Polizisten steigen am Fundort der Leiche von Sophia Lösche, nahe der Autobahn bei Asparrena, über eine Absperrung. In Nordspanien wurde am eine Frauenleiche gefunden.
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Polizisten am Fundort der Leiche von Sophia Lösche, nahe der Autobahn bei Asparrena, in Nordspanien. Es war der 21. Juni 2018. (Archivbild)

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Fünf Jahre nach dem Mord an Sophia: Polizei hat dazugelernt

Vor fünf Jahren sorgte der Mord an der Amberger Studentin Sophia Lösche für internationales Aufsehen. Die 28-Jährige wurde beim Trampen von Leipzig in die Oberpfalz von einem Lastwagenfahrer getötet. Die Polizei hat inzwischen Fehler eingeräumt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Plakate, ein Blog im Internet, Facebook-Aufrufe, unzählige Medieninterviews: Die private Suchaktion von Freunden und Familie von Sophia Lösche war beispiellos und dehnte sich im Juni 2018 schnell international aus. Sie schienen der Polizei immer einen Schritt voraus zu sein, hatten den marokkanischen Lastwagenfahrer bereits ausfindig gemacht, dann auch seinen Aufenthaltsort. Zeitgleich waren die bayerische und sächsische Polizei noch beschäftigt, die Zuständigkeiten untereinander zu regeln. Das wirft zumindest die Familie der Polizei vor. Die Kommunikation zwischen den Bundesländern sei eine Katastrophe gewesen, sagt Andras Lösche, der Bruder der Getöteten heute. Außerdem habe jegliche Empathie gegenüber den Angehörigen gefehlt.

Bayerische Polizei räumte schon bald Fehler ein

2019 räumt die bayerische Polizei Fehler in dem Fall ein. In einer länderübergreifenden Expertenkommission mit Sachsen wurden die Ereignisse aufgearbeitet. Ergebnis daraus ist ein neues Rahmenkonzept bei Vermisstenfällen, das bereits seit Juni 2021 in Kraft ist. Vor allem bei Vermisstenfällen mit Bezug zum Ausland sind die Zuständigkeiten nun geregelt, teilt ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums mit. Außerdem werden Abstimmungen schriftlich dokumentiert und es gelte ein Vier-Augen-Prinzip bei Entscheidungen in Vermisstenfällen.

Zum neuen Konzept gehören auch Verbesserungen in der Anzeigenaufnahme, der Bewertung der Fälle und der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Betreuung der Angehörigen. Diese neuen Vorgaben schlagen sich auch in der Aus- und Weiterbildung der Polizisten nieder. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) habe sein Wort gehalten, sagt Andreas Lösche, der Bruder der Getöteten.

Von der sächsischen Polizei gebe es aber bislang keinerlei Aktivitäten in Richtung einer Aufarbeitung oder einem Zugeständnis von Fehlern, so Lösche. Das neue Rahmenkonzept kam bereits 2021 zum Einsatz, als die achtjährige Julia im niederbayerisch-tschechischen Grenzgebiet verschwand und wenige Tage später wohlauf gefunden wurde.

Lkw-Fahrer erschlägt Sophia Lösche auf Rastplatz

Am 14. Juni 2018 will die damals 28-jährige Sophia Lösche von ihrem Wohn- und Studienort Leipzig nach Amberg trampen, um ihre Eltern zu besuchen. In Amberg aber kommt sie nie an. Einen Tag später meldet der Vater seine Tochter als vermisst. Familie und Freunde starten eine Suchaktion mit Plakaten, Internetaufrufen und privaten Recherchen. Laut Landgericht Bayreuth war Sophia zu dem Zeitpunkt bereits tot. Ein Lastwagenfahrer, zu dem sie auf dem Rasthof Schkeuditz einstieg, erschlug die 28-Jährige noch am 14. Juni auf dem Rastplatz Sperbes an der A9 in Oberfranken.

Festnahme und Leichenfund in Spanien

Anschließend fährt er mit der Leiche im Lastwagen durch Frankreich bis nach Spanien, wo er sie einige Tage später hinter einer Tankstelle ablegt und anzündet. Die Polizei nimmt den Lastwagenfahrer fest, kurz bevor er auf eine Fähre nach Marokko steigt. So zeichnet das Landgericht Bayreuth den Fall nach.

Anfeindungen von links - Instrumentalisierung von rechts

Bereits während der Suchaktion wurden Freunde und Familie Zielscheibe von Hasskommentaren und Morddrohungen. Sie seien selbst Schuld am Tod Sophias, weil sie sich für Geflüchtete einsetzen würden, so die Vorwürfe aus dem rechten Spektrum. Zudem instrumentalisierten Rechtsradikale und die AfD den Mord an Sophia Lösche für ihre Propaganda. Bei einem Marsch durch Chemnitz trugen sie ein großes Plakat der Amberger Studentin mit. Die Familie klagte dagegen und bekam Recht

Täter wegen Mordes zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt

Am 18. September 2019 wird der damals 42-jährige Täter vom Landgericht Bayreuth wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein Sexualdelikt konnte dem Fernfahrer nicht nachgewiesen werden.

Zur Erinnerung an Sophia Lösche gründen Familie und Freunde 2019 den Verein "Phia e.V.", der sich um Öffentlichkeitsarbeit rund um das Thema "Gewalt an Frauen" kümmert. Auch das Maxim Theater Zürich nahm den Fall im Stück "Töchter Europas" auf, das in Zürich und Bamberg aufgeführt wurde. Darin geht es um Gewalt an Frauen und wie diese vom rechten Spektrum instrumentalisiert wird.

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