ARCHIV - 18.10.2023, Sachsen-Anhalt, Querfurt: Die Windräder in einem Windpark ragen aus dem Morgennebel hervor. Kommunen sollen unbürokratischer am Ausbau von erneuerbaren Energien beteiligt werden. (Luftaufnahme mit Drohne) (zu dpa: «Kommunen sollen am Ausbau von Erneuerbaren beteiligt werden») Foto: Jan Woitas/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Windrad über Nebel

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Hessen und Bayern planen gemeinsamen Windpark bei Alzenau

In Alzenau, an der bayerisch-hessischen Grenze, laufen die Planungen für einen neuen Windpark. Vier Anlagen sollen auf bayerischer und vier auf hessischer Seite liegen. Bürgerinnen und Bürger sollen direkt profitieren.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

In Alzenau hat die Stadt am Mittwochabend die Bürger über einen geplanten Windpark informiert – den ersten seiner Art im Landkreis Aschaffenburg. Rund 500 Interessierte versammelten sich am Abend in die Kahltalhalle im Alzenauer Stadtteil Michelbach. Die Diskussionen liefen trotz kritischer Stimmen sachlich ab. Nach einer Einführung gewährten umfangreiche Infotafeln Einblicke in das Projekt. Auch Windparkgegner präsentierten sich an zwei Ständen.

Auf einer Fläche von 200 Hektar an der Landesgrenze sind insgesamt acht Windräder geplant – vier auf bayerischer und vier auf hessischer Seite. Das Waldgebiet liegt im Nordwesten des Spessarts und wird auf bayerischer Seite "Sülzert", auf hessischer Seite "Sölzert" genannt. Die neuen Windräder sollen knapp 170 Meter hoch werden.

Bürgermeister: Wer direkt profitiert, ändert Sicht auf Belastungen

Die Bürgermeister betonen am Abend gegenüber BR24, wie wichtig es sei, bei Vorhaben dieser Art die Bürger mit ins Boot zu holen. Das Projekt bringe kommunale Wertschöpfung, Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit in die Region. "Und Geld!", sagt Albrecht Eitz (SPD), Bürgermeister der hessischen Gemeinde Freigericht. "Wenn ich sehe, dass Geld in meine Kasse kommt, wenn es sich dreht, dann glaube ich, dass sich die Sicht auf die Belastungsfaktoren verändern wird!"

Alzenau: Windräder könnten 30 Prozent des Strombedarfs decken

Die acht Windräder würden Berechnungen zufolge den jährlichen Strombedarf von rund 71.400 Zwei-Personen-Haushalten decken. Die vier Anlagen auf bayerischer Seite könnten alleine rund 30 Prozent des Gesamtstrombedarfs der Privathaushalte und der Industriebetriebe in Alzenau abdecken.

60 Prozent der künftigen Windparkbetreibergesellschaft sollen in der Region bleiben – bei den beiden Kommunen und den Bürgern. Alzenau und Freigericht sollen jeweils 12,5 Prozent und die lokale Energieversorgung zehn Prozent halten. 25 Prozent der Anteile sind für die Bürgerbeteiligung vorgesehen. Die Firmen Lintas/Land und Forst werden 40 Prozent halten.

Finanzielle Bedenken und Landschaftsschutz

Doch gerade im Finanziellen sieht Helmut Thalheimer von der Energiewende Albstadt ein Risiko. "Was, wenn doch kein Wind weht oder nicht genug? Die Bürger haften mit ihrem Geld!" Außerdem sei Albstadt gerade mal 1.000 Meter von den Anlagen entfernt. Er steht – wie auch die Initiative "Gegenwind" aus Freigericht – dem Windpark skeptisch gegenüber. Von einer Verschandelung der Landschaft, von Lärmbelästigung und Wertverlust der Häuser war am Abend die Rede.

"Wir wollen das Projekt auf ganz solide konservative Beine stellen", betont Frank Heuser von der Land und Forst GmbH, der gemeinsam mit Lintas Green Energy das Projekt zur Genehmigungsreife treibt und späterer Mitbetreiber sein wird. "Wir werden zwölf Monate lang den Wind messen, um genau kalkulieren zu können, wie hoch die späteren Erträge sein werden, um das Risiko zu minimieren. Wenn wir von ca. 80 Millionen Euro Gesamtkosten ausgehen, die wir uns von einer Bank leihen müssen, dann werden die Kommunen, die Bürger und wir – Lintas/Land und Forst – etwa zehn Millionen an Eigenkapital auf den Tisch legen müssen."

Baubeginn im Spessart im Jahr 2027 möglich

Lange Zeit war Windkraft im Naturpark Spessart gar nicht möglich, betont Alzenaus Bürgermeister Stephan Noll (CSU): "Dann kam aber die Bundesgesetzgebung mit dem 'Wind-an-Land-Gesetz', was ja dann auch in das Zonierungsgesetz in Bayern mit eingeflossen ist." Das habe den Weg für die Planungen frei gemacht.

Doch bis zum Bau der Windräder ist es noch ein langer Weg, die Beteiligten hoffen auf das Jahr 2027. Zunächst werde ein Jahr lang der Wind gemessen. Auch Untersuchungen zu Brutgebieten, Schall und Bodenbeschaffenheiten müssten zunächst abgeschlossen werden. Alzenaus Bürgermeister Noll weist auf die Fortschreibung des Regionalplans hin, wo auch die Vorrangflächen für Windkraft eingezeichnet werden. Hier hätten die Bürger erneut die Möglichkeit, sich bei der Ausweisung der Vorranggebiete einzubringen und ihre Bedenken zu äußern.

Projekt für die Zukunft

Aus Sicht der beiden Bürgermeister markiert der geplante Windpark einen bedeutsamen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und regionaler Zusammenarbeit für Alzenau und Freigericht. "Durch die Nutzung erneuerbarer Energiequellen werden Alzenau und Freigericht nicht nur ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern, sondern auch einen maßgeblichen Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten", betonen sie. Dieses Projekt werde dazu beitragen, dass beide Gemeinden ihre CO2-Emissionen erheblich reduzieren und einen nachhaltigen Weg in die Zukunft einschlagen.

Bildrechte: BR/Katrin Küx
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Infoveranstaltung zu erstem Windpark im Landkreis Aschaffenburg – auch Gegner der Pläne sind gekommen.

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