Dieter Reiter (SPD) am "Sonntags-Stammtisch"
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Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter will künftigen Generationen nicht noch mehr Atommüll aufbürden.

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Dieter Reiter: Söders Forderung nach AKW-Verlängerung "dreist"

Münchens Oberbürgermeister Reiter hat sich gegen eine Zukunft der Atomkraft in Deutschland ausgesprochen. Eine Verlängerung in bayerischer Eigenregie, wie Ministerpräsident Söder sie forderte, sei unverantwortlich, vor allem wegen der Atommüllfrage.

Über dieses Thema berichtet: Der Sonntags-Stammtisch am .

Mit Wehmut blickt Dieter Reiter auf keinen Fall darauf zurück, dass jetzt die letzten Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gegangen sind und die Ära des Atomstroms hierzulande endet. Am "Sonntags-Stammtisch" sagte der Münchner SPD-Oberbürgermeister: "Ich kann doch nicht Strahlen produzieren, Abfall produzieren und sagen: 'Das ist aber eine tolle Technologie, das machen wir jetzt einmal'."

Endlagerfrage ungelöst

Die seit Jahrzehnten ungelöste Frage nach der Endlagerung von Atommüll sei ein Riesenproblem für zigtausende kommende Generationen. "Wir haben schon so viel Altlasten meinen Kindern und Enkeln hinterlassen, da mag ich nicht noch freiwillig mehr hinzufügen", so der SPD-Politiker. Die bayerische Landeshauptstadt ist zu 25 Prozent am Atomkraftwerk Isar 2 beteiligt. Diesen Anteil habe man in der Vergangenheit wiederholt verkaufen wollen, es habe aber niemand kaufen wollen, sagte Reiter im BR Fernsehen.

Münchens Oberbürgermeister am "Sonntags-Stammtisch" im BR Fernsehen.
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Dieter Reiter spricht sich gegen eine AKW-Verlängerung aus.

Der Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), Atomkraftwerke wie Isar 2 gegebenenfalls in Landesverantwortung weiter betreiben zu wollen, erteilte der SPD-Politiker eine klare Absage: "Ich finde es schon einigermaßen dreist, wenn man als Führungspersonal sagt: 'Wir wollen das jetzt fortsetzen', gleichzeitig aber sagt: 'In meinem schönen Land darf es kein Endlager geben'."

Reiter wirft Söder Opportunismus vor

Zuvor hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder der "Bild am Sonntag" gesagt: "Bayern fordert vom Bund eine eigene Länderzuständigkeit für den Weiterbetrieb der Kernkraft." Solange die Energiekrise nicht beendet und der Übergang zu erneuerbaren Energien nicht gelungen seien, müsse man bis zum Ende des Jahrzehnts jede Form von Energie nutzen. Gleichzeitig hat sich der CSU-Vorsitzende in der Vergangenheit wiederholt gegen ein Endlager für Atommüll in Bayern ausgesprochen.

Zudem hatte Söder 2011 als bayerischer Umweltminister noch mit seinem Rücktritt gedroht, sollte die damalige Koalition aus CSU und FDP im Freistaat nicht beim deutschen Atomausstieg mitziehen, nachdem es in Fukushima zum schweren Reaktorunglück gekommen war.

Münchens Oberbürgermeister am "Sonntags-Stammtisch".
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Dieter Reiter (SPD) wirft Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Opportunismus vor.

"Politik sollte irgendwann einmal das tun, was sie sagt", forderte Dieter Reiter von Markus Söder. Für die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch wäre es insgesamt ein "Irrwitz, wenn jetzt die Länder zuständig wären für den Atommüll oder für das Betreiben von Kernkraftwerken". Sie sieht die Zuständigkeit hier ganz klar beim Bund.

Energiewende mit oder ohne Kernkraft?

Anders als Deutschland setzen viele Länder, auch solche mit Regierungsbeteiligung grüner Parteien wie Finnland, auf Kernkraft. Die große Frage stelle sich erst in ein paar Jahren, sagte Ursula Münch am "Sonntags-Stammtisch", nämlich wie es nach dem Kohleaustieg weitergehe. Bis 2030 plant Deutschland aus der Kohleverstromung auszusteigen. Das sei ein wichtiger Schritt zur CO2-Neutralität, so Münch.

Befürworter der Kernkraft setzen auf die sogenannte Grundlastfähigkeit der Energiequelle – im Gegensatz zu erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind. Bei einer Dunkelflaute, wenn der Wind stillsteht und gleichzeitig die Sonne nicht scheint, könnte Kernkraft die Stromversorgung sichern. Die Alternative ist, für ausreichend Speicherkapazitäten zu sorgen und die Stromnetze insgesamt besser auszubauen.

Bayerns Ministerpräsident Söder hält weiter an der Kernkraft fest und will das bayerische AKW in Eigenregie weiterbetreiben - und zwar in Landesverantwortung.
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Bayerns Ministerpräsident Söder hält an der Kernkraft fest und will das bayerische AKW in Eigenregie weiterbetreiben - in Landesverantwortung.

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