Die Mannschaften des TSV Sackenbach beim Training, vorne eine schwarze Trauerschleife.
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Die Mannschaften des TSV Sackenbach beim Training, vorne eine schwarze Trauerschleife.

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Getöteter Junge in Lohr: Angehörige bewältigen Trauer mit Sport

Vor fast zwei Wochen ist im unterfränkischen Lohr ein 14-Jähriger erschossen wurde. Die Anteilnahme in der Region ist riesig. Halt findet die Familie auch im Fußballverein. Ob als Ablenkung oder die Gemeinschaft – der Sport hilft den Trauernden.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Halb sieben, Trainingsbeginn beim TSV Sackenbach. Der Sportplatz liegt am Waldrand, oberhalb von Lohr am Main. "Schön, dass so viele da sind. Heute sind ein paar neue Jungs dabei", sagt Trainer Pasquale Sacra. Unter den Neulingen: Antonio. Mit seinen 17 Jahren ist er hier einer der jüngsten. In Sackenbach trainiert er jetzt zum ersten Mal. Er möchte nichts gefragt werden. Er möchte einfach trainieren. Vielleicht sucht er Ablenkung – denn vor knapp zwei Wochen wurde sein kleiner Bruder erschossen.

Gemeinschaft hilft den Trauernden

"Ich denke, jeder trauert anders. Aber sicher hilft die Gemeinschaft, die man hier erlebt", sagt Mike Cantarella, sportlicher Leiter beim TSV Sackenbach. Er kennt die Familie von Antonio gut: Vater Toni und Bruder Mario spielen seit Jahren im Verein, kamen immer zuverlässig zum Training. Bis vor zwei Wochen, erzählt Cantarella: "Das war merkwürdig. Wir wussten, da muss irgendwas passiert sein."

Bruder wird auf Schulgelände erschossen

Eine Gewalttat, kurz vor Ende der Sommerferien. An dem Freitag vor knapp zwei Wochen hatten sich Jugendliche auf dem Gelände ihrer Schule in Lohr am Main getroffen. Dann soll ein 14-Jähriger einen Gleichaltrigen erschossen haben. Der mutmaßliche Täter sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft – der erschossene Schüler war Antonios Bruder.

"Beim Fußball kann man abschalten"

Kurzfristig sagt der Vereinsvorstand alle Spiele am Folgetag ab, organisiert stattdessen eine Gedenkstunde am Tatort. 250 Leute kamen, sagt Cantarella. Auch beim Training heute Abend sind gut 30 Leute da. Die Stimmung ist trotz des Trauerfalls gut. "Beim Fußball kann man abschalten und zwei Stunden an sonst nichts denken", sagt Ethem Kaya. Er war schon mit Mario im Kindergarten, kennt die Familie des getöteten Schülers gut. "Fußball schafft Gemeinschaft. Hier hat jedes Dorf einen eigenen Verein. Das gibt einen starken Zusammenhalt", betont auch Patrick Wawok.

Trainer ist Onkel des Getöteten

Sport tut gut. Als Ablenkung, zum Auspowern, in Gemeinschaft. Einer, der sich da noch nicht ganz sicher ist, ist Pasquale Sacra, der Onkel des erschossenen 14-Jährigen. "Ich bin mit gemischten Gefühlen hier. Ich wollte eigentlich eine Auszeit nehmen. Das ist alles für mich noch surreal. Ich denke aber, dass der Sport ablenken kann. Und dass ich durch das Gemeinschaftsgefühl auch Halt finde."

Für ihn ist es das erste Training nach dem Tod seines Neffen. Am Sonntag organisierte der Fußballverein ein Benefizspiel. Die Erlöse gingen an die Familie des 14-Jährigen. Warum der Junge erschossen wurde, ist noch nicht bekannt. Die Polizei ermittelt noch zu den Hintergründen der Tat.

Fußballmannschaft aus Lohr am Rhein.
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