Henry Kissinger
Bildrechte: picture alliance/dpa | Daniel Vogl

Mit einem großen Festakt hat Henry Kissinger seinen 100. Geburtstag in seiner fränkischen Heimatstadt Fürth gefeiert.

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Henry Kissinger feiert 100. Geburtstag in Fürth

Mit einem großen Festakt und viel politischer Prominenz hat der Weltpolitiker Henry Kissinger seinen 100. Geburtstag in seiner Heimatstadt Fürth gefeiert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete ihn als einen "Gestalter der Weltpolitik".

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Mit einem Festakt zum 100. Geburtstag seines Ehrenbürgers ehrt Fürth den berühmten Sohn der Stadt. Seinen Ehrentag feierte er schon in New York, London – und nun in Fürth. Mit zahlreichen Familienmitgliedern, Kindern, Enkeln und Urenkeln besuchte Henry Kissinger seine Geburtsstadt. "Ein Freund, ein guter Freund" stimmte der Unterstufenchor des Helene-Lange-Gymnasiums zu Beginn an. Und dann durfte er sich die Lobesreden der Gäste aus Politik und Zeitgeschehen anhören.

Große Auszeichnung für Henry Kissinger

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete Kissinger in einer Videobotschaft als einen "der einflussreichsten Gestalter der Weltpolitik". Das ganze Land – nicht nur Fürth und Franken – freute sich über den Besuch Kissingers an seinem Geburtsort, so Steinmeier. Er betonte, diese bleibende Liebe zur Heimat sei ganz und gar nicht selbstverständlich. Habe doch die verbrecherische Verfolgung und Vernichtungspolitik Nazi-Deutschlands Kissinger einst dazu veranlasst, das Land zu verlassen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte: "Sie haben sich als ein besonderer Freund Deutschlands dargestellt" – und das, obwohl seine jüdische Familie den Nationalsozialisten zum Opfer fiel. Söder gab sich beeindruckt vom Staatsmann Henry Kissinger, "der es geschafft hat, sogar nach seiner Amtszeit fast noch bedeutender zu sein als während der Amtszeit und man kann das sagen, sie haben danach in den vergangenen 60 Jahren mehr bewegt als die meisten Außenminister der ganzen Welt!" Im Anschluss an seine Rede verlieh Söder dem Weltpolitiker noch den bayerischen Maximiliansorden – die höchste Auszeichnung im Freistaat.

Dankbar für das Fest in Fürth

In seiner Rede betonte Henry Kissinger die Verbundenheit zu seiner Heimat. "Fürth ist durch alle Zeiten ein Teil unseres Lebens geblieben", sagte er. Auch der Rest seiner Familie – wie etwa sein Sohn – fühlten so. "Es ist für mich sehr bewegend, in meine Geburtsstadt zurückzukehren und zu erleben, wie eng die Verbindungen sind". Über 100 Jahre nach seiner Geburt sein Jubiläum wieder in seiner Heimatstadt feiern zu dürfen, erfülle ihn mit großer Dankbarkeit.

"Hier rundet sich der Kreis meines Lebens ab." Henry Kissinger

Weltpolitiker, der seiner Heimatstadt immer treu geblieben ist

Kissinger wurde am 27. Mai 1923 in Fürth geboren. In der Nazizeit wurde die jüdische Familie zunehmend bedroht und verfolgt. Im Jahr 1938 flohen seine Eltern Paula und Louis Kissinger zusammen mit ihm und seinem jüngerer Bruder Walter in die USA. Henry Kissinger war ab 1969 Sicherheitsberater und später Außenminister in den Regierungen der republikanischen Präsidenten Richard Nixon und Gerald Ford. 1973 erhielt er für die Waffenstillstandverhandlungen im Vietnamkrieg den Friedensnobelpreis. Kissinger hat bereits mehrmals seine Geburtsstadt besucht. Im Jahr 1998 verlieh ihm die Stadt Fürth die Ehrenbürgerwürde. Seit seiner Kindheit ist Kissinger Anhänger der Spielvereinigung Fürth.

Ausstellung im Ludwig-Erhard-Zentrum

Parallel zum Festakt wird auch eine Ausstellung zum Leben Henry Kissingers und dem Leben seiner Familie in Fürth eröffnet – die einzige Geburtstagsausstellung weltweit. Sie ist ab Mittwoch im Ludwig-Erhard-Zentrum zu sehen. Motor hinter der Schau ist Evi Kurz, die vor einigen Jahren bereits einen Film über den Friedensnobelpreisträger und seinen Bruder gemacht hat, die "Kissinger-Saga", und die seitdem im engen Kontakt zu der Familie steht.

Ludwig-Erhard-Zentrum ehrt Ex-US-Außenminister zum 100. Geburtstag
Bildrechte: BR/Michael Reiner
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Ausstellung Henry Kissinger in Fürth

Auf den Spuren der Familie Kissinger

Zu sehen ist dort gleich am Eingang ein altes Fahrrad, schwarz und schwer. Es ist Symbol für die unbeschwerte Kindheit der Kissinger-Brüder in Fürth. Mit solchen Rädern besuchten sie regelmäßig ihre Großeltern im westmittelfränkischen Leutershausen, 80 Kilometer einfach, ohne Gangschaltung. Gleich daneben ein Lederfußball. Die Spielvereinigung Fürth, die große Leidenschaft des jungen Henry. "Mein Vater war der Ansicht, dass Opern gehen besser für mich sei als der Ronhof", erzählt er. "So musste ich mich immer reinschmuggeln. Aber im Fürth dieser Zeit wurde man immer sofort entdeckt."

Doch die glückliche Kindheit währte nicht lange. Die Kissingers wurden als Juden von den Nazis bedroht und verfolgt. Zwei Stationen weiter ist das Modell eines Schiffes zu sehen. Für den ehemaligen Landeskonservator Michael Henker, der die Ausstellung mitkonzipiert hat, ist das ein ganz besonders Ausstellungsstück: "Das ist das Modell der 'Ile de France'. Und das ist das Schiff, mit dem die Familie Kissinger, also Louis und Paula und die beiden Söhne Walter und Henry, am 30. August 1938 nach New York losgefahren sind in Southampton."

Flucht in die USA

Den Ausstellungsmachern ist es nach jahrelangem Suchen auch gelungen, die originale Passagierliste dieser Fahrt zu bekommen. In den Vitrinen sind außerdem persönliche Stücke aus dieser Zeit zu sehen, wie Eva Kurz erläutert: "Es sind Gegenstände, das Porzellan, die große Zinnkanne, die auf der Flucht aus Deutschland mitgenommen wurden und auch von den Kindern der nächsten Generation, den Enkeln und Urenkeln, in höchsten Ehren gehalten werden. "

Henry Kissinger legte in den Vorgesprächen Wert darauf, dass es in der Ausstellung nicht nur um ihn, sondern um die gesamte Familie Kissinger gehen solle, sagt Ausstellungsmacher Henker. Vor zwei Jahren ist sein jüngerer Bruder Walter gestorben. An ihn erinnern zum Beispiel eine Armee-Uniform und Zeitungsausschnitte.

Politische Karriere, Kritik und die Kunst der Diplomatie

Anfang der 1960er-Jahre startete Henry Kissinger seine politische Karriere. Er wurde Sicherheitsberater der US-Regierung und dann Außenminister. 1973 bekam er für die Waffenstillstands-Verhandlungen im Vietnam-Krieg den Friedensnobelpreis. Die Ausstellung klammert Kritik an seinem Wirken nicht aus – etwa daran, dass die USA zuvor das unbeteiligte Land Kambodscha bombardiert haben.

Zum Abschluss des Rundgangs hängen rote Telefone und schwarze Hornbrillen an einer Schautafel. Darüber kreisen Modellflugzeuge. Für Michael Henker stehen sie für den Diplomaten und einflussreichen Weltpolitiker: "Henry ist immer erkennbar an seinen Brillen, was sich so durchzieht. Und andererseits seine unglaubliche Diplomatie, die dann auch am Telefon oder auch im Flugzeug stattfindet."

In Fürth schließt sich ein Kreis für Henry Kissinger

Für Henry Kissinger schließt sich mit dem Festakt und der Ausstellung ein Kreis, sagt Eva Kurz. Trotz seiner Biografie, der Vertreibung und dem Verlust von dreizehn engen Familienmitgliedern im Holocaust, kam er immer wieder nach Fürth und war in Amerika stets ein Fürsprecher für Deutschland. "Er ist extrem berührt, hierher zu kommen. Und gibt dem Land und der Stadt die Ehre. Nach New York und London ist die dritte und letzte Station, wo er seinen Geburtstag feiert, Fürth", erzählt sie.

  • Zum Artikel Henry Kissinger – eine Politik-Legende ist 100
  • Henry Kissinger
    Bildrechte: BR
    Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

    Henry Kissinger

    Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

    "Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!