Zwei Frauen füttern einen Vogel
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Die Ehrenamtlichen Debora Weißbrod und Alina Hübner füttern einen verletzten Mäusebussard in der Auffangstation in Coburg

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Bussard, Uhu und Co: Greifvogelstation Coburg sucht Freiwillige

Ob Schneeeule oder Wiesenweihe – in der Auffangstation für Greifvögel in Coburg sind oft seltene Vögel zu Gast. Hier päppeln Ehrenamtliche seit Jahrzehnten verletzte Vögel wieder auf. Damit das so bleibt, sucht der LBV engagierte Naturfreunde.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

Vorsichtig hält Debora Weißbrod einen Mäusebussard mit verbundenem Flügel im Arm und schwingt ihn bedächtig in die Luft. Die Übung ist eine Art Physiotherapie und soll seine Lungen anregen. Der Vogel hat einen gebrochenen Flügel und ist seit Mitte Januar Patient in der Auffangstation für Greifvögel des Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) in Coburg. Die ehrenamtliche Helferin Debora Weißbrod ist seit November Teil des etwa zehnköpfigen Teams, das noch weiter wachsen soll.

Mehr als 100 Vögel im vergangenen Jahr verarztet

Im vergangenen Jahr sind mehr als 100 Greifvögel in der Station behandelt worden. Fast zwei Drittel konnten aufgepäppelt und wieder freigelassen werden. Viele haben ähnliche Schicksale wie der Mäusebussard mit dem gebrochenen Flügel erlitten. Dieser muss nach den Übungen noch gefüttert und mit Medikamenten versorgt werden. Seine Voliere ist auch schon sauber. All diese Aufgaben übernehmen Ehrenamtliche wie Debora Weißbrod. Beim Füttern des Greifvogels, in der Fachsprache Atzen genannt, hilft Alina Hübner mit. Sie ist seit eineinhalb Jahren vorwiegend an Wochenenden in der Station im Einsatz. Beide Frauen wollten sich ehrenamtlich engagieren und stießen im Internet auf die Auffangstation des LBV.

"Vögel geben viel zurück"

Debora Weißbrod möchte ihr Engagement in der Station nicht mehr missen. Es sei schon Arbeit, aber die Vögel gäben auch viel zurück, berichtet die 37-Jährige. Besonders das Gemeinschaftsgefühl, sich mit Anderen für eine gute Sache zu engagieren, gefällt ihr. Alina Hübner sieht das genauso. Zudem habe sie während der Zeit in der Station sehr viel über den Umgang mit den Greifvögeln mitbekommen, erzählt die ebenfalls 37-Jährige. Es sei unvorstellbar, so viel aus einem Buch lernen zu können, sagt sie lachend.

Auffangstation: Zeitintensives Hobby für Ehrenamtliche

Über so viel Engagement freut sich Thomas Feulner. Der 65-Jährige leitet zusammen mit seiner Frau Sabine seit zwei Jahren die Auffangstation, ebenfalls ehrenamtlich. Beide sind durch einen Aufruf des LBV auf die Station etwas außerhalb von Coburg aufmerksam geworden und nach einem Informationsabend schließlich "hängengeblieben". Nachdem sie entsprechende Kurse absolviert hatten, leiten die beiden die Station und opfern dafür viel Zeit.

Wenn verletzte Greifvögel in der Region gefunden werden, holen die beiden sie oft ab und fahren sie in eine Praxis nach Lautertal. Nach der Behandlung bringen sie die Vögel dann in die Auffangstation. Hier bleiben die Tiere, bis sie wieder gesund sind und ausgewildert werden können. Das kann manchmal lange dauern, wie im Fall eines streng geschützten Rotmilans, dessen Schwanzfedern im vergangenen Jahr nicht nachgewachsen sind, und der deshalb auf dem Boden der großen Voliere sitzt. Thomas Feulner hofft, dass der Greifvogel nach der Mauser in diesem Jahr endlich wieder in die Lüfte steigen kann.

Nebenan säubert Sabine Feulner die Voliere eines Turmfalken, der einen verkümmerten Flügel hat und auch noch einige Zeit in der Station bleiben wird. Eine Voliere weiter wohnen zwei seltene Wespenbussarde, die momentan eigentlich in Afrika sein sollten. Doch auch sie haben verletzungsbedingt in Oberfranken überwintert.

Aufruf des LBV für neue ehrenamtliche Helferinnen und Helfer

Das Ehepaar Feulner ist jeden Tag in der Station, manche Vögel hier müssen mehrmals täglich gefüttert werden. Die Ehrenamtlichen teilen sich ihre Schichten ein und wechseln sich ab. Ab Ende März werden die Volieren wohl wieder voller werden, da dann auch Jungvögel dazu kommen. Auch deshalb hat der LBV in Coburg einen Aufruf über die lokalen Medien und soziale Plattformen gestartet, um neue Ehrenamtliche für ein Engagement in der Auffangstation zu begeistern. Bislang haben sich einige Interessierte gemeldet, darunter auch Schüler oder Studentinnen. Besondere Vorkenntnisse bräuchten mögliche Neuzugänge nicht, nur Interesse für Natur und Vögel und eben etwas Zeit, erklärt Sabine Feulner.

Zwei Frauen helfen einem Greifvogel.
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in der Auffangstation für Greifvögel in Coburg päppeln Ehrenamtliche verletzte Vögel auf.

Station ist wichtig für bedrohte und seltene Vogelarten

Die Auffangstation für Greifvögel ist in Nordbayern seit mehr als 50 Jahren eine Institution. Die Arbeit der Ehrenamtlichen könne LBV-Biologin Marlene Klisa gar nicht genug wertschätzen. Besonders für seltene und bedrohte Vogelarten sei die Station von enormer Bedeutung, hebt Marlene Klisa hervor. Dem Einsatz der Helferinnen und Helfer im vergangenen Jahr sei es beispielsweise zu verdanken, dass drei junge Wiesenweihen gerettet werden konnten. Nach dem Aufpäppeln in der Coburger Station sei es gelungen, die Vögel in einem natürlichen Nest unterzubringen. Dort hätten sich die Jungvögel gut entwickelt und seien so wieder ausgewildert worden.

Erfüllendes Hobby mit einmaligen Erfahrungen

Genau diese Momente sind es, die die ehrenamtliche Arbeit für Debora Weißbrod und Alina Hübner so einmalig machen. Das Schönste sei ein verletztes oder krankes Tier so pflegen zu können, dass es wieder gesund wird und es in die Freiheit entlassen werden kann, erzählt Alina Hübner mit einem Strahlen in den Augen. Das treibt sie und die anderen an, die Vögel auch an kalten oder nassen Tagen zu versorgen.

Bis der Mäusebussard mit dem gebrochenen Flügel wieder fliegen kann, wird es allerdings noch einige Wochen oder Monate dauern. In der Greifvogelauffangstation in Coburg ist er bis dahin in den besten Händen.

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