Beruflich umsatteln: Sinan Ülger hat seinen Industriejob aufgegeben und sitzt jetzt als Busfahrer hinter dem Steuer
Bildrechte: BR/Thomas Heer

Sinan Ülger hat seinen Industriejob aufgegeben und sitzt jetzt als Busfahrer hinter dem Steuer – ausgebildet in der Fahrschule des Unternehmens.

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Busfahrer gesucht: Busunternehmen gründet eigene Fahrschule

Um an neue Mitarbeiter zu gelangen, hat ein Busunternehmen aus Hafenlohr eine eigene Fahrschule gegründet und übernimmt dabei die Führerscheinkosten. Offenbar mit Erfolg: die ersten Neulinge sitzen bereits hinterm Lenkrad.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Fahrstunde im Linienbus. An Bord sind drei angehende Busfahrer, eine angehende Busfahrerin und Fahrlehrer Peter Jung. Am Steuer sitzt Sinan Ülger. Der 35-Jährige hat seinen Industriejob aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben und hofft nun auf einen beruflichen Neustart. Bislang saß er nur in Pkws auf dem Fahrersitz. "Wenn man sowas Großes noch nie gefahren hat, ist das schon ungewohnt", sagt Ülger. Auf jeden Fall mache es viel Spaß. Und es sei eine Herausforderung, vor der man großen Respekt haben sollte.

  • Zum Artikel: Gefahr für ÖPNV: In Bayern fehlen rund 2.000 Busfahrer

"Rambos" taugen nicht als Busfahrer

Da kann Fahrlehrer Peter Jung nur zustimmen. Deshalb brauche man als Busfahrer auch vor allem Ruhe und Gelassenheit. "Es geht eben in bestimmten Situationen einfach nicht schnell", sagt Jung, "irgendwas mit der Brechstange zu versuchen, das hat keinen Wert."

Die eigentliche Fahrtechnik sei nicht das Problem, meint der Fahrlehrer. Schon nach zwei, drei Fahrstunden hätten sich die meisten an die Ausmaße gewöhnt. "Es geht ja vor allem um das Hinterrad, dass das nicht übern Bordstein fährt, und wenn man einmal verstanden hat, dass man weit nach vorne fahren muss, bevor man lenkt, dann geht's eigentlich."

Gute Busfahrerinnen und Busfahrer sind rar

Wie schwierig es ist, geeignete Leute hinters Steuer zu bekommen, merkt man beim Busunternehmen Grasmann in Hafenlohr immer deutlicher. Denn rund ein Viertel der Belegschaft hat bereits die 60 Jahre überschritten. Einige sind sogar älter als 70, sagt Geschäftsführer Matthias Vornwald-Grasmann. Ohne die hauseigene Fahrschule wäre die Personalsuche deutlich schwieriger. Schließlich ist der Betrieb seit 65 Jahren ständig gewachsen, sagt Inhaberin Kathrin Grasmann, die Enkelin des Firmengründers.

Kosten für Bus-Führerschein werden gestellt

Und damit die Busse weiter rollen können, müsse man als Unternehmen heutzutage etwas bieten. Die eigene Fahrschule scheint der Schlüssel zum Erfolg zu sein. Dabei übernimmt die Firma Grasmann nicht nur die Führerscheinkosten in Höhe von 10.000 Euro pro Nase. Sie garantiert auch eine unbefristete Anstellung. Das zieht.

"Leider stehen die Leute heute nicht mehr an der Straße und rufen, hallo, ich will Busfahrer werden", sagt Matthias Vornwald-Grasmann. Das Image des Berufsstandes habe in jüngerer Zeit sehr gelitten. Denn auf dem Fahrersitz müsse man sich inzwischen ziemlich viel anhören. Die Leute hätten einfach keinen Respekt mehr! Auf dem Land gehe es aber noch deutlich ruhiger zu als in der Stadt, meint der Geschäftsführer.

Krisenfester Job für Gemütsmenschen

Ein schöner Beruf sei es deshalb nach wie vor. Wer ein Händchen für Menschen hat und sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt, könne am Steuer durchaus seine Berufung finden. Auf jeden Fall aber einen sicheren Arbeitsplatz. Denn die Bedeutung der öffentlichen Verkehrsmittel nimmt durch neue Angebote wie das Deutschlandticket eher zu.

Gerade deshalb legt sich Familie Grasmann für ihre mittelständische Firma ins Zeug. Nicht ohne Stolz verrät Kathrin Grasmann, dass die vierte Generation schon in den Startlöchern steht. Die älteste Tochter wird bereits in diesem Jahr ins Unternehmen einsteigen.

Fuhrpark von einem auf 34 Busse angewachsen

Begonnen habe es 1957 mit einem einzigen Linienbus. "Da saß der Opa am Steuer und fuhr einmal die Woche Linie von Rothenfels nach Frankfurt und zurück." Mittlerweile fahren 50 Leute für Grasmann, darunter sechs Frauen. Sie steuern im Wechsel 30 Linien- und 4 Reisebusse.

Bildrechte: BR Fernsehen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Auch der Theorie-Unterricht erfolgt in eigenen Räumen

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der neue BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!