen Energieträgern aufgrund des Europäischen Emissionshandels, der jede Tonne Treibhausgas immer teurer macht, weiter steigen.

Doch wie haben sich die Gestehungskosten seit der Fraunhofer ISE-Studie aus dem Jahr 2021 verändert? Kritiker weisen etwa darauf hin, dass durch die Inflation die Kosten für Baustoffe - etwa für Windräder - gestiegen seien. Da die Gestehungskosten sich aus den Kosten für Bau und Betrieb der Anlage ergeben, macht das auch den Strom teurer. Zugleich sind aber auch fossile Brennstoffe wie Gas, Öl oder Kohle im Preis gestiegen. Bernd Weber, Gründer und Geschäftsführer des Think Tanks EPICO Klimainnovation, der in einer Studie untersucht hat, welcher Weg zu einem klimaneutralen Stromsystem der günstigste ist, bestätigt, dass sich viele Preisbestandteile derzeit schnell verändern. Die grundsätzliche Aussage der Fraunhofer-Studie - Strom aus erneuerbaren Energien ist günstiger als Strom aus fossilen Brennstoffen - sei aber weiterhin richtig. Langfristig werde Strom aus erneuerbaren Energien aufgrund von Technologiefortschritten immer günstiger, Strom aus fossilen Brennstoffen aufgrund des Zertifikate-Handels hingegen immer teurer.

Was der Stromgestehungspreis nicht aussagt

Doch wer sich nur den Stromgestehungspreis anschaut, wird der Frage, wie viel welche Stromart wirklich kostet, in ihrer Komplexität nicht gerecht. Denn mehrere Punkte, die für die Beantwortung der Frage ebenfalls relevant sind, fließen in die Berechnung der Stromproduktionskosten nicht oder nur teilweise ein.

1. Die Flexibilität der jeweiligen Technologie: Lässt sich das Kraftwerk schnell herauffahren, um mögliche Engpässe in der Stromversorgung abzudecken? Bei den meisten Erneuerbaren ist das nicht möglich. Strom wird dann produziert, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Daher stellt sich die Frage, wie in einem Stromnetz der Zukunft für die Zeiten vorgesorgt wird, in denen nicht ausreichend Energie aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht. Auch diese Kosten müssen bedacht werden.

2. Externe Folgekosten: Doch auch die Herstellung von Strom aus fossilen Brennstoffen hat versteckte Kosten, die in den Gestehungskosten nicht oder nicht in Gänze abgebildet werden. Mit dem Begriff der "Folgekosten" bezeichnen Wissenschaftler all jene Kosten, die die Gesellschaft zahlen muss, weil der Verursacher dafür nicht aufkommt. Dazu gehören zum Beispiel Folgekosten durch Umwelt-, Klima- und Gesundheitsschäden. Aber auch staatliche Förderungen oder Subventionen, die für den Stromnutzer nicht im Verbrauch sichtbar sind, können dazu gehören.

3. Netzausbau-Kosten: Auch die Energiewende benötigt Strom. Damit Deutschland bis 2045 klimaneutral wird, müssen vor allem der Verkehr, die Industrie und die Wärmeerzeugung auf grünen Strom umgestellt werden. Der Stromverbrauch wird sich dadurch laut Experten bis 2045 voraussichtlich verdoppeln. Deshalb - und aus anderen Gründen - muss sich das Stromnetz grundlegend verändern. Künftig wird mehr Strom dezentral produziert werden, zum Beispiel durch Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Zudem sind die Erneuerbaren-Kraftwerke standortabhängig. Daher muss zum Beispiel Strom aus Windenergie aus dem Norden Deutschlands in den Süden transportiert werden, wo es weniger Windräder gibt. All das bedeutet, dass das Stromnetz umgebaut werden muss - und diese Anpassung kostet Geld.

Zusatz-Kosten sind schwer zu beziffern

Doch um wie viel Geld geht es dabei? Das lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht genau sagen, weil viele Faktoren noch nicht bekannt sind. Um es vorweg zu nehmen: Eine abschließende Antwort auf die Frage, ob Strom aus Erneuerbaren auch dann noch günstiger ist als Strom aus fossilen Brennstoffen, wenn man all diese Punkt bedenkt, gibt es derzeit nicht. Aber es ist wichtig, sich zumindest bewusst zu machen, mit welchen Kosten die Energiewende - aber auch die Produktion aus fossilen Brennstoffen - tatsächlich einhergehen. Schauen wir uns alle drei Punkte im Detail an.

Die Flexibilität: 2022 wurde in Deutschland nur etwa knapp die Hälfte des Strombedarfs durch Strom aus erneuerbaren Energien gedeckt, wie das Umweltbundesamt auf seiner Webseite schreibt. Das heißt: Solange Deutschland seinen Strombedarf noch nicht zu 100 Prozent aus Erneuerbaren decken kann, ist es auf Strom aus fossilen Brennstoffen angewiesen - auch wenn er teurer sein mag.

Und: Die Stromversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare umzustellen, hat seinen Preis. In Zukunft wird entscheidend sein, wie gut die Verbraucher in der Lage sind, ihren Stromverbrauch daran anzupassen, ob gerade viel davon verfügbar ist (etwa durch sogenannte "Smart Meter" - mehr dazu lesen Sie hier). Und es wird entscheidend sein, ob die Stromerzeuger es schaffen, überflüssig produzierten Strom zu speichern und damit für später "aufzuheben". Dafür sind derzeit vor allem zwei Technologien im Gespräch:

1. Batterien, die zum Beispiel an Photovoltaikanlagen angeschlossen werden und aufgeladen werden, wenn gerade viel Sonnenstrom verfügbar ist. Diese Technik existiert jetzt schon. Die Experten vom Fraunhofer ISE haben sie in ihrer Studie zu den Stromgestehungskosten mit aufgenommen. Die Grafik zeigt: Je nach Größe der Anlage und der Batterie kann das die Gestehungskosten des sonst so günstigen Solarstroms deutlich erhöhen. Außer bei kleinen Photovoltaikanlagen liegen die Gestehungskosten des Solarstroms aber auch mit Batterie noch unter denen von Braun- oder Steinkohle.

2. Wasserstoffkraftwerke, die Strom aus Wasserstoff herstellen. Dieser kann entweder importiert oder aus überschüssigem Erneuerbaren-Strom hergestellt werden, indem der Strom zunächst per Elektrolyse in Wasserstoff verwandelt wird. Der gespeicherte Wasserstoff kann dann bei Bedarf flexibel wieder verstromt werden, um Versorgungslücken zu decken. Der Nachteil: Dabei geht viel Energie verloren, denn für die Umwandlung selbst werden große Mengen an Strom benötigt. Die Technologie gilt daher bisher noch als ineffizient.

Das Problem: Wie viel diese Art der Stromproduktion in der Herstellung kostet, lässt sich bisher noch nicht wirklich seriös beantworten. Das sagen alle Experten, mit denen der #Faktenfuchs gesprochen hat. Sicher ist nur: Bisher ist die Technologie noch zu teuer, um für Investoren ohne staatliche Förderung interessant zu sein.

Verschiedene Studien - etwa von Greenpeace und dem Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos AG - kommen zu dem Ergebnis, dass die Kosten für die Herstellung von Wasserstoff aus grünem Strom bis 2030 beziehungsweise 2050 stark fallen werden. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags schrieb dies 2019 ebenfalls.

Externe Folgekosten: Auch die externen Folgekosten von Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen sind schwer zu beziffern. Einen Teil davon bilden die Stromgestehungskosten der Fraunhofer-Studie schon ab - denn die Autoren haben die Kosten für die CO2-Zertifikate (derzeit und anhand einer Prognose für die Zukunft) eingepreist. So wird allerdings nur der Marktpreis der CO2-Zertifikate abgebildet - nicht die tatsächlichen Kosten des CO2-Ausstoßes für Umwelt und Menschen - etwa durch Klima-, Umwelt- oder Gesundheitsschäden.

Diese Kosten versuchte das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) zu beziffern. Das FÖS setzt sich laut Selbstbeschreibung dafür ein, dass "Preise nicht nur die ökonomische, sondern auch die ökologische Wahrheit sagen" und wird unter anderem vom Bundeswirtschaftsministerium und dem Umweltbundesamt gefördert. Es rechnete diese Kosten zu den Stromgestehungskosten für 2021 hinzu. Das Ergebnis: Betrachtet man auch die Folgekosten, dann ist die Kilowattstunde Strom aus einem Kraftwerk, das auf fossilen Brennstoffen basiert, im Vergleich zu einer Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Quellen sogar noch teurer, als wenn man nur die reinen Herstellungskosten anschaut.

Neben den externen Folgekosten rechnet das FÖS auch noch "staatliche Förderungen mit Budgetwirkung" ein. Die Höhe solcher staatlichen Förderungen, wie Steuervergünstigungen bei der Energiesteuer oder Forschungsausgaben zur Technologieentwicklung, geht aus dem Schaubild unten hervor:

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Externe Folgekosten und staatliche Förderungen haben Einfluss auf den Strompreis.

Netzausbaukosten: Wie oben geschildert, erfordert die Energiewende auch weitreichende Anpassungen des Stromnetzes. Die Übertragungsnetzbetreiber - also die Unternehmen, die die Infrastruktur der überregionalen Stromnetze betreiben - geben die möglichen Kosten dieses Ausbaus im Netzentwicklungsplan (NEP) 2037 mit Ausblick auf 2045 erstmalig an: Sie gehen von Zusatz-Investitionen bis 2037 in Höhe von rund 210 Milliarden Euro aus, bis 2045 sollen noch einmal weitere 40 Milliarden Euro hinzukommen.

Der NEP bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Stromübertragungsnetze, also die Stromtrassen, die den Strom über große Entfernungen transportieren. Zusätzlich müssen auch die regionalen Verteilnetze ausgebaut werden, die den Strom bis zur Firma, zum Haus oder in die Wohnung bringen. Mit der Frage, ob das Stromnetz der Zukunft ein zentrales oder ein dezentrales sein sollte und welche Kosten mit beiden Modellen verbunden wären, beschäftigt sich dieser #Faktenfuchs.

Wie wird sich der Strompreis in Zukunft entwickeln?

Klar ist also: Betrachtet man nur die reinen Herstellungskosten, dann ist Strom aus erneuerbaren Energien wie Photovoltaik und Windkraft schon heute deutlich günstiger als Strom aus fossilen Energieträgern. Betrachtet man auch staatliche Subventionen und externe Folgekosten, dann schneidet der Strom aus Erneuerbaren sogar noch besser ab, weil herkömmliche Energieträger mehr Folgekosten verursachen. Betrachtet man aber auch die Kosten, die künftig hinzukommen werden, um den Strom aus Erneuerbaren zu speichern und das Stromnetz umzubauen, lässt sich diese Frage nicht mehr ganz so eindeutig beantworten: Zu viele Faktoren sind noch unbekannt.

Dass der Preisvorteil von Strom aus erneuerbaren Quellen heute nicht immer bei den Endkunden ankommt, hat übrigens damit zu tun, wie der Strommarkt funktioniert. Hier setzt nämlich immer das teuerste Kraftwerk den Preis. Mehr dazu lesen Sie in diesem Kasten:

Timo Kern, Leiter Energiesysteme und Märkte bei der Forschungsstelle für Energiewirtschaft, geht davon aus, dass der Bedarf für Speicherlösungen den Kostenvorteil der Erneuerbaren in einem Stromnetz der Zukunft womöglich etwas schmälern wird. Er vermutet dennoch, dass der Strompreis tendenziell mit einem höheren Anteil Erneuerbarer in Zukunft günstiger werden wird. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der Think Tank EPICO Klimainnovation in einer Studie aus dem Jahr 2021. Geschäftsführer Bernd Weber fasst die Prognosen im Gespräch mit dem #Faktenfuchs so zusammen: Insgesamt würden die Preise am Strommarkt aufgrund des großen Anteils der erneuerbaren Energien sinken. Es werde aber auch Phasen geben, wo nicht genügend Erneuerbare zur Verfügung stehen. In diesen Momenten würden die Preise dann rasant hochgehen - weil der Preis am Strommarkt immer vom teuersten Kraftwerk gesetzt wird. Wenn das zum Beispiel Wasserstoffkraftwerke oder andere Speicher-Technologien sind, könnten die Preise in diesen Stunden deutlich höher sein: "Das heißt, wir bekommen einen Strommarkt, in dem alles volatiler wird."

Fazit:

Strom aus erneuerbaren Energiequellen ist in der Erzeugung heute schon günstiger als Strom aus fossilen Brennstoffen. Insofern ist die Aussage auf dem Plakat der Grünen richtig. Hinzu kommt, dass jede Stromart auch verdeckte Folgekosten enthält - etwa für Gesundheits-, Klima- und Umweltschäden - die nicht vom Erzeuger bezahlt werden. Rechnet man diese zu den eigentlichen Herstellungskosten hinzu, schneiden die Erneuerbaren im Vergleich zu Strom aus fossilen Brennstoffen noch besser ab.

Richtig ist aber auch, dass die Erneuerbaren den Strombedarf in Deutschland heute noch nicht alleine decken können. Eine umfassende Antwort müsste also auch die Kosten beinhalten, die die Verbraucher in Zukunft für die Speicherung von erneuerbarem Strom zahlen und die Kosten für den Netzumbau, der aufgrund der Energiewenden nötig wird. Diese Kosten lassen sich heute noch nicht seriös beziffern. Experten gehen aber davon aus, dass die Stromkosten für Verbraucher mit einem steigenden Anteil Strom aus Erneuerbaren auf lange Sicht eher sinken werden - der Strompreis zugleich aber auch dynamischer und volatiler wird als derzeit.

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