Ein Riesenrad dreht sich im Hintergrund, davor Wimpelgirlanden, Jahrmarktsbuden, Lichter: Volksfestkulisse
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Frühlingsfest Nürnberg.

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Nach Corona: Warum wir Feste brauchen und wo wir feiern

Dichtgedrängt im Bierzelt oder Maßkrug schwingend am Maibaum: Endlich kann man wieder gemeinsam feiern, auf Frühlingsfesten oder Maifeiern. Und im Herbst gibt es auch wieder eine Wiesn in München. Warum wir Feste brauchen und wo wir feiern.

Nürnberg, Augsburg, München, Rosenheim, Landshut, Passau, Traunstein – Bayern feiert seine traditionellen Volksfeste im Frühling – aber mit Auflagen. Beim Münchner Frühlingsfest gibt es beispielsweise ein eigenes Lüftungskonzept in den Bierzelten: Eingangstüren, Dachluken, Seitenausgänge, alles steht sperrangelweit offen. Doch die Besucherinnen und Besucher merken es gar nicht. Beseelt genossen rund 100.000 Gäste in der ersten Woche das erste Münchner Frühlingsfest nach der Pandemie, am 30.4. findet auch wieder traditionell der große BRK-Flohmarkt statt. Das war in anderen Jahren der größte Flohmarkt in Bayern. Jetzt werden die Tische endlich wieder aufgestellt, die Schätze ausgepackt. Verkauft wird aber unter Auflagen. So mussten sich Händler online anmelden und dürfen erst am Veranstaltungstag, also am Samstagmorgen aufbauen. Spontan kommen und verkaufen ist nicht möglich.

Feiern mit einem breiten Grinsen im Gesicht

"Ich lauf über die Theresienwiese und strahle wie ein dreijähriges Kind an Weihnachten und grinse wie Garfield“. Yvonne Heckl vom Verein Münchner Schausteller ist mehr als zufrieden mit dem Auftakt des Münchner Frühlingsfest. Ein Frühlingserwachen für Marktkaufleute, Schausteller und Gäste sind diese Feste. Die Menschen feierten dieses Mal ganz anders, meint Yvonne Heckl. Viel Herzlichkeit sei ihnen anzumerken und die Erleichterung nach zwei Jahren ohne Volksfeste sei allen anzumerken. Ob das Frühlingsfest 2022 wirtschaftlich an das Jahr 2019 anknüpfen kann, ist fraglich: Gestiegener Mindestlohn, höhere Lebensmittelpreise und die gestiegen Energiekosten schlagen vom Kettenkarussell bis zur Fischsemmel zu Buche. Diese Saison würden die Schausteller “die Preise familienfreundlich anheben,” heißt es beim Verband der Schausteller. Der Gewinn sei dadurch geringer als noch vor Corona.

"Feiern ist wie Fahrradfahren – das verlernt man nicht"

"Feiern ist wie Fahrradfahren – das verlernt man nicht", sagt Markus Schroer, Soziologieprofessor an der Universität Marburg. Er erforscht, warum Feiern im Menschsein so tief verwurzelt ist. Feiern ist ein menschliches Bedürfnis. "Wir haben einen gewissen Bedarf auch aus dem Alltäglichen auszubrechen, wenn man so will, aus dem belasteten Alltag – und nach dieser langen Durststrecke haben die Menschen sichtlich Nachholbedarf", so der Soziologe. Dennoch stellen sich manche auch die Frage, darf man Feiern angesichts der Kriegsereignisse und der Opfer, die die Pandemie weltweit gefordert hat? Allerdings gab es über die Jahrhunderte hinweg immer Gegenden und Zeiten, in denen irgendwo gekämpft und gestorben worden ist. Und trotzdem haben die Menschen gefeiert, stellt Schroer klar.

Digitale Feiern sind kein Ersatz

Zwar waren während der Pandemie vom Online-Dinner mit Freunden aus ganz Europa oder Streaming von DJs in Clubs sowas wie digitale Placebo-Feste möglich, doch der Mensch brauche das Körperliche, sagt Markus Schroer, "die Begegnung und am letzten Endes auch die Berührung mit dem anderen." Und auch ein Gesicht ohne Maske gehört dazu – "schau mir in die Augen, Kleines …!"

Zwei Jahre Feiern nachholen

Gerade die Jugendlichen haben in den letzten zwei Jahren viel verpasst. Party machen gehöre zur Entwicklung dazu, so Soziologe Schroer. Das sei eine wichtige Zeit, das werde jetzt sicher nachgeholt. Fragt man beispielsweise einen Burschenverein in Oberbayern so hört man Vorfreude auf jedes Fest, auf das Maibaumaufstellen am Sonntag bis zum nächsten Volksfest.

Junge Männer haben sich um einen Maibaum gruppiert, der gerade weiß angestrichen wurde und in einigen  Tagen aufgestellt wird.
Bildrechte: BR/Gronde Tanja
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Vorfreude auf die Maifeier in Fürmossen.

Feiern sei ein Ventil, den Alltag zu vergessen, sagt einer und ein anderen meint, er habe schon Nachholbedarf. Allerdings gibt es auch Feierfreudige, die noch ein mulmiges Gefühl haben, wenn sie in vollbesetzten Zelten sitzen. Feiern wie früher müssen die Menschen wieder üben. Gelegenheiten dafür gibt es genug in nächster Zeit.

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