30.05.2023: Ein Windrad steht auf einem Feld in Bayern. Bayerische Bürgermeister fordern nun den Ausbau erneuerbarer Energien im Freistaat.
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30.05.2023: Ein Windrad steht auf einem Feld in Bayern. Bayerische Bürgermeister fordern nun den Ausbau erneuerbarer Energien im Freistaat.

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Windkraftausbau: Bayerische Bürgermeister appellieren an Söder

"Zusammen erfolgreich erneuerbar": Mit diesem "Bürgermeisterappell" rufen die Initiatoren – darunter einige CSU-Politiker – zu einer kommunalen Energiewende auf. Adressat ist die Staatsregierung, die die Windkraft bisher nur schleppend ausgebaut hat.

Mehr Windräder in Bayern und zwar schnell – das fordert eine Initiative von derzeit 36 bayerischen Bürgermeistern im Freistaat. Der Bürgermeisterappell "Zusammen erfolgreich erneuerbar" fordert die bayerische Staatsregierung auf, "bayerische Gemeinden auf dem Weg zur Klimaneutralität kraftvoll zu unterstützen". Das Ziel sei, Bayern bis 2040 klimaneutral zu machen - und das ginge nur, wenn endlich erneuerbare Energien - besonders die Windkraft - ausgebaut würden, "um die kommunale Energiewende in Bayern voranzutreiben". Doch davon ist trotz einer Teillockerung der umstrittenen 10-H-Regel in Bayern im vergangenen Jahr bisher wenig zu spüren.

Der Status quo: Windkraft-Boom im Bund, Flaute im Süden

Im März hatte der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen ein Gesetz erlassen, das die Genehmigungsverfahren für neue Wind- und Solarenergieanlagen vereinfachen soll. Insbesondere können Umweltverträglichkeitsprüfungen entfallen, wenn neue Anlagen in Gebieten geplant sind, die bereits grundsätzlich für diesen Zweck ausgewiesen wurden.

Bundesweit stieg zudem schon in den ersten drei Monaten 2023 sowohl die Zahl gebauter als auch die genehmigter neuer Windräder. Der Bundesverband Windenergie kritisierte allerdings einen "de facto Ausfall" in Bayern und Baden-Württemberg: Vom bisherigen Zubau- und Genehmigungsvolumen im Jahr 2023 entfielen beim Zubau lediglich 7,8 Prozent sowie bei den Genehmigungen nur 4,5 Prozent auf die Südregion - für Bayern entspricht das zwei genehmigten Anlagen.

Vorbild Wildpoldsried: Neun Windräder, schon seit 20 Jahren

Zehn Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben den Appell initiiert. Eine von ihnen ist Renate Deniffel (CSU), die Bürgermeisterin der Gemeinde Wildpoldsried im Allgäu, einem selbsternannten Bio-Energiedorf. Seit bereits 20 Jahren hat die Gemeinde neun Windkraftanlagen, produziert ein Vielfaches des selbst benötigten Stromes selbst. "Was wir in Wildpoldsried können, das können die anderen auch", sagt sie.

Deniffel engagiert sich als Initiatorin des Bürgermeisterappells: "Jetzt müssen wir aktiv werden, spätestens seit dem Ukraine-Krieg und den steigenden Energiepreisen ist jedem klar, wie wichtig dieses Thema ist", erklärt sie. Und: "Bayern hat das Potential, es selbst zu tun", die Energiewende also selbst voranzutreiben und wie vorgesehen bis 2040 klimaneutral zu werden.

Seit Jahren einer der Hauptkritikpunkte ist die kürzlich abgeschwächte 10-H-Regel, die besagt, dass Windränder das Zehnfache ihrer Höhe als Abstand zu Wohngebäuden wahren müssen. "Mir wäre es lieber gewesen, die 10-H-Regel wäre nicht nur gelockert, sondern abgeschafft worden", sagt Deniffel.

Deniffel: Es braucht "Gestaltungswillen – und Mut"

Woran es sonst noch hakt? "Vor allem an den langwierigen Genehmigungsverfahren, die sind noch dazu wahnsinnig komplex", sagt die Bürgermeisterin. Es brauche "Vereinfachung, aber auch Gestaltungswillen – und Mut". Soll heißen, die Gemeinden sollten laut Deniffel die Möglichkeiten nutzen, die sie haben. So könnten auch die Abstandsregeln durch gemeindeinterne Beschlüsse zur Flächennutzung außer Kraft gesetzt werden, erklärt Deniffel, die derzeit ein neues Windrad in Planung hat und zwei ältere "repowern" möchte. "Bei der neuen Höhe von 260 Metern pro Windrad sind wir ja sonst einmal durchs Dorf durch", erklärt sie.

Zudem müssen Gemeinden 1,8 Prozent ihrer Fläche freigeben - täten sie dies nicht für Energiewendeprojekte, so kämen die Gebiete eben anderen Vorhaben zu. "Man sollte nicht warten, bis es irgendwann einfacher wird", sagt die CSU-Bürgermeisterin. Als Kritik an Söder will sie ihren Appell jedenfalls nicht verstanden wissen: "Ich finde es sehr respektabel, was getan wird. Die richtigen Stellschrauben sind gesetzt", erklärt sie.

CSU in der Windkraft-Zwickmühle

Die CSU steckt vor der Landtagswahl im Zwiespalt: Nicht nur der Bürgermeisterappell, sondern auch der eigene Koalitionspartner plädiert für mehr Schwung beim Windradbau; die bayerische Wirtschaft fordert Energiesicherheit und fürchtet langfristig höhere Strompreise im Süden.

Auf der anderen Seite ist die Zahl der Windkraftgegner im Land und in den eigenen Reihen noch immer hoch. Ein Beispiel aus Altötting nährte zudem zuletzt den Verdacht, es gehe bei der Vergabepraxis eher um Gewinn als um Bürgerfreundlichkeit.

Söder macht "Bayernwind"

Eine offizielle Stellungnahme der CSU zum Bürgermeisterappell auf BR-Anfrage steht noch aus. Zuletzt freilich schien es, als wolle sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder noch vor der Landtagswahl an die Spitze der Bewegung setzen.

1.000 neue Windräder bis 2030: Mit diesem Versprechen ließ Söder schon 2022 aufhorchen. Auf dem CSU-Parteitag Anfang Mai hat Söder dafür die Gründung einer landeseigenen Gesellschaft mit dem Namen "Bayernwind" angekündigt. Details gab er noch nicht bekannt, dafür eine Begründung: Er wolle eine eigene Gesellschaft, "damit nicht nur irgendwelche Investoren dabei Geld verdienen", so Söder.

Skeptiker erinnert der Name indes an die 2018 von Söder initiierte staatliche Wohnungsbaugesellschaft "Bayernheim", die ihre Ziele bisher deutlich verfehlt: Statt 10.000 erschwinglicher Wohnungen wird die BayernHeim bis Ende 2024 wohl maximal 682 im Bestand haben.

Im Video: Stand der Windkraft in Bayern

Wie ist der Stand der Windkraft in Bayern?
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Wie ist der Stand der Windkraft in Bayern?

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