Soldaten der Bundeswehr, aufgenommen im Camp Castor in Gao (Mali).
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Bundeswehr in Mali: Abzug auf Raten

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Bundeswehr in Mali: Abzug auf Raten

Spätestens in einem Jahr sollen die letzten deutschen Soldaten Mali verlassen haben. Einmal noch hat der Bundestag das Mandat aber verlängert – um weitere zwölf Monate. Der Opposition dauert der Abzug zu lang.

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Temperaturen von mehr als 40 Grad im Schatten, extreme Trockenheit und eine ständige Bedrohung durch Islamisten: Der internationale Einsatz im Wüstensand von Mali gilt als einer der gefährlichsten überhaupt.

Seit zehn Jahren ist die Bundeswehr an der UN-Mission in dem afrikanischen Land beteiligt. Jetzt hat der Bundestag beschlossen, dass die deutschen Soldatinnen und Soldaten bis Ende Mai nächsten Jahres abziehen.

Bundesregierung sieht "Gewaltspirale" in Mali

Der Befund der Bundesregierung ist niederschmetternd. "Das Sicherheitsumfeld in Mali hat sich in den vergangenen Monaten durch die Ausbreitung terroristischer Gruppierungen signifikant weiter verschlechtert", schreibt die Regierung in ihrem Antrag. Von einer "Gewaltspirale" in Mali und anderen Ländern der Region ist in dem Text die Rede, befeuert durch Terroristen und andere bewaffnete Gruppen.

Grüne beklagen Blockade durch Militärregierung

Auch die Abgeordnete Agnieszka Brugger zeichnet ein düsteres Bild der Situation in Mali. "Die Berichte über gravierende Menschenrechtsverletzungen nehmen zu, die Sicherheitslage verschlechtert sich kontinuierlich", stellt die Grünen-Politikerin in der Bundestagsdebatte fest.

Außerdem erinnert sie daran, dass die malische Militärregierung den internationalen Einsatz behindert. So hat die Junta beispielsweise immer wieder Überflugrechte für Truppentransporte verweigert, was den Austausch von Einheiten deutlich erschwert.

Bundeswehr kann Kernauftrag in Mali nicht erfüllen

Marcus Faber von der FDP weist auf ein anderes Problem hin, vor dem die Bundeswehr in Mali steht: fehlende Startgenehmigungen für Aufklärungsdrohnen. Ein heikler Punkt, denn Lageaufklärung gehört zu den Kernaufgaben des deutschen Einsatzkontingents.

Es geht darum herauszufinden, wo sich gerade etwas Bedrohliches zusammenbraut und wie sich die internationalen Truppen dagegen wappnen können. Durch die Drohnenblockade der Militärregierung aber fehlen hierfür wichtige Informationen.

Militärjunta kooperiert mit russischen Söldnern

Mali gilt als eines der ärmsten Länder der Welt. Islamisten versuchen, das Land zu einem Aufmarschgebiet für ihre Ideologie zu machen. Frankreich, Deutschland und andere europäische Staaten wollten die Dschihadisten ursprünglich stoppen und das Land stabilisieren. Doch der Erfolg blieb aus.

Und offenkundig arbeitet die Militärjunta statt mit der UN-Mission und der Bundeswehr lieber mit russischen Söldnern zusammen.

Ampel will "geordneten Rahmen" für Abzug aus Mali

Als Konsequenz daraus will die Ampel-Koalition den Bundeswehreinsatz in Mali beenden: "Es geht jetzt darum, einen geordneten Abzug unserer Truppen aus Mali sicherzustellen", sagt Faber. Und fügt hinzu: "Es geht nicht um ein überstürztes Verlassen des Landes, es geht nicht um ein Hals-über-Kopf."

Ähnlich hat sich Boris Pistorius in dieser Woche geäußert. Der SPD-Verteidigungsminister greift am Freitag nicht in die Debatte ein, sprach aber schon bei anderer Gelegenheit von einem "geordneten Rahmen", der für den geplanten Abzug nötig sei.

Die Bundeswehr verfüge in Mali über "beachtliche Personalzahlen" und "gewaltige Mengen von Material". Man rede also nicht "über den Umzug einer Familie mit Möbelwagen", so Pistorius.

Bundeswehr soll noch etwaige Wahlen in Mali absichern

Aus diesem Grund will die Ampel der Bundeswehr bis zu zwölf Monate Zeit geben, um den Abzug zu organisieren. Darüber hinaus geht es der Koalition darum, noch die möglicherweise anstehenden Wahlen in Mali im kommenden Jahr militärisch abzusichern.

Ein Argument, für das die Opposition nur Spott übrighat. "Lächerlich" nennt es der CSU-Abgeordnete Florian Hahn. Den Regierungsfraktionen ruft er zu: "Sie alle wissen, dass diese Wahlen vermutlich nicht stattfinden werden!" Und für den AfD-Politiker Rüdiger Lucassen stellt sich die Frage, welches Interesse eine "Putschistenregierung" überhaupt daran haben sollte, Wahlen auszurichten.

CSU fordert schnelleren Abzug aus Mali

Eine Antwort darauf gibt die Ampel in dieser Parlamentsdebatte nicht. Stattdessen wirft Brugger der Opposition taktische "Spielchen" vor. Damit bezieht sich die Grünen-Abgeordnete auf einen Antrag der Unions-Fraktion für einen schnelleren Abzug.

Ein solches Unterfangen ist nach Einschätzung des CSU-Politikers Hahn in einem Zeitraum von sechs bis acht Monaten machbar – "und im Notfall noch viel schneller". Doch der Antrag wird abgelehnt. Mit Ampel-Mehrheit beschließt der Bundestag, das Mandat ein letztes Mal zu verlängern und das Bundeswehr-Kontingent bis Ende Mai nächsten Jahres zurückzuholen.

Deutschland bleibt auch nach dem Abzug in der Region präsent

Doch ein Versprechen geben die Regierungsfraktionen noch ab: nämlich die sogenannte Sahel-Region nicht im Stich zu lassen. Deutschland soll deshalb auch nach dem Abzug aus Mali in der Region präsent sein: mit mehr Entwicklungshilfe und militärisch im Nachbarstaat Niger.

Bis zu 60 deutsche Soldatinnen und Soldaten dürfen dort eingesetzt werden, um bei der Ausbildung von Spezialkräften zu helfen und das Land zu stabilisieren. Zum Vergleich: In Mali sind zurzeit noch rund 1.100 Bundeswehrkräfte stationiert.

Im Audio: Burkina Faso, Mali und Niger - Krisenstaaten in der Sahel-Zone

Internationale Militärpatrouille in Mali
Bildrechte: picture-alliance/dpa
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Sahelzone

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