Es war ein anstrengender, emotionaler Tag für alle Beteiligen: Der erste Verhandlungstag am Starnberger Amtsgericht gegen zwei ehrenamtliche Betreuer, die der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen angeklagt sind, weil in ihrem Rudertraining ein 13-Jähriger ums Leben kam.
Blamage für die Justiz?
Das Interesse am Prozess war groß, die Anzahl der Plätze corona-bedingt knapp. Zahlreiche Interessierte mussten weggeschickt werden. Sie zeigten sich enttäuscht. Das Verfahren sei ohnehin eine Blamage für die Justiz im Allgemeinen, kritisierten nicht nur die Verteidiger, sondern auch andere Beobachter. Dass es, bedingt durch ein juristisches Tauziehen und diverse, rechtlich komplexe Geplänkel erst mehr als sechs Jahre nach dem Unglück im April 2015 zur Verhandlung komme, sei sowohl für die Eltern des Verunglückten als auch die beiden Beschuldigten ein Unding und unerträglich. Einer der Verteidiger hatte zu Prozessbeginn die Einstellung des Verfahrens gefordert. Die Richterin lehnte dies jedoch ab.
Angeklagte sprechen Eltern tiefes Mitgefühl aus
Beide Angeklagte, die damaligen ehrenamtlichen Übungsleiter, hatten sich in einer Erklärung geäußert und den Eltern des Verunglückten ihr tiefes Mitgefühl ausgesprochen. Es sei eine „unfassbare Tragödie“, so einer der beiden mit Tränen in den Augen, dass in seiner Obhut ein Kind zu Tode gekommen sei.
Eltern als Nebenkläger
Die Eltern des verunglückten Buben verfolgten die Verhandlung gefasst und ohne große Regung. Nur als der Vater als Zeuge aussagte, stockte ihm immer wieder die Stimme. Er schilderte, wie er seinen Sohn vom Rudertraining abholen wollte, dieser aber nicht mehr da war.
Trainer hatten Buben nicht immer im Blick
Zahlreiche Zeuginnen und Zeugen, unter anderem Schüler aus dem Rudertraining, eine Mutter, der Vorstand des Münchner Ruderclubs und ein Polizist, versuchten sich so gut es ging an jenen Tag im April 2015 zu erinnern.
Deutlich wurde durch diverse Aussagen, dass die beiden Angeklagten den 13-jährigen Schüler und Ruderneuling nicht alleine und unbeobachtet in einem Einzelboot trainieren lassen hätten dürfen. Sie konnten ihn nicht immer im Blick gehabt haben. Warum sich der Gymnasiast aus dem für sein Training vereinbarten, geschützten Bereich entfernt hatte und weiter auf den See hinausgerudert war, warum er schließlich ins kalte Wasser gefallen war, ob er – wie die Staatsanwaltschaft annimmt – selbst in den See gesprungen ist, um zum Ufer zurückzuschwimmen oder ob er doch kenterte, all diese Fragen sind weiterhin offen und können womöglich nie mehr geklärt werden.
Kaltes Wasser war wohl tödlich
Der Rechtsmediziner, der die Leiche des Buben obduziert hatte, erläuterte, dass das kalte Wasser bereits nach wenigen Minuten tödlich sein kann. Der Starnberger See hatte zum Zeitpunkt des Unglücks laut Anklage nur acht Grad. Der Sachverständige sprach sogar von nur rund 4 Grad. Die Ruderschüler trugen alle keinen Neoprenanzug und keine Schwimmweste. Ob der 13-jährige Verunglückte durch die extreme Kälte zuerst bewusstlos geworden war und dadurch ertrank, auch das lässt sich nicht mehr abschließend klären.
Die Verhandlung wird am 12. Juli fortgesetzt.
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