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Moore Feuchtgebiete können den Klimawandel bremsen

Obwohl Moore Lebensraum vieler bedrohter Arten sind, gibt es nur noch wenige der Feuchtgebiete. Sie sind zudem wichtige CO2-Speicher. Trockene Moore jedoch schaden dem Klima. Am 2. Februar ist Welttag der Feuchtgebiete.

Stand: 31.01.2024

Seit 1970 wurden weltweit rund 35 Prozent der Feuchtgebiete zerstört. Hauptverursacher sind dabei die Landwirtschaft, Überfischung und generell Umweltverschmutzung. Nach Angaben des Greifswald Moor Centrums verschwinden Moore mittlerweile sogar dreimal schneller als Wälder.

UNESCO-Gedenktag: Welttag der Feuchtgebiete

Der Welttag der Feuchtgebiete wird seit 1997 alljährlich am 2. Februar begangen. Er beruht auf der sogenannten Ramsar-Vereinbarung, dem "Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Wattvögel, von internationaler Bedeutung". Der völkerrechtliche Vertrag wurde am 2. Februar 1971 im iranischen Ramsar unterzeichnet und bisher zweimal modifiziert. Derzeit haben 172 Länder die Konvention unterzeichnet. Deutschland trat dem Abkommen 1976 bei und verpflichtete sich damit, die nach der Ramsar-Konvention geschützten 35 Gebiete in Deutschland vor allem als Lebensraum für Vögel zu erhalten.

Moore gehören zu den am stärksten zerstörten Ökosystemen in Deutschland. Laut dem Naturschutzbund NABU e.V. bedeckten sie ursprünglich 1,5 Millionen Hektar und damit 4,2 Prozent der Landfläche in Deutschland. Heute sind rund 95 Prozent der Moore in Deutschland zerstört. Das bedeutet: Sie wurden vor allem entwässert oder abgetorft, bebaut und werden landwirtschaftlich genutzt.

Moore: Klimaschützer, aber auch Klimakiller

Weltweit macht der Anteil von Mooren etwa drei Prozent der Landfläche aus. Diese Moorflächen binden doppelt so viel CO2 wie alle Wälder auf der Erde. Wenn die Moore zerstört sind, setzen sie jedoch in kurzer Zeit große Mengen CO2 und andere Treibhausgase frei. Damit tragen sie sogar zur Klimakrise bei. Laut dem zuletzt veröffentlichten "Mooratlas 2023" der Heinrich-Böll-Stiftung, des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Greifswalder Michael Succow Stiftung sind für sieben Prozent aller Treibhausgasemissionen in Deutschland entwässerte Moore verantwortlich. Jährlich sind das etwa 53 Millionen Tonnen CO2, die in die Atmosphäre freigesetzt werden: "Entwässerte Moore stellen deshalb eines der großen Aktionsfelder für den Klimaschutz in der Landwirtschaft dar", heißt es im "Mooratlas 2023".

"Moore sind für mich die faszinierendsten Lebensräume, weil sie ihre Geschichte mit festhalten: Es sind akkumulierende Ökosysteme, die selbstwachsend sind und damit Informationen speichern. Moore sind Extremstandorte mit Extremlebensbedingungen."

Michael Succow, Moorökologe und Agrarwissenschaftler

Natürliche Kohlenstoffspeicher: Deshalb sind Moore so wichtig

Als natürliche Kohlenstoffsenken speichern Moore Kohlenstoff (CO2). Im sauren Moorwasser werden Pflanzenreste unter Ausschluss von Sauerstoff konserviert. Torf entsteht. Sinkt jedoch der Wasserspiegel auf Grund von Entwässerung beispielsweise und Torf kommt an die Luft, beginnt er zu oxidieren. Das sei ähnlich wie bei Spreewaldgurken oder sauren Heringen, die man in saurem Wasser aufbewahre, sagt Hans Joosten, emeritierter Professor für Paläoökologie an der Universität Greifswald. "Wenn man einen sauren Hering aus einem Topf holt und ihn einige Wochen an der Luft liegen lässt, dann gibt es keinen sauren Hering mehr. Der ist einfach weggerottet", erklärt Hans Joosten. "Genau das tun Moore auch, wenn man sie entwässert. Und all das organische Material wird dann umgesetzt in CO2." Jedes entwässerte Moor trägt so zur globalen Erwärmung bei.

Mit dem Ökosystem Moor den Klimawandel bremsen

Um bis 2045 klimaneutral zu werden, müssen die Wälder und Moore in Deutschland als Kohlenstoffspeicher funktionieren. Das ist so im Bundesklimaschutzgesetz verankert, denn ohne diese natürlichen Ökosysteme geht es nicht. Bis 2030 sollen sie jährlich 25 Millionen Tonnen Treibhausgase binden und damit den Klimawandel abbremsen. Dafür hat die Bundesregierung im März 2023 auch ein "Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz zur Stärkung und Wiederherstellung von Ökosystemen", zu denen neben Meeren, Küsten, Wäldern und Auen auch Moore gezählt werden, verabschiedet. Für Initiativen, die Naturschutz mit Klimaschutz verbinden, werden bis 2026 vier Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. In dem Papier werden Moore auch als Schutz vor Extremwettereignissen genannt: Bei Überschwemmungen als Folge von Starkregen können Feuchtgebiete wie Moore und Auen als Pufferzone dienen und größere Schäden verhindern.

Moorschutzstrategie der Regierung als Klimabooster?

Moore in Deutschland werden seltener und trocknen öfter aus. Die Feuchtgebiete können Kohlenstoff binden und damit den Klimawandel bremsen.

Damit aus den derzeitigen Klimakillern wieder Klimaschützer werden, hat die Bundesregierung im November 2022 außerdem die nationale Moorschutzstrategie beschlossen. Sie soll dazu dienen, durch Wiedernässung der Moore die jährlichen Emissionen bis 2030 um mindestens fünf Millionen Tonnen Treibhausgase zu senken. Das betrifft hauptsächlich Landwirte, die laut Bauernverband derzeit rund eine Million Hektar Moorfläche bewirtschaften - vor allem als Grünland für Milchkühe. Finanzielle Anreize sollen den Landwirten alternative Bewirtschaftsformen schmackhaft machen, wie beispielsweise sogenannte Paludikulturen. Darunter versteht man die landwirtschaftliche Nutzung nasser Moore für Weidehaltung, den Anbau von Futtergräsern oder Schilf für Dachreet oder die energetische Verwertung von Biomasse aus wiedervernässten Niedermooren. Denkbar seien auf Moorflächen auch Photovoltaik-Anlagen. Zwar kann bei der Wiederbewässerung von trockenen Mooren auch das Treibhausgas Methan entstehen, allerdings werden insgesamt viel mehr CO2-Emissionen gesenkt als Treibhausgase ausgestoßen, wie das Greifswald Moor Centrum gemeinsam mit der Universität Potsdam in einer Stellungnahme im Jahr 2022 dargelegt hat.

Der NABU wertet die Ziele als längst überfällig und ebenfalls als zu gering: Jährlich lediglich fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu sparen, entspreche gerade einmal zehn Prozent dessen, was entwässerte Moore derzeit jährlich ausstoßen. Die Reduktion von fünf Millionen Tonnen Treibhausgase wird auch im Mooratlas 2023 als nicht ambitioniert genug beschrieben.

Feuchtgebiete: Von Moor und Wiese bis zum Wattenmeer

Nach Artikel 1 der Ramsar-Vereinbarung sind Feuchtgebiete Feuchtwiesen, Moor- und Sumpfgebiete oder Gewässer, die natürlich, künstlich, dauernd oder zeitweilig, stehend oder fließend, Süß-, Brack- oder Salzwasser sind. Auch Meeresgebiete gehören dazu, wenn sie eine Tiefe von sechs Metern bei Niedrigwasser nicht übersteigen. So zählen Auwälder genauso dazu wie Korallenriffe, Moorgebiete und das Wattenmeer.

Ausgetrocknete Moore treiben Klimawandel an

Um die Pariser Klimaziele einzuhalten, müssen daher auch im Bereich der Feuchtgebiete große Anstrengungen unternommen werden: Jährlich müssten hierzulande mindestens 50.000 Hektar Moorböden wieder vernässt werden - eine Fläche fast so groß wie der Bodensee. Aktuell seien es nur knapp 2.000 Hektar, sagt Moorökologe Michael Succow. Dabei helfen soll unter anderem das von der EU geförderte Projekt "LIFE Peat Restore" des NABU. Es soll helfen, das EU-Ziel, Treibhausgasemissionen um 40 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 zu reduzieren, zu erreichen. Das LIFE Projekt Peat Restore hat sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit neun Partnern aus den Ländern Polen, Lettland, Litauen, Estland und Deutschland durch Restaurierungsmaßnahmen Moore auf einer Fläche von rund 5.300 Hektar in naturnahe Lebensräume zu entwickeln und somit die natürliche Funktion des Kohlenstoffspeichers wiederherzustellen.

"In manchen Ländern Europas emittieren Moore mehr CO2 als die gesamte Industrie und der gesamte Verkehr zusammen."

Thomas Tennhardt, NABU, Direktor Abteilung Internationales

Moore als Lebensraum seltener und bedrohter Arten

Ein Hochmoorgelbling sitzt auf einer Kuckuckslichtnelke. Moore bieten Pflanzen und Tieren einen geschützten Lebensraum.

Moore können den Klimawandel nicht nur abmildern, sondern sind auch Lebensraum von seltenen und bedrohten Tier- und Pflanzenarten. Denn Hochmoore zeichnen sich durch eine extreme Nährstoffarmut aus. Aufgrund des niedrigen pH-Werts und der permanenten Wassersättigung leben in Mooren hochspezialisierte Pflanzen und Tiere. Viele der moortypischen Bewohner sind aber mittlerweile vom Aussterben bedroht. So zum Beispiel der Lungen-Enzian, eine stark gefährdete Pflanze, oder der Hochmoorgelbling. Der Bestand dieses Schmetterlings, der in Deutschland nur in Bayern und Baden-Württemberg anzutreffen ist, ist stark rückläufig.

"Pro Hektar binden Moore im Mittel 700 Tonnen Kohlenstoff. Moore sind damit die größten terrestrischen Kohlenstoffspeicher."

Claus Kumutat, ehemaliger Präsident Bayerisches Landesamt für Umwelt

Bedrohte Feuchtgebiete: Wo es Moore in Deutschland gibt

Deutschland hat als Mitglied der Ramsar-Konvention 35 Moor-Gebiete mit einer Gesamtfläche von rund 869.000 Hektar gemeldet. Die meisten Moore liegen in den nördlichen Bundesländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie in Bayern.

Zur Erprobung neuer Bewirtschaftungsformen auf landwirtschaftlich genutzten wiedervernässten Moorböden fördert das Bundesumweltministerium seit 2021 bis 2031 vier Pilotvorhaben zum Moorbodenschutz in unterschiedlichen Bundesländern. Die Projekte werden miteinander vernetzt und von einer langfristig angelegten Treibhausgasüberwachung begleitet.

Schutz von Mooren: Kritik vom Bauernverband

Landwirte sehen die Wiedervernässung von Mooren zwar generell, aber nicht durchweg positiv. Der Deutsche Bauernverband verweist dabei auf die wirtschaftliche Dimension des Themas. Auch bei einem umfassenden Moorschutz müsse es für die Bewohner der betroffenen Regionen eine Einkommens- und Lebensperspektive geben. So sollte auch die Moorschutzstrategie des Bundeskabinetts ohne Verdrängung der Landwirtschaft stattfinden. Die Politik will hier alternative Bewirtschaftsformen wie die Paludikulturen fördern.

Der Deutsche Umweltpreis 2021 ging an einen Moorforscher

Deutschland hat durchaus Pioniere der Moorforschung in den eigenen Reihen. So ging der Deutsche Umweltpreis 2021 unter anderem an Hans Joosten vom Institut für Botanik und Landschaftsökologie Universität Greifswald. Bundespräsident Steinmeier betonte bei der Verleihung des Preises, Joosten habe als einer der Ersten erkannt, wie wichtig gesunde, nasse Moore für den Klimaschutz seien. Joosten engagiert sich darüber hinaus für eine andere Art von Landwirtschaft, die Feuchtgebiete nicht zerstört.

Moore als Lebensraum: Amphibien in Deutschland

Sendungen: Mehr Hintergründe über Moore und Feuchtgebiete


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