Mann an der Isar
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Grüne fordern mehr Tempo beim Wasserschutz in Bayern

Der Klimawandel macht sich mit Hitzeperioden und Starkregen bemerkbar. Die Folgen: Hochwasser und Sturzfluten - auf der anderen Seite wird das Trinkwasser knapper. Die Staatsregierung hat deswegen zum Runden Tisch geladen, die Grünen machen Druck.

Ludwig Hartmann zeichnet ein düsteres Bild. "Das bayerische Grundwasser ist in einem schlechten Zustand", sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag. Dann folgen einige Zahlen, festgehalten auf einem Papier für die Presse: 20 Prozent des Grundwassers sind mit Nitrat und Pestiziden besonders belastet. 47 Prozent der oberflächennahen Messstellen weisen sehr niedrige Grundwasserwerte aus. 69 Prozent der tiefen Messstellen zeigen Niedrigwasser an.

In Deutschland wird das Wasser weniger

Seit Jahren geht in Deutschland Wasser verloren: wegen des Klimawandels, der Trockenperioden und Hitze bringt, wegen der Versiegelung von Böden, weil Industrie, Landwirtschaft und Privathaushalte viel Wasser verbrauchen.

In den vergangenen 20 Jahren hat Deutschland ungefähr die Wassermenge des Bodensees verloren. Und die Daten, die im Auftrag der NASA und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt im vergangenen Jahr veröffentlicht wurden, zeigen auch: In Bayern geht mehr Wasser verloren als in anderen Regionen Deutschlands. Wobei der Norden Bayerns stärker betroffen ist als der Süden. Der Siedlungswasserwissenschaftler Jörg Drewes von der TU München sagt: Noch sei das Wasser nicht knapp, aber es werde weniger.

Grüne schlagen Bayerisches Wassersicherungsgesetz vor

Die Grünen mahnen deswegen, jetzt zu handeln. Konkret schlagen sie ein Bayerisches Wassersicherungsgesetz vor – mit drei wesentlichen Stellschrauben. Die Natur soll wieder mehr Wasser speichern können, der Verbrauch soll reduziert und die Verschmutzung des Wasser gesenkt werden.

Konkret fordern die Grünen, dass der Freistaat ein Vorkaufsrecht bekommt, wenn landwirtschaftlich genutzte Moore und Auen verkauft werden. So sollen sie schneller renaturiert werden können. Es soll keine neuen Schneekanonen mehr geben. Firmen, die Wasser entnehmen, sollen eine Abgabe – den "Wassercent" - zahlen. Bis 2030 sollen zwölf Prozent der bayerischen Landesfläche Wasserschutzgebiete sein.

Expertenkommission hat schon vor zwei Jahren Vorschläge gemacht

Neu sind weder die Herausforderungen noch die Vorschläge. 2021 hat eine Expertenkommission rund um Siedlungswasserwirtschaftler Jörg Drewes einen Bericht erstellt, wie es um die Wasserversorgung in Bayern steht und wie das Wasser geschützt werden kann. Ihre Empfehlungen waren unter anderem:

  • Die bayerische Landschaft müsste wieder mehr Wasser speichern können, zum Beispiel indem Moore wieder vernässt, Auen renaturiert oder Böden nachhaltiger bewirtschaftet werden.
  • Wasser müsste überregional verteilt werden können und dafür die Verteilungs- und Speicherinfrastruktur optimiert werden.
  • Wasserschutzgebiete müssten ausgeweitet und besser kontrolliert werden.
  • Ein "Wassercent" könnte den Wasserverbrauch besser steuern.

Sieben Seiten füllen die Wissenschaftler mit ihren Empfehlungen. Im Oktober 2021 nimmt die Staatsregierung den Bericht an. 2022 verabschiedet sie eine umfassende Wasserschutzstrategie: "Wasserzukunft Bayern 2050". Siedlungswasserwirtschaftler Drewes sagt: “Das ist schon einmal gut, aber die Maßnahmen müssten auch beschleunigt angegangen werden.” Und das fordern auch die Grünen.

Die Baustellen beim Thema Wasserschutz

Vor allem um drei Maßnahmen dreht sich die Debatte in Bayern immer wieder.

Zum einen ist das die Frage, wieviel Wasser entnommen wird. Zwar müssen Landratsämter und kreisfreie Städte genehmigen, wenn Wasser über den "Gemeingebrauch" hinaus entnommen wird. Die Entnahmen müssen auch gemeldet werden. Trotzdem haben nicht alle Behörden immer einen Überblick, ob auch nur so viel Wasser entnommen wird wie genehmigt. Das haben kürzlich Recherchen des Bayerischen Rundfunks und der Main-Post gezeigt. Das bayerische Umweltministerium hat nun angekündigt, ein digitales Wasserbuch und einen digitalen Wasserzähler einzurichten.

Die zweite Maßnahme wäre eine Ausweitung der Wasserschutzgebiete. In ihnen gelten besonders strenge Regeln, zum Beispiel für die Landwirtschaft, damit das Wasser nicht verschmutzt wird. Fünf Prozent der Landesfläche sind derzeit ein solches Schutzgebiet – in anderen Bundesländern ist diese Fläche deutlich höher. Rund 400 Gebiete werden derzeit geprüft - zum Teil schon seit Jahren. Die bayerische Staatsregierung prüft nun, wie Verfahren schneller werden könnten. Im BR-Interview betont Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) aber auch: Es gehe nicht um die Größe der Gebiete, sondern die Frage, wie streng die Regeln darin seien. Da sieht er Bayern vorne.

Zuletzt wird immer wieder über den Wassercent diskutiert. 13 Bundesländer haben ihn bereits eingeführt, Bayern hat ihn für das kommende Jahr angekündigt. Unklar ist aber noch, wie er genau gestaltet sein soll.

Wasser wird zum Wahlkampfthema

Dass die Grünen ihre Vorschläge heute vorstellen, ist kein Zufall. In der vergangenen Woche hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu einem Runden Tisch geladen, um über Wasserschutz zu diskutieren. Heute reagieren die Grünen darauf. Fraktionschef Hartmann sagt: "Wir wollen die Landtagswahl zur Abstimmung über Energie- und Wassersicherheit machen."

Hintergrund: Mit Wassercent und Wasserspange gegen Wassermangel

Eine Wasserspange soll die Talsperre Frauenau mit dem Bodensee verbinden.
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Der Wassercent soll nächstes Jahr kommen. Und Bodenseewasser soll bis in den Bayerischen Wald geleitet werden. Aber löst das die Probleme?

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