Schüler mit ihren Tablets im Unterricht
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Gymnasiallehrer wollen mehr Heft und Stift, weniger Tablet

Widerstand gegen die Pläne der Staatsregierung: In einer Umfrage des Bayerischen Philologenverbands sprechen sich 89 Prozent der Lehrkräfte gegen zu viel Digitalisierung aus. Bayern müsse aus den schlechten Erfahrungen anderer Länder lernen.

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Es brauche "Stift, Buch und Schreiben statt Tippen und Wischen, mehr Blicke in die Augen anderer statt in rechteckige Bildschirme", sagt Michael Schwägerl, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbands (bpv). Sein Fazit nach der Umfrage unter 3.500 Lehrerinnen und Lehrern fällt eindeutig aus: Tablets sollten erst ab der achten Klasse flächendeckend eingeführt werden und nicht bereits in der Unterstufe, wie es das Bayerische Kultusministerium plant. Bis 2028 soll jeder Schüler ab der fünften Klasse ein digitales Endgerät bekommen. "Der Weg einer allumfassenden Digitalisierung kommt für uns nicht infrage", sagt Schwägerl und fordert "die Pädagogik vor die Technik zu setzen."

Hohe Ablenkung durch Tablets

"Als Spiegel, als Zeichentool oder als digitales Kaufhaus" verwendeten die Schüler ihrer 9. Klasse die Tablets oft, so Prisca Hagel, Englisch- und Italienischlehrerin am Holbein-Gymnasium Augsburg. Das ziehe viel Energie vom Unterricht ab. Hagel ist überzeugt: "Nicht alle Schüler sind in der Lage, die zahlreichen Unterhaltungsmöglichkeiten, die das Tablet bietet, zu trennen von der eigentlichen Funktion als unterstützendes Unterrichtsmittel." Ihre Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen der Umfrage. Für die Mittelstufe, achte bis elfte Klasse, schätzen 83 % der befragten Lehrkräfte die Ablenkung als "stark" oder "sehr stark" ein und damit stärker als für die Unterstufe (74 %).

Angesichts dessen sei "die Frage nach der pädagogischen Sinnhaftigkeit vor dem Einsatz besonders sorgfältig zu prüfen, verbunden mit klaren Regeln", sagt Schwägerl. Für die Unterstufe fordert der bpv-Vorsitzende "digitale Endgeräte nur sehr behutsam und punktuell" einzusetzen.

Kehrtwende in anderen Ländern

"Keine Rolle rückwärts, aber aus den Fehlern anderer Länder lernen", fordert der Philologenverband. So sind zuletzt beispielsweise Schweden und Dänemark bei der Digitalisierung an Schulen deutlich zurückgerudert. Dänemarks Bildungsminister Mattias Tesfaye entschuldigte sich sogar jüngst dafür, Schülerinnen und Schüler zu "Versuchskaninchen in einem digitalen Experiment" gemacht zu haben.

So weit darf es laut bpv-Präsident Schwägerl in Bayern gar nicht erst kommen. Das Klassenzimmer sei "kein Digitallabor und kein zu erschließender Markt für Unternehmen." Er warb aber auch dafür, dass es "mutige Konzepte und das neugierige Ausprobieren mit Modellschulen" brauche. Aber es sei "eine ganz andere Hausnummer, wenn man für fast 1,7 Millionen Schüler in Bayern mit Millionenaufwand einen Rahmen gestaltet und diese damit in eine Richtung setzt."

216 Millionen Euro für Tablets in den kommenden zwei Jahren

Kultusministerin Anna Stolz von den Freien Wählern verteidigt die Pläne der Staatsregierung. Die Schulen hätten schon jetzt die Freiheit, selbst zu entscheiden, ab wann sie Tablets im Unterricht verwenden. Wer zu dem Ergebnis komme, die Geräte erst ab der Mittelstufe einzusetzen, der könne das tun.

Allerdings seien die Erfahrungen schon jetzt sehr gut, auch in der Mittelstufe. Wer auf Medienkompetenz setze, müsse auch digital arbeiten. Aus ihrer Sicht sei es sinnlos, nur darüber zu sprechen, ohne den Kindern auch die Praxis zu erschließen.

Im Video: Tablets an Schulen – Lehrer warnen vor zu frühem Einsatz

Eine Schülerin mit Tablet und Buch
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Eine Schülerin mit Tablet und Buch

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