Ein Absperrband bei einem Polizeieinsatz mit der Aufschrift "Polizeiabsperrung".
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Wenn Rettungskräfte zu Fake-Einsätzen gerufen werden, spricht man von "Swatting" (Symbolbild).

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Bombendrohung ohne Knall: Auch das hat Konsequenzen

Eine leere Bombendrohung an einer Schule: In Hollfeld ist das nun schon zum dritten Mal in den vergangenen 17 Jahren passiert. Auch wenn am Ende niemand zu Schaden kommt, hat die Drohung Folgen – psychische und finanzielle.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

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Dezember 2006, Gesamtschule Hollfeld: Der Hausmeister der Einrichtung findet eine schriftliche Bombendrohung. Später nimmt die Kriminalpolizei Bayreuth einen 15-jährigen Schüler fest, der ein umfassendes Geständnis ablegt. Die Idee mit der Bombendrohung habe der Junge als Jux angesehen. Sieben Jahre später kommt es an der Gesamtschule Hollfeld zu einem ähnlichen Vorfall. In beiden Fällen durchsucht die Polizei die Schule auch mit Unterstützung von Sprengstoffspürhunden, stößt aber nie auf eine Bombe. Jetzt, am vergangenen Freitag, hat es erneut eine Bombendrohung an der Schule im Landkreis Bayreuth gegeben.

Hollfeld: Schulleiterin erfährt nachts von Bombendrohung

Schulleiterin Christine Betz stecken die Müdigkeit und der Schreck an diesem Freitagmittag noch in den Knochen. Sie sei mitten in der Nacht geweckt worden und zur Schule geeilt, sagte sie im Gespräch mit BR24. Am Montag würde die leere Bombendrohung mit den Schülerinnen und Schülern besprochen, kündigte sie an. "Im Lauf des Wochenendes mache ich mir darüber Gedanken, wie wir das Thema am besten aufgreifen", so Betz.

Sie gehe davon aus, dass die Nachricht sowohl viele der mehr als 1.000 Schülerinnen und Schüler als auch Eltern bedrückt habe. Bei der Verarbeitung kann Betz auf ein Team aus 116 Lehrkräften sowie eine Schulpsychologin, eine Schulseelsorgerin und einen Jugendsozialarbeiter setzen. "Wir haben es im Griff", sagt die Schulleiterin.

Fake-Notruf hat weitreichende Konsequenzen

Neben möglichen psychischen Folgen für Schüler und Lehrer hat solch eine Bombendrohung auch noch andere Konsequenzen, nämlich für den oder die Täter – die im jüngsten Fall übrigens noch nicht ermittelt wurden.

Die Polizei schließt bei der aktuellen Tat an der Gesamtschule Hollfeld einen Fall von "Swatting" nicht aus. Mit "Swatting" wird das Absetzen falscher, anonymer Notrufe mit dem Ziel, größere Polizeieinsätze zu provozieren bezeichnet und laut Landeskriminalamt (LKA) als Straftat konsequent verfolgt. Denn durch den unnötigen Einsatz von Polizei und Rettungskräften bestehe immer das Risiko, dass diese dann bei einem echten Notfall fehlen und somit Menschenleben in Gefahr gebracht würden.

Freiheits- oder Geldstrafe für Notruf-Missbrauch

Aus dem Verlag für Rechtsjournalismus (VFR) heißt es, das deutsche Strafrecht kenne zwar den Begriff "Swatting" nicht, allerdings lasse sich gemäß Paragraf 145 Strafgesetzbuch (StGB) der Missbrauch von Notrufen ahnden. In dem Paragrafen steht: "Wer absichtlich oder wissentlich Notrufe oder Notzeichen missbraucht oder vortäuscht, dass wegen eines Unglücksfalles oder wegen gemeiner Gefahr oder Not die Hilfe anderer erforderlich sei, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."

Allerdings müsse der Täter zusätzlich mit weiteren Konsequenzen rechnen. Denn unter Umständen müsse Schadensersatz für den herbeigeführten, unnötigen Einsatz der Rettungskräfte gezahlt werden. Die Ausgaben dafür könnten sich schnell auf mehrere tausend Euro belaufen. Kommen darüber hinaus noch Menschen durch den Einsatz zu Schaden, kann unter Umständen auch eine Anzeige wegen Körperverletzung drohen, heißt es weiter. Solange es aber keinen bekannten Täter gibt, bleiben die Kosten für die unnötigen Einsätze an der Allgemeinheit hängen, heißt es aus der Rechtsanwaltskanzlei Schulenberg und Partner.

Dreieinhalb Jahre Freiheitsstrafe für ersten "Swatting"-Täter

Ende 2016 wurde das wohl erste Urteil im Fall eines Swatting-Täters gesprochen. Damals berichtete der BR, dass das Landgericht Nürnberg-Fürth einen 24-Jährigen wegen Internet-Kriminalität zu drei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilte. Der junge Mann hatte eine Vielzahl von verschiedenen Cybercrime-Delikten eingeräumt. In zahlreichen Fällen wollte der 24-Jährige dem Youtuber "Drachenlord" schaden, der damals in Emskirchen im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad wohnte.

Der 24-Jährige habe zum Beispiel bei der Polizeiinspektion in Neustadt an der Aisch angerufen, um einen Brand in Emskirchen zu melden. Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst lösten deswegen einen Großeinsatz aus. Dabei war auch das SEK zum Einsatz gekommen. Der Mann wurde zu insgesamt dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe wegen Missbrauchs des Notrufs, Hacking-Straftaten und der Verbreitung von Kindesmissbrauchsdarstellungen verurteilt.

  • Zum Artikel: Jagd auf den "Drachenlord": Warum geht der Hass immer weiter?

💡 Der Begriff "Swatting"

Die Bezeichnung "Swatting" leitet sich von der us-amerikanischen Spezialeinheit "Special Weapons and Tactics" (SWAT) ab. SWAT-Teams kommen vor allem bei Geiselnahmen und Amokläufen zum Einsatz. Diese Einsatzkräfte wurden ausgebildet, um hochriskante Situationen zu bewältigen, ähnlich deutscher Spezialeinsatzkommandos (SEK). Swatting ist in Deutschland weniger populär als in den USA.

Im Audio: Ein Fall von Swatting hat in Hollfeld für einen Großeinsatz der Polizei gesorgt

Polizisten stehen vor dem Gebäude der Gesamtschule Hollfeld.
Bildrechte: News5 / Fricke
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An der Gesamtschule Hollfeld hat am Freitag - wegen einer Bombendrohung - kein Unterricht stattgefunden.

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