Hubert Aiwanger zu Gast bei Markus Lanz.
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Aiwanger bei Lanz: "Einer der wackersten Kämpfer für Demokratie"

In der Talksendung "Markus Lanz" hat Hubert Aiwanger deutschlandweite Aufmerksamkeit – auch wegen seines Auftritts in Erding. Zeitgleich muss Markus Söder bei Maischberger Fragen zu Aiwanger parieren. Eine TV-Kritik.

Selten gibt es für Markus Lanz so viele Steilvorlagen für die Anmoderation eines Gastes wie bei Hubert Aiwanger, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten in Bayern. Der, wie Lanz aufzählt, Grüne auch "Grasfresser" nenne, Städter "Großstadt-Sofasitzer", und den ein bekannter SZ-Autor als "Rache des Stammtisches am Zeitgeist" betitelte. Wer im Rest der Republik noch nie von diesem Aiwanger gehört haben mag, den hielt womöglich schon dieser Einstieg auf besagtem Sofa – gespannt, was denn das für ein spezieller Vertreter Bayerns sein soll.

Lanz auf der Pirsch nach einem neuen explosiven Spruch

Es ist nicht gerade Alltag, dass es ein bayerischer Wirtschaftsminister in eine bundesweite Talkshow schafft, und warum er hier ist, ist von Anfang an offensichtlich. Es geht vor allem um den umstrittenen Satz, der auf der Anti-Heizungsgesetz-Demo in Erding aus seinem Mund kam: dass sich die schweigende Mehrheit die Demokratie zurückholen müsse. Eine sonderbare Äußerung, findet Lanz, schließlich sei Aiwanger Teil eben jener Demokratie. Das nochmal betont, begibt sich der Moderator von nun an auf die Pirsch nach einem ähnlich Aufsehen erregenden Satz, der Aiwanger gleich aus dem Mund gleiten könnte.

Aiwanger: Ampel laufe Syrern mit dem Pass hinterher

Das Talk-Gespräch entwickelt sich von den Protesten in Frankreich in Richtung Integrationsprobleme in Deutschland, hin zu "diesen Syrern", wie es Aiwanger ausdrückt, "die 2015 unter Merkel damals gekommen sind". Von denen knapp die Hälfte acht Jahre später noch nicht in den Arbeitsmarkt integriert sei und Bürgergeld beziehe, wie Aiwanger bemängelt, und denen die Ampel "zu schnell mit dem Pass hinterherläuft". "Diese Syrer", denen die Ampel mit dem Pass hinterherlaufe – das sind die zwei ersten Formulierungen, die Moderator Lanz Aiwanger nicht durchgehen lassen will und mit der Talkrunde ausdiskutiert, ob das noch ein adäquater Tonfall sei. "Wollen wir die Dinge beim Namen nennen oder Wording-Debatten führen", beschwert sich Aiwanger – irritiert, worin jetzt genau sein sprachliches Vergehen liegen soll. Wohingegen Talkgast Florian Flade, Journalist, der Ansicht ist, dass es natürlich nicht egal sei, welche Worte man wähle, und findet, dass "da was verrutscht".

Lanz: "Sie haben so einen komischen Verfolgungswahn"

Aiwanger ist von nun an in Habachtstellung, fürchtet, dass Lanz ihm die Worte im Mund herumdreht. "Mit der Masche kriegen Sie mich nicht, dass Sie mir jetzt sagen, ich hätte was gegen Ausländer", versucht Aiwanger einen dieser vermeintlichen Versuche abzuwehren. "Sie haben so einen komischen Verfolgungswahn", mokiert sich Lanz und versucht ihn zu beruhigen: "Vor mir müssen Sie keine Angst haben." Angst hat Aiwanger nicht, gegen Journalisten und "die Medien" habe er aber schon gewisse Vorbehalte, führt er später aus: War da doch eine bayerische Zeitung, die Aiwanger wegen seines traditionellen Familienbilds gepiesackt haben soll, und BR24, für die laut Aiwanger unverständlicherweise schon in der Früh "jeden Tag Weltuntergang ist".

Lanz auf der Suche nach Aiwangers Demokratieverständnis

Was Aiwangers Definition von Demokratie sei, will Lanz dann noch wissen. "Demokratie ist, Politik im Sinne der Bevölkerung zu machen, von der Bevölkerung legitimiert", sagt der. Politik müsse sich regelmäßig rückkoppeln mit der Bevölkerung und nicht, einmal gewählt, vier Jahre einfach durchziehen, erklärt Aiwanger. Tue das eine Regierung nicht, dann sei das für ihn nur noch eine "formale" Demokratie – was ihm einen entsetzten Blick von Lanz beschert, der in dieser Aussage doch noch etwas Demokratiefeindliches wittert. Also Nachfrage – worauf Aiwanger entgegnet, natürlich sei Deutschland von der Staatsform her noch eine Demokratie, aber die Vorgehensweise der Ampel beim Heizungsgesetz sei undemokratisch, führe auf Dauer zu Frust in der Bevölkerung.

Hubert Aiwanger
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Aiwanger bei Lanz: "Einer der wackersten Kämpfer für Demokratie"

Söder muss bei Maischberger Fragen zu Aiwanger parieren

Natürlich darf das nochmalige Hineinhören in die Rede Aiwangers auf der Anti-Heizungsgesetz-Demo in Erding nicht fehlen, wo Aiwangers "Demokratie-Zurückholen"-Zitat fiel. Das gleiche widerfährt Markus Söder, am selben Abend zu Gast bei Sandra Maischberger. Auch er muss sich in der Sendung Szenen von Aiwangers Demo-Auftritt erneut anschauen. "Was haben Sie gedacht, als Sie das gehört haben?", fragt ihn Maischberger anschließend. "Ein sehr kritischer Satz, der entspricht auch nicht meiner Haltung", antwortet Söder. "Die Freien Wähler haben uns das dann auch so kommuniziert, dass dieser Satz in der Form nicht wiederholt wird, weil er ja suggeriert, dass wir nicht mehr in einer Demokratie leben." Er gehe jetzt aber davon aus, dass das Thema erledigt sei. Wie erledigt das Thema ist, offenbart allerdings Aiwangers zeitgleiche Einladung bei Markus Lanz.

Aiwanger: "Bin einer der wackersten Kämpfer für Demokratie"

Während Söder bei Maischberger noch dazu gebracht wird, zu versichern, dass er sich nicht nur von Würstchen ernährt, sondern erst gestern Salat gegessen habe, und Fragen zu einem angeblichen grünen Luftballon-Verbot parieren muss, beteuert Aiwanger bei Lanz abschließend, dass er ja ganz Ehrbares im Sinne habe, nämlich, dass es seine Aufgabe sei, "die Leute abzuholen, damit sie nicht AfD wählen". Und verkündet überzeugt: "Ich glaube, dass ich einer der wackersten Kämpfer für die Demokratie bin." Lanz, der sich bis zum Ende für den politischen Stil und Wortwahl Hubert Aiwangers nicht zu erwärmen können schien, gesteht am Ende jedoch ein: "Ich wusste, es wird ein großer Spaß mit Ihnen."

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