Ein Zug fährt auf einer eingleisigen Bahnstrecke.
Bildrechte: Stadtwerke Neu-Ulm.

Vorbild für die Staudenbahn ist der Weißenhorner, ein Regionalzug, der in der Nähe von Neu-Ulm fährt.

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Es geht voran: Staudenbahn bei Augsburg mit neuem Betreiber

Die Gleise liegen noch auf der Bahnlinie von Augsburg durch die Stauden in Richtung Markt Wald, doch bis auf Ausflugsfahren tut sich seit Jahren nichts mehr auf der Strecke. Jetzt aber soll die Bahn reaktiviert werden – mit einem neuen Betreiber.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin, dass eines Tages wieder der Zugverkehr auf den Gleisen der Staudenbahn rollt: Am Montagnachmittag geben der Landkreis Augsburg und die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm in Fischach die Unterzeichnung einer Reihe von Vereinbarungen bekannt, unter anderem der Kooperationsvereinbarung zwischen Landkreis und Stadtwerken. Die Gemeinde liegt an der Strecke der Staudenbahn.

Während laut Landkreis die offizielle Aufnahme der Staudenbahn in das Förderprogramm des Bundes noch auf sich warten lässt, wollen Landrat Martin Sailer und die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) die Reaktivierung der Strecke "ein wesentliches Stück näher rücken" lassen: "Mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Kooperationsvereinbarung könnten die SWU nun in die Entwurfsplanung zur Wiederinbetriebnahme des Abschnitts von Gessertshausen bis Langenneufnach starten und ab September den Streckenbetrieb bis Markt Wald übernehmen", so Ralf Gummersbach von den SWU.

So soll die Staudenbahn finanziert werden

Die nötigen Investitionen in die Strecke belaufen sich nach Angaben der Stadtwerke auf 37 Millionen Euro. Bereits enthalten sind darin die Kosten der Elektrifizierung der Strecke. Die Finanzierung soll im Wesentlichen aus Mitteln des Bundes fließen. Nähere Details, unter anderem zur geplanten Finanzierung, sollen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz im Fischacher Rathaus bekannt gegeben werden.

Die Staudenbahn ging vor über 100 Jahren an den Start und verband die Staudengemeinden von Ettringen und Markt Wald über Langenneufnach, Fischach und Gessertshausen mit der Stadt Augsburg. Weil sie durch die als "Stauden" bekannte Landschaft führt, wurde sie Staudenbahn genannt. Vor 30 Jahren wurde jedoch der Personenverkehr der Strecke eingestellt. Ab dann verkehrten nur noch Ausflugszüge und Güterwaggons. Oder die Strecke diente als illustre Filmkulisse. Im Jahr 2000 gründete sich aus einer Bürgerinitiative heraus zudem die Bahnbetriebsgesellschaft Stauden (BBG Stauden), um die Strecke zu erhalten.

Warum die Stadtwerke Neu-Ulm die Strecke betreiben

Für Herbert Teichmann von der BBG ist es daher ein trauriger und zugleich ein schöner Schritt. Teichmann hat den Glauben an die Reaktivierung nie aufgegeben. Der Bahnexperte hat jahrelang dafür gekämpft, und ohne ihn wäre die Strecke wohl längst aufgegeben worden, so meint auch Ralf Gummersbach von den Stadtwerken Ulm-/Neu-Ulm (SWU). Doch jetzt übernehmen die Stadtwerke das Steuer: Ab dem 1. September soll die Genehmigung für den Streckenbetrieb von der BBG Stauden an die SWU übergehen. "Wir sind dann Streckenbetreiber und können die Planfestfeststellung vorantreiben und erste Fördermittel beantragen", so Gummersbach.

Bis Ende des nächsten Jahres sollen Entwurf- und Genehmigungsplanung fertig sein. 2027 könnte dann der erste Zug starten. Eine Potenzialuntersuchung geht von einem mittleren Aufkommen von 1.329 Personen-km/Strecken-km aus und damit werden deutlich mehr erzielt als die Vorgabe von 1.000 Personen-km/Strecken-km des Freistaates. Vorerst soll die Strecke von Gessertshausen bis Langenneufnach überplant werden. "Die Staudenbahn ist ein Riesenzugewinn für die Region", meint Gummersbach. Er hat für die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm bereits die Strecke von Senden/Weißenhorn nach Ulm reaktiviert.

Ein Vergleichsprojekt, das funktioniert

Die Bahn "Der Weißenhorner" fährt seit nun fast zehn Jahren und gilt als Erfolgsprojekt. Knapp 1.600 Fahrgäste wurden im Jahr 2019 pro Tag befördert. 20 Zugpaare verkehren im Stundentakt. Demnächst soll in den Hauptverkehrszeiten sogar alle halbe Stunde ein Zug fahren. "Die Staudenbahn wird ein ähnlicher Erfolg werden", davon ist Gummersbach überzeugt.

Die bisherigen Zahlen sprechen dafür, meinen zumindest die Befürworter der Bahn, wie etwa der Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU). Die Reaktivierung betrifft die Strecke von Gessertshausen über Fischach bis Langenneufnach, rund 13 Kilometer Zugstrecke. Dafür wurden eine Nachfrageprognose und eine Kostennutzenrechnung durchgeführt. Ziel der Untersuchung war, das Fahrgastaufkommen zu berechnen. Die Verkehrsnachfrage-Prognose ergab, dass 700 Personen pro Werktag neu für den ÖPNV gewonnen werden, der größten Fahrgastgewinn werde in Richtung Augsburg erzielt.

Mehr Schienen-ÖPNV für den ländlichen Raum

Die ländliche Region brauche ein Zusatzangebot auf der Schiene, darin sind sich die Kommunalpolitiker vor Ort parteiübergreifend einig. Der Zugverkehr werde bislang nur unzureichend gefördert, die Bundesstraßen B300 und B17 im Großraum Augsburg seien völlig überlastet, so Max Deisenhofer, Landtagsmitglied der Grünen, zu BR24. Durch den Ausbau der Uniklinik werde weiterer Zuzug im Westen erfolgen, prognostizieren Experten. Daher soll die Staudenbahn nach dem Willen der Planer auch schnellstmöglich elektrifiziert werden – und bestenfalls auch eine Anbindung an die Allgäuer Netze im Süden mitgeplant werden. "Das wäre eine hochattraktive Variante", bestätigt Fabian Mehring, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler, bereits bei der ersten Vorstellung der Pläne. Grundsätzlich gehe es ihm bei der Reaktivierung der Staudenbahn um Strukturförderung, Regionalpolitik und Nachhaltigkeit.

Probleme und Potenziale

Unklar ist freilich noch, welche Auflagen, etwa durch den Natur- und Landschaftsschutz, auf die Planer zukommen. Und nach jahrelangem Hin und Her hätten viele schon die Hoffnung aufgegeben, dass die Staudenbahn wieder ins Rollen kommt: "Die Leute in den Stauden wollen schon fast gar nicht mehr dran glauben", so Werner Ziegelmeier, Technischer Geschäftsführer bei den Stadtwerken. Problematisch sei derzeit, so Ziegelmeier, dass auch in den Planungsbüros Personalmangel herrsche und vieles länger dauere. Er glaube aber fest daran, dass viele Menschen zwischen Langenneufnach und Gessertshausen auf den Zug umsteigen würden. Außerdem sei nicht nur eine Anbindung in Richtung Augsburg möglich, sondern auch Richtung Unterallgäu.

Die Liste der potenziellen Fahrgäste sei lang, meinen die Planer der Reaktivierung. Die Bahn könne Schüler aus den Stauden ins Gymnasium nach Diedorf oder weiter nach Augsburg bringen oder Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplatz. Große Unternehmen wie etwa die Aretsrieder Müller-Milch, die Weinhandlung Hauser in Fischach oder der Sitzmöbelhersteller Topstar in Langenneufnach zählen zu den großen Unternehmen in den Stauden.

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