Atomkraftwerk in Grafenrheinfeld.
Bildrechte: BR/Markus Konvalin

Die Kühltürme des KKW in Grafenrheinfeld. Der Rückbau des Reaktors läuft seit 2018. Im Spätsommer 2024 sollen auch die Kühltürme fallen.

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KKW Grafenrheinfeld: Plan für Sprengung der Kühltürme steht

Jahrzehnte gehörten sie zum gewohnten Bild in der Gegend rund um Schweinfurt. Im Spätsommer 2024 werden die Kühltürme des Kernkraftwerks in Grafenrheinfeld von der Bildfläche verschwinden. Ein genauer Termin wird erst kurzfristig bekannt gegeben.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Sie ragen weit in das Landschaftsbild bei Grafenrheinfeld hinein, sind bereits von den Autobahnen rund um Schweinfurt von weitem deutlich erkennbar: die beiden jeweils 143 Meter hohen Kühltürme des Kernkraftwerks (KKW) in Grafenrheinfeld. Bereits seit 2015 steigt kein Dampf mehr aus den Türmen. Im August oder September 2024 sollen sie laut Kraftwerksbetreiber PreussenElektra nun gesprengt werden. Einen konkreten Sprengtermin will PreussenElektra zu keinem Zeitpunkt nennen. Ursprünglich war die Sprengung bereits für Juli 2024 geplant.

Laut Kraftwerksleiter Bernd Kaiser müssen noch Unterlagen für Genehmigungen für die Sprengung eingereicht werden. Der tatsächliche Termin hänge grundsätzlich vom Wetter ab. Man müsse die genaue Wetterlage kennen und diese müsse über einen gewissen Zeitraum stabil sein.

Erst dann könne ein genauer Sprengtermin festgelegt werden: "Warum wir jetzt nicht einen fixen Termin nennen, liegt einfach daran: Wir wollen kein Event betreiben, sondern wir wollen unser Projekt voranbringen. Das ist unsere Hauptaufgabe und nicht Zuschauer einladen und daraus eine große Feier machen", so Kaiser. Voraussichtlich solle die Bevölkerung über das Landratsamt Schweinfurt ein bis zwei Tage vor der Sprengung den konkreten Termin erfahren, so Kaiser.

Sprengung mit einem leisen Knall

Einen Tag vor dem Sprengtermin soll das Areal in einem Umkreis zwischen 300 und 500 Metern abgesperrt werden. Die nächsten Wohngebäude liegen über den Main im Bergrheinfelder Ortsteil Garstadt. Das Dorf ist rund 800 Meter entfernt. Der Sprengungsknall soll so leise sein, dass er in Garstadt schon nicht mehr zu hören sein soll.

PreussenElektra muss gewährleisten, dass der Kontrollbereich des KKW und die beiden Zwischenlager durch Erschütterungen nicht beschädigt werden. Spezielle Schutzmaßnahmen dafür plant PreussenElektra nicht. Die Lüftungsschächte für alle Gebäude sollen jedoch – um einen Staubeintritt zu verhindern – zum Zeitpunkt der Sprengung verschlossen werden.

Damit sich Erschütterungswellen im Boden nicht summieren, sollen die beiden Kühltürme in einem Abstand von rund 15 Sekunden gesprengt werden. Es wird erwartet, dass der Staub binnen zehn Minuten verfliegt. Er soll maximal wie Saharastaub oder Pollenflugstaub bemerkbar werden.

Platz wird für Abbauteile gebraucht

Die beiden Kühltürme sollen aus zwei Gründen gesprengt werden. Einmal, weil damit der Fortgang des Rückbaus sichtbar gemacht werden soll. Zum anderen braucht PreussenElektra den Grund eines Kühlturms, um darauf Bauteile lagern zu können, die bereits abgebaut sind. Der nach der Sprengung anfallende Schutt aus Beton und Stahl wird weniger sein, als man zunächst annehmen mag. Die beiden Kühltürme haben an der Basis einen Durchmesser von 104 Metern und an der Spitze von 64 Metern. Dagegen wirkt die Kühlturm-Wandstärke mit rund zehn Zentimetern vergleichsweise dünn.

Vorbereitungen für Sprengung laufen bereits

Die Sprengung soll von einer Fachfirma durchgeführt werden. Laut PreussenElektra gibt es bundesweit bereits 50 erfolgreiche Kühlturmsprengungen. Die rund 1.200 Tonnen schweren Einbauten in den Kühltürmen sind bereits demontiert. Bis nächstes Jahr soll die Demontage des rund 380 Tonnen schweren Reaktordruckbehälters dauern.

Seit Beginn des Rückbaus 2018 sind laut PreussenElektra aktuell rund 13.200 von insgesamt rund 20.500 Komponenten stillgelegt worden. Rund 4.400 Tonnen von insgesamt 27.000 Tonnen sind bislang "zurückgebaut". "Wir sind nach wie vor im Plan", sagte Kraftwerksleiter Bernd Kaiser. Im Juni waren noch 175 Leute im abgeschalteten Kernkraftwerk beschäftigt. In der aktiven Zeit lag die maximale Mitarbeiterzahl bei 310. Bis Ende 2033 soll der nukleare Rückbau abgeschlossen sein. Bis 2035 sollen dann alle konventionellen Bauten des KKW Grafenrheinfeld verschwunden sein.

Zwischenlager bleibt trotz Protesten

Das Atommüllzwischenlager für hochradioaktive Abfälle wird noch länger am Standort bleiben. Es hat eine Betriebsgenehmigung bis 2046. Weltweit gibt es jedoch noch kein Atommüll-Endlager. Das heißt: Es ist damit zu rechnen, dass die hochradioaktiven Abfälle auch über 2046 hinaus am Standort bleiben. Die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle werden bereits am Standort in einer gut 100 Meter langen sogenannten Bereitstellungshalle gelagert. Darin wird auch Müll aus dem ehemaligen KKW Würgassen in Nordrhein-Westfalen gebracht.

Laut Genehmigung dürfen bis zu 20 Prozent Material von anderen ehemaligen PreussenElektra KKW bis zu zehn Jahre lang im Atommüll-Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle am ehemaligen KKW Grafenrheinfeld eingelagert werden. Dagegen gab es bislang Protest von Atomkraftgegnern, von Naturschützern und von Lokalpolitikern.

Kernkraftwerk nach 33 Jahren abgeschaltet

Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld wurde am 27. Juni 2015 kurz vor Mitternacht nach 33 Betriebsjahren endgültig abgeschaltet. Das Kernkraftwerk hatte insgesamt rund 333 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. Das entspricht laut dem Betreiber PreussenElektra rechnerisch einer Strommenge, mit der ganz Bayern vier Jahre lang mit Strom hätte versorgt werden können.

Seit Beginn des Rückbaus im Jahr 2018 wurden über 13.000 der insgesamt 20.500 Komponenten des Kernkraftwerks stillgesetzt. 4.400 Tonnen von insgesamt 27.000 Tonnen Materials wurden bisher rückgebaut. Aktuell hat die Zerlegung und Verpackung des Reaktordruckbehälters begonnen.

Nach der Abschaltung wurden die zuletzt genutzten Brennelemente in das Nasslager zum Abkühlen gebracht. 2020 sind die letzten Brennelemente in Castoren verpackt und ins Atommüllzwischenlager neben dem KKW gebracht worden. Hier lagern nun 54 Castorbehälter. Die Gesamtkosten für den Rückbau werden auf rund 1,2 Milliarden Euro geschätzt.

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