Die Adventszeit und Weihnachten seien eine besonders schwierige Zeit für Familien, zu denen ein Kind gehört, das "lebenslimitierend" erkrankt ist, sagt Ursula Diezel vom Hospizverein Erlangen. Die Familie und das Kind selbst wissen nicht, ob es das letzte gemeinsame Weihnachtsfest sein wird. Manchmal ist es auch das erste Fest ohne das geliebte Kind. "Deshalb sind Gedenkgottesdienste und Dezembertreffen von Trauergruppen oder auch der "Worldwide Candle Lighting Day" hilfreich und wichtig", betont Diezel.
Ein Kerzenlicht reist um die Welt
Jeden zweiten Sonntag im Dezember, dem "Worldwide Candle Lighting Day" (WWCLD) zünden Menschen auf der ganzen Welt um 19 Uhr eine Kerze an und stellen sie in ihr Fenster. Diese Geste gilt als Zeichen der Verbundenheit zwischen verwaisten Eltern und Familien, die ein Kind verloren haben. Wer kein Kind verloren hat, zündet die Kerze aus Solidarität mit den trauernden Familien an. Wegen der Zeitverschiebung umkreist der Kerzenschein die Erdkugel wie eine Welle. Die Kerze soll symbolisieren, dass das verstorbene Kind weiter in den Herzen der Menschen leuchtet.
Fürther Christkind zündet Kerze an
Der WWCLD ist für die meisten Menschen eine ruhige, intime Geste. In Fürth wird das "Weltweite Kerzenleuchten" am Abend des 11. Dezember 2022 von 18 bis 20 Uhr in der Kirche "Zu Unserer Lieben Frau" gemeinsam zelebriert. Das "Hospiz- und PalliativVersorgungsNetzwerk Region Fürth" hat dieses gemeinsame Gedenken organisiert. Ab 19 Uhr wird das Fürther Christkind das Licht entzünden und es an trauernde Eltern, Geschwister, Großeltern und Freunde weitergeben. Ausdrücklich soll in diesem Rahmen nicht nur verstorbener Kinder gedacht werden, sondern auch derer, die durch Gewalt, Verwahrlosung und Krieg traumatisiert sind.
Kinder brauchen Alltag und Normalität
In Bayern seien es rund 600 Kinder und Jugendliche, die pro Jahr an einer lebenslimitierenden Krankheit sterben, sagt Ursula Diezel. Dem gehe oft ein sehr langer Krankheitsweg voraus. Im Idealfall lebt das Kind weiter in seiner Familie. Diezel koordiniert die ambulante Hospizbetreuung dieser Kinder und Familien in Ober- und Mittelfranken von Erlangen aus. Denn: Alltag, Normalität und wie jedes andere Kind in die Schule gehen zu dürfen sei für die betroffenen Kinder sehr wichtig. Eine Mischung aus Hospizbegleitung und ambulanter palliativmedizinischer Betreuung, wo es vornehmlich um die Linderung von Symptomen geht, soll es laut Ursula Diezel dem Kind ermöglichen, "ein gewohntes Umfeld mit Familienangehörigen und Freunden haben zu können und zuletzt auch zu Hause im Kreise dieser vertrauten Menschen sterben zu dürfen."
Kinderhospizbegleiterinnen und -begleiter bringen Zeit mit
Das Herzstück der Kinderhospizarbeit sind die sogenannten Kinderhospizbegleiterinnen und -begleiter: Es sind Hospizbegleiterinnen mit Zusatzausbildung. Diese Ehrenamtlichen gehen in die Familien und machen dort, was gerade wichtig ist. "Das kann sein: mit dem Geschwisterkind spielen, mit den Eltern reden, am Bett des erkrankten Kindes sitzen - vor allem aber Zeit zu haben." In jeder Region Bayerns gebe es diese Begleiterinnen und Begleiter, verspricht Ursula Diezel. Ihr ist es besonders wichtig, dass dieses Hilfsangebot bekannter wird. Erste Anlaufstelle sei immer der örtliche Hospizverein. Dort bekommen betroffene Familien auch Informationen zu einem Aufenthalt im Kinderhospiz.
Kinderhospiz Bamberg öffnet im April
In Bayern gibt es aktuell ein Kinderhospiz im Allgäu, ein zweites in Oberfranken, in Bamberg, soll im April 2023 eröffnet werden. Für Ursula Diezel ist dieses Hospiz mit Platz für zwölf Familien ein weiteres wichtiges Puzzleteil in der Kinderhospizversorgung in Franken. Ein Kinderhospiz sei anders als eines für Erwachsene und vor allem mehr als ein Gebäude, betont Diezel: "Während in Hospizen für Erwachsene eine letzte Station erreicht wird, kommen Kinder mit ihren Familien meistens nicht zum Sterben ins Hospiz." Stattdessen könnten hier die Eltern einmal durchschnaufen, es gibt Gruppen für Geschwisterkinder und pflegerische Betreuung und Beschäftigung für das erkrankte Kind.
Personalmangel Thema in Kinderhospizarbeit
Kinder- und Jugendhospizarbeit hat auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) als wichtiges Thema auf der Agenda. Er sagt: "Ich bin stolz darauf, dass wir mittlerweile stationär und ambulant umfassende Strukturen in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen haben, die unheilbar und lebensverkürzend erkrankt sind." Ursula Diezel stimmt dieser Aussage grundsätzlich zu. Betont aber, dass Kinder- und Jugendhospizarbeit ein Prozess und nicht irgendwann fertig sei. Auch Personalmangel sei ein Thema. Aber: "In Mittel- und Oberfranken sind wir bei den Kinderhospizbegleitern gut aufgestellt."
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