Abgebrannter Eisenbahnkran in Unterföhring
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Anschläge in Oberbayern - Ermittlungen in 13 Fällen

Seit Monaten hält eine Serie von Brandanschlägen in Oberbayern Polizei und Justiz in Atem. Jetzt kümmern sich eigene Ermittlungsgruppen und die Generalstaatsanwaltschaft um Aufklärung. Sie gehen von einem extremistischen Hintergrund aus.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

2,5 Millionen Euro Schaden im oberbayerischen Polling Anfang Oktober, über 500.000 Euro im Perlacher Forst bei München. Sei Monaten beschäftigt Polizei und Justiz eine Reihe von Brandanschlägen auf Infrastruktur und Fahrzeuge im Großraum München und Oberbayern.

Die entstandenen Sachschäden summieren sich seit Mai auf über fünf Millionen Euro. Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt inzwischen in mehr als ein Dutzend Fällen und will mögliche Zusammenhänge aufdecken. Sie gehe aufgrund der Tatobjekte und Tatmodalitäten von einem extremistischen Hintergrund aus, teilte die Strafverfolgungsbehörde auf Nachfrage des BR mit.

E-Autos der Münchner Stadtwerke

Am 19. Mai hatten Unbekannte auf einem Betriebshof zwei Elektroautos der Münchner Stadtwerke angezündet und dadurch einen Schaden von 100.000 Euro verursacht. Die Brandstelle befand sich in der Nähe des mit Erdgas betriebenen Heizkraftwerks Süd. Am Tatort wurde ein Graffito "No HKW", kein Heizkraftwerk, angebracht. Hinter dem Brandanschlag könnten deshalb militante Klimaschützer stehen, so die Vermutung der Polizei. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft war dieser Fall im Frühjahr der erste, bei dem die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) die Ermittlungen an sich zog.

Baumaschinen, Glasfasertrommeln, Mobilfunkmasten

Es folgten in den nächsten Wochen und Monaten – bis auf eine kurze "Sommerpause“ – ein Dutzend weiterer, ähnlicher Fälle in München und Oberbayern: Brandanschläge auf Glasfasertrommeln, Mobilfunkmasten, SUVs und vor allem Baumaschinen. Zu der Zerstörung zweier BMW X5-Modelle am 10. Juli auf dem Gelände eines Autohändlers bekannten sich Unbekannte auf einer einschlägigen Internet-Plattform. Sie begründeten die Straftat als "erste Reaktion“ auf das Vorgehen der Münchner und Berliner Staatsanwaltschaften gegen Klimaaktivisten. Die Behörden waren Ende Mai mit einer Razzia in sieben Bundesländern, darunter auch Bayern, gegen die Klimaschutzgruppe Letzte Generation vorgegangen.

Geothermie in Polling und Grünwald

Der mit Kosten von 2,5 Millionen Euro bislang schadenträchtigste Anschlag galt der in Bau befindlichen Geothermieanlage in Polling (Landkreis Mühldorf am Inn). Dort wurden in der Nacht zum 2. Oktober bei mehreren Bränden über zehn Baumaschinen zerstört oder beschädigt. Außerdem war der Zugverkehr zwischen Tüßling und Mühldorf wegen eines angezündeten Kabelschachts an der Bahnlinie über Stunden lahmgelegt. Zuletzt verübten Unbekannte am 22. Oktober Brandanschläge auf die Baustelle einer Geothermiewärmeleitung für eine Anlage bei Grünwald im Perlacher Forst und am 28. Oktober auf einen Eisenbahnkran in München-Unterföhring.

Zusammenhänge sollen aufgedeckt werden

Insgesamt 13 Fälle mit einem Schadensvolumen von mehr als fünf Millionen Euro hat die Generalstaatsanwaltschaft München seit Mai an sich gezogen. Zur Begründung heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme auf Nachfrage des BR, dass die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) aufgrund der Tatobjekte und Tatmodalitäten von einem extremistischen Hintergrund ausgehe, ermittelt werde aber trotzdem in alle Richtungen. Durch die Ermittlungsarbeit "aus einer Hand“ sollen mögliche Zusammenhänge zwischen den Brandfällen aufgedeckt werden. Auch die Verbindungen zu Altfällen würden überprüft.

Ermittlungsgruppe "Raute"

Beim Polizeipräsidium München wurde dafür eine Ermittlungsgruppe "Raute", beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim, zuständig für Polling, die Ermittlungsgruppe "Geo" eingerichtet. Unterstützung bekommen diese von Spezialisten des Bayerischen Landeskriminalamts.

Brandanschläge nicht erst seit diesem Jahr

Seit Jahren kommt es vor allem im Münchner Stadtgebiet zu Brandanschlägen auf Infrastruktur. Zu den Opfern gehörte auch der Bayerische Rundfunk. Unbekannte hatten im Mai 2020 einen Funkmast am Standort Freimann angezündet. Folgenschwer war auch ein Brandangriff im Mai 2021 auf Stromkabel im Münchner Osten, wodurch 20.000 Haushalte für mehrere Stunden keinen Strom hatten. Aktivisten übernahmen dafür anonym im Internet die Verantwortung. Ziel der Attacke sei der dort ansässige Rüstungskonzern Rhode & Schwarz gewesen. Auch in diesem Fall hatte die ZET die Ermittlungen übernommen.

Hoher Schaden – keine Tatverdächtigen

Zählt man die Schäden dieser Altfälle zu den jüngsten hinzu, bewegen sich die Kosten inzwischen im zweistelligen Millionenbereich. Bis heute konnten Polizei und Justiz bei der Aufklärung der Brandserie keine Erfolge vorweisen, geschweige denn Tatverdächtige ermitteln.

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