Schweinehälften hängen im Kühlhaus des Schlachthofs Bamberg.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Daniel Vogl

Seit Monaten wird über die Zukunft des Bamberger Schlachthofs diskutiert. (Archivbild)

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Die Ernährung der Zukunft: Food Campus statt Schlachthof?

Die Zukunft des in die Kritik geratenen Bamberger Schlachthofs ist weiter offen. Nun liegen der Stadt Pläne vor, wonach Unternehmer aus der Region an dessen Stelle einen "Food Campus" bauen möchten. "Neue Lebensmittel" sollen dort entstehen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Die Zukunft des Bamberger Schlachthofs ist noch immer unsicher. Seit Monaten wird darüber diskutiert, ob die Fortführung dauerhaft wirtschaftlich sein kann. Alternativ berät die Stadt über andere Nutzungsmöglichkeiten des Areals. Neben der Möglichkeit, dort Wohnungen entstehen zu lassen, gibt es nun zwei Interessenten, die etwas ganz anderes vorschlagen.

Ziel: Transformation des Schlachthofs

Bei den Interessenten handelt es sich nach Angaben der Stadt um die Bamberger Unternehmen Denscheilmann und Wellein, sowie um die Firma Irodima. Erstere handelt mit Obst und Gemüse, die zweite ist eine Art Immobilien-Holding, wird aber von einem Mann geführt, der sich bereits im benachbarten Stegaurach mit dem Unternehmen Endori dem Ersatz von tierischem durch pflanzliches Eiweiß verschrieben hat.

Konkret äußert sich der Irodima-Geschäftsführer Friedrich Büse in einer Mitteilung über das Projekt mit den Worten: "Die Transformation des Schlachthofes zu einem Ort, an dem Unternehmen gemeinsam mit regionalen Erzeugern an der Zukunft gesunder Ernährung arbeiten, ist für uns ein zeitgemäßer Beitrag zur Lösung der allgegenwärtigen Problemstellungen bei Landwirtschaft, Gesundheit und Klimaschutz."

Food Campus: Attraktive Perspektiven für die Landwirtschaft

Entsprechend begeistert zeigen sich die Bamberger Grünen in einer ersten Reaktion von den Plänen. Schriftlich teilen sie mit: "Vertreter:innen von Grünes Bamberg statteten erst vor kurzer Zeit einem solchen Unternehmen der Lebensmittelindustrie mit Firmensitz in Stegaurach einen Besuch ab und waren beeindruckt von der Innovationsfreudigkeit und dem Entwicklungspotential." Und weiter: "Eine Niederlassung aus diesem Bereich mit dem Schwerpunkt Forschung in der sich stark wandelnden Lebensmittelbranche wird die Attraktivität unserer Stadt als zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort beachtlich steigern".

Nach Angaben der Stadt sehen die Pläne der beiden Unternehmen einen Food Campus mit Start-ups auf dem Gelände des Schlachthofs vor. Sie wollen am Standort demnach "neue Lebensmittel entwickeln, produzieren und vermarkten" und so auch "attraktive Perspektiven für die regionale Landwirtschaft und die Gärtnerstadt" Bamberg schaffen. Erste Gespräche seien nach Auskunft der Stadt bereits geführt worden. Genauere Informationen gibt es noch nicht. Die Stadt wolle die Pläne zunächst gründlich prüfen. Erst danach sollen Aufsichtsrat, Stadtrat und Öffentlichkeit informiert werden.

Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) zeigt sich aber erfreut über das Interesse der Unternehmensgruppe "aus der zukunftsträchtigen Lebensmittelbranche". Im Sommer soll im Stadtrat eine endgültige Entscheidung über die Zukunft des Schlachthofs fallen.

Sanierung des Bamberger Schlachthofes wird Millionen kosten

Der Bamberger Schlachthof ist ein städtisches Tochterunternehmen. Seit es in den vergangenen Jahren durch diverse Krisen in finanzielle Schieflage geraten war, wird über die Zukunft des Betriebs nördlich der Bamberger Innenstadt diskutiert. Vor allem durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie war der Schlachthof in finanzielle Schieflage geraten. Durch Preisverhandlungen mit den beiden Großkunden, Toennies und Vion, hatte man es zuletzt allerdings wieder geschafft, keinen Verlust zu erwirtschaften.

Das denkmalgeschützte Gebäude, zu dem 14 weitere gehören, ist ein 120 Jahre alter Bau, der dringend saniert werden muss, um ihn weiter betreiben zu können. Bambergs Wirtschaftsreferent Stefan Goller ließ Ende 2023 verlauten, dass mittelfristig rund vier Millionen Euro investiert werden müssten. Hinzu kämen offene Forderungen und Rückzahlungen, die zuletzt gestundet und mit etwa 3,7 Millionen Euro angegeben wurden. Bayerns Wirtschaftsminister, Hubert Aiwanger (FW), sagte bereits Fördermittel zu. Die Stadt verhandelt derzeit mit dem Landkreis Bamberg über eine Beteiligung am Schlachthof.

Denn: Der Bamberger Schlachthof spielt eine immer größere Rolle für den Fleischmarkt in ganz Nordbayern. In den Jahren 2021 und 2022 seien in Bamberg pro Monat 28.000 Schweine und 3.500 Rinder geschlachtet worden, heißt es aus dem Rathaus. Andernorts, beispielsweise in Aschaffenburg und Kronach, seien dagegen zuletzt Betriebe geschlossen worden. Kleinere Höfe mit geringeren Schlachtzahlen könnten immer weniger mithalten.

Bei Schließung längerer Transport von Tieren

Dazu kommt die Diskussion rund um das Tierwohl. Rund 90 Prozent der in Bamberg geschlachteten Schweine stammen aus etwa 5.000 Mastbetrieben und Erzeugern in einem Umkreis von 150 Kilometern rund um Bamberg. Sollte der Schlachthof geschlossen werden, müssten Schweine und Rinder über weitere Strecken zu anderen Schlachthöfen transportiert werden, zum Beispiel nach Kulmbach oder Erlangen, gab Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) bereits vor Monaten zu bedenken.

Und schließlich geht es auch um Arbeitsplätze. In der Schlachthof GmbH sind 160 Mitarbeiter angestellt, in weiteren sechs am Standort angesiedelten, fleischverarbeitenden Betrieben 340 Mitarbeiter.

Mit Informationen von dpa

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