Im Schwäbischen Donaumoos.
Bildrechte: BR/Ursula Klement

Moore wiedervernässen: Das ist ein besonders effektiver und gleichzeitig billiger Klimaschutz

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Billig und leicht umsetzbar: Klimaschutz im Moor

Klimaschutz mithilfe von Mooren ist besonders preisgünstig. Und bringt weitere Vorteile: Die Artenvielfalt wird gefördert und der Hochwasserschutz gestärkt. Doch der Weg von Pilotprojekten in die breite Fläche ist steinig.

Moore, die wiedervernässt werden, setzen weniger Kohlendioxid frei, bieten seltenen Arten Lebensraum sowie Nahrung und nehmen Starkniederschläge wie ein Schwamm auf. Moorvernässung ist billiger als die meisten anderen Klimaschutzmaßnahmen. Und unter bestimmten Bedingungen können die Flächen weiter bewirtschaftet werden.

Die Moore speichern doppelt so viel CO2 wie die Wälder

In einem naturbelassenen Moor steht das Wasser eine Handbreit unter der Bodenoberfläche. Der Moorboden besteht aus organischer Substanz, also abgestorbenen Pflanzen und Moosen, die den sogenannten Torfkörper bilden. Der Torfkörper ist im Laufe der Jahrtausende langsam aber beständig jährlich ungefähr um einen Millimeter höher geworden. Denn die Pflanzen- und Moosreste waren unter Wasser und haben sich nicht zersetzt.

Ein natürliches Moor speichert also das Kohlendioxid, das die abgestorbenen Moorpflanzen in ihrem Lebenszyklus aufgenommen haben. Es setzt allerdings eine geringe Menge Methan frei, unterm Strich ist die Klimabilanz aber immer noch leicht positiv. Die Moore auf der Erde speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder. Und das obwohl nur drei Prozent der Landoberfläche Moore sind.

Landwirtschaft auf Moorböden ist schlecht fürs Klima

Wird ein Moor entwässert, damit man dort Ackerbau betreiben kann, geht es dahin mit dem Torfkörper und der Klimabilanz. Die Mikroorganismen im Boden kommen an Sauerstoff und zerlegen die organische Substanz - viel schneller als sie entstanden ist.

Aus einem Hektar entwässertem Moorboden, der landwirtschaftlich intensiv genutzt wird, egal ob als Acker oder Wiese, gehen jährlich zirka 35 Tonnen CO2 in die Luft. Das ist ungefähr so viel wie sechs Bewohner Bayerns im Durchschnitt ausstoßen, mit allem: Heizung, Flugreisen, Stromverbrauch vom Flachbildschirm und den Birnen aus Argentinien.

Nur sehr wenig Moore in Bayern sind naturbelassen

Südlich der Donau und in Ostbayern finden sich die meisten Moore in Bayern. Sie heißen oft Ried, Moos, Filz. Ried und Moos bezeichnen in der Regel Niedermoore, dort kommt das Wasser von unten, also aus dem Grundwasser.

Filz ist eine Bezeichnung für ein Hochmoor, das vom Regen gespeist wird. Rund 222.000 Hektar Nieder- und Hochmoore gibt es in Bayern, nur fünf Prozent der Flächen sind naturbelassen.

Billiger Klimaschutz: Wiedervernässung der Moore

Mit der Wiedervernässung der trockengelegten Moore könnte man den CO2-Ausstoß senken. So billig wie mit fast keiner anderen Klimaschutz-Maßnahme. In den letzten Jahren hat die bayerische Staatsregierung zu diesem Zweck verschiedene Moorschutz-Programme beschlossen. Ihr Ziel unter anderem: Bis zum Jahr 2040 sollen 55.000 Hektar Moorflächen wiedervernässt werden.

Wiedervernässt wurden in den letzten Jahren beispielsweise das Eglinger Moor im Landkreis Weilheim-Schongau, das Werdensteiner Moor im Oberallgäu, ein Teil des Schwäbischen Donaumooses und das Dattenhauser Ried im Landkreis Dillingen. Mit Sperren in den Entwässerungskanälen und Wassereinspeisungen hat man den Wasserspiegel wieder bis ungefähr eine Handbreit unter der Bodenoberfläche angehoben.

Dattenhauser Ried: Enorme Vogel- und Amphibien-Vielfalt

Das Dattenhauser Ried ist ein Naturschutzgebiet. Gleich im ersten Frühling nach der Wiedervernässung haben hier Bekassinen gerastet, Teichhuhn, Wasserralle und Zwergtaucher gebrütet – lauter Vögel, die davor nicht mehr da waren. Und die Amphibien-Population ist Naturschützern zufolge regelrecht "explodiert".

Moore als effektiver Hochwasserschutz

Nasse Moore können große Mengen Niederschläge aufnehmen wie ein feuchter Schwamm und schützen damit besser vor Hochwasser als trockengelegte.

Klimaschutz und Landwirtschaft ist gleichzeitig möglich

Der Klimaschutz im Moor hat im Gegensatz zur Elektromobilität und zur Wärmedämmung eigentlich keine unerwünschten Nebenwirkungen. Einen Haken hat die Sache allerdings: Man braucht dafür Flächen, auf denen bisher Silomais, Weizen, Zuckerrüben oder häufig gemähtes Gras wachsen.

Und die gute Nachricht: Klimaschutz fängt schon bei einem Wasserstand von 30 cm unter der Bodenoberfläche an. Bei diesem Pegel kann man Klimaschutz und Landwirtschaft gleichzeitig betreiben: Widerstandsfähige Rinder- und Schafrassen darauf weiden lassen, Rohrglanzgras und Seggen anbauen für die Biogasanlage, den Heizkessel oder die Papierfabrik. Der Fachbegriff für diese nasse Variante der Landwirtschaft heißt Paludikultur.

Moore sind nicht lukrativ

Dann sind also alle Problem gelöst? Leider nein. Denn mit Silomais, Zuckerrüben und intensiv genutztem Grünland auf den entwässerten Moorböden ist mehr verdient. Es braucht also überzeugende finanzielle Anreize, damit nicht nur die Gesellschaft und das Klima, sondern auch die Bauern von ihrer Arbeit profitieren.

Trockengelegte Moore werden irgendwann zum Problem

Zum Gegenargument mancher Landwirte, sie wollen nicht auch noch Boden an den Moorschutz abtreten, nach den Flächenverlusten für Straßen und Baugebiete, sagt Prof. Matthias Drösler, Moorforscher aus Weihenstephan: Wer auf trockengelegten Böden so weitermache wie bisher, werde seinen Boden auch verlieren. Wer seine Moorflächen bewahren wolle, sollte sie wiedervernässen lassen. Dann rettet er seinen Boden und das Klima.

Doch momentan ist erst mal die Verwaltung gefordert: Es fehlen konkrete Szenarien für die unterschiedlichen Moorflächen und attraktive Förderprogramme für die vernässten Böden.

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