In Unterfranken soll "callheinz" den vergünstigten Nahverkehr auch aufs Land bringen.
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So soll das Land vom 49-Euro-Ticket profitieren

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ÖPNV auf Abruf: Profitiert so das Land vom 49-Euro-Ticket?

Seit einem Monat gibt es das Deutschlandticket. Ein häufiger Kritikpunkt: Landbewohner haben wenig davon – weil es dort oft schlicht keinen ÖPNV gibt. In Unterfranken soll "callheinz" den 49-Euro-Nahverkehr auch aufs Land bringen. Eine erste Bilanz.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Was nützt das schönste 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr, wenn dort wo man lebt weder Bus noch Bahn überhaupt regelmäßig fahren? Es ist einer der bekannten Schwachpunkte des Deutschlandtickets, dass die Bevölkerung in den gut angebundenen Städten davon stark profitiert, während das Landvolk in die Röhre schaut. Auch in Bayern klagen viele über eine schlechte Anbindung an den ÖPNV.

Helfen sollen dagegen Projekte wie "callheinz" in den Landkreisen Schweinfurt und Kitzingen. Über eine kostenlose App oder eine ebenfalls kostenfreie Hotline können Bürgerinnen und Bürger im entsprechenden Gebiet Fahrten buchen und dann via Smartphone oder bar bezahlen. Die "callheinz"-Fahrzeuge sammeln nach der jeweiligen Buchung die Fahrgäste dann entweder an bestehenden ÖPNV-Haltestellen oder weiteren "callheinz"-Haltepunkten ein.

Von dort werden sie zu geeigneten Umsteigemöglichkeiten auf den regulären Linienverkehr wie Bus und Bahn gebracht oder direkt ans Ziel, wenn kein zeitlich passender Bus verkehrt. Die "callheinz"-Fahrzeuge können jeweils bis zu sechs Passagiere befördern. Eine Fahrt gibt es bei "callheinz" zu einem Sondertarif, der sich an den ÖPNV-Tarif anlehnt. So kostet beispielsweise eine 10 Kilometer lange Strecke 3,80 Euro. Alternativ gilt aber eben auch das Deutschlandticket.

Viele Deutschlandticket-Kunden

Seit dem Start am 2. Mai wird der Service laut den Machern sehr gut angenommen. Es gebe über 1.700 registrierte Nutzerinnen und Nutzer. Die Tendenz sei steigend. Rund 50 Fahrten würden am Tag gebucht, rund 60 Passagiere täglich befördert. Rund die Hälfte von ihnen zahlt über das Deutschlandticket, erklärt der Nahverkehrsbeauftrage von Stadt und Kreis Schweinfurt, Michael Graber.

Ein Fahrgast sagte BR24, dass er mit "callheinz" leichter nach Hause komme, auch wenn abends keine Busse mehr fahren. Eine Frau erklärte: "Mit "callheinz" lohnt sich auch mein Deutschlandticket und ich kann auch auf einen PKW verzichten, weil ich damit auf die Arbeit komme." Das sei vorher nicht möglich gewesen.

Bezahlbare Mobilität auf dem Land

Laut einer Pressemitteilung des Landratsamtes Schweinfurt ist die vielerorts unzureichende ÖPNV-Abdeckung in ländlichen Regionen "unbestritten". Zur Realität gehöre jedoch auch: Ein eng getakteter Linienverkehr, der alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von der Lage ihres Wohnorts erreicht, lasse sich weder wirtschaftlich noch personell darstellen.

"Trotzdem müssen wir es schaffen, auch den Menschen auf dem Land nachhaltige, bezahlbare Mobilität zu ermöglichen", so Florian Töpper, Landrat des Landkreises Schweinfurt. "Alles, was den ländlichen Raum attraktiver macht, hilft langfristig der gesamten Region", ergänzte Tamara Bischof, Landrätin aus dem benachbarten Landkreis Kitzingen. Die beiden Kommunen entwickelten zusammen mit der Nahverkehr Mainfranken GmbH den Mobilitätsservice "callheinz".

"callheinz" ist Kooperationsprojekt

Der Mobilitätsservice ist ein Kooperationsprojekt der beiden Landkreise Kitzingen und Schweinfurt. Er trägt sich aber nur zu einem geringen Teil über die Fahrtkosten. Die Landkreise Schweinfurt und Kitzingen finanzieren das Projekt mit. Den größten Teil übernimmt der Freistaat Bayern durch eine Förderung, die mindestens fünf Jahre laufen werde.

Laut Graber gibt es ähnliche Konzepte wie "callheinz" in anderen Regionen. Aber in Mainfranken ist dieser "ÖPNV auf Abruf" einzigartig. In Zukunft soll "callheinz" erweitert werden. So wollen beispielsweise die Landkreise Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen und Würzburg dazukommen.

Für Interessierte vor Ort:

Die "callheinz"-Fahrzeuge können über die entsprechende App oder Hotline gebucht werden. Sie verkehren montags bis freitags zwischen 5.00 und 23.00 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen zwischen 7.00 und 21.00 Uhr in folgenden Gebieten im Landkreis Schweinfurt: Gerolzhofen, Kolitzheim, Sulzheim, Grettstadt, Dingolshausen, Donnersdorf, Michelau im Steigerwald, Frankenwinheim, Lülsfeld, Oberschwarzach, jeweils mit allen Gemeindeteilen sowie den Gemeindeteilen Heidenfeld und Hirschfeld. Und im Landkreis Kitzingen: Volkach, Prichsenstadt, Wiesentheid, Geiselwind, Abtswind, Rüdenhausen, Gemeinde Castell, jeweils mit allen Stadt- beziehungsweise Ortsteilen.

Zwei Fahrzeuge verfügen auch über Rollstuhlrampen beziehungsweise Liftsysteme. Wichtig ist, dass die Fahrgäste Bedarfe wie zum Beispiel Rollatoren oder Kinderwagen bei der Buchung angeben, damit die "callheinz"-Fahrzeuge entsprechend disponiert werden könnten.

Kleinbus steht an einem "callheinz"-Haltepunkt in einer Ortschaft
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Kleinbus an einem "callheinz"-Haltepunkt

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