Über 5.000 Delikte im Zusammenhang mit Kinderpornographie wurden allein im vergagnenen Jahr von der Polizei bayernweit registriert.
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Mehr als 5.000 Delikte im Zusammenhang mit Kinderpornographie wurden allein im vergangenen Jahr von der Polizei bayernweit registriert.

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Bayerns einziges Kommissariat für Fälle von Kinderpornografie

2021 wurden allein in Bayern rund 5.000 Fälle von Kinderpornografie aufgedeckt. Ein Anstieg um 84 Prozent. In München gibt es seit Anfang April ein eigenes Kommissariat, das sich nur mit solchen Fällen beschäftigt – das erste seiner Art in Bayern.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Anfang April wurde in München erstmals ein eigenes Polizei-Kommissariat eingerichtet, das sich nur mit Kindesmissbrauch und Kinderpornografie beschäftigt. Allein 5.000 Fälle wurden im vergangenen Jahr ausgemacht – ein Zuwachs von fast 84 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Ermittlungen wegen sexueller Gewalt gegen Kinder

Nichts deutet im Kommissariat K17 in München darauf hin, dass hier etwas anders ist. Allerdings haben sich alle Beamten, die hier arbeiten, freiwillig hierher versetzen lassen. Das K17 ist das erste und derzeit einzige Kommissariat, das spezialisiert ist auf Fälle, in denen es um sexuelle Gewalt gegen Kinder geht.

Von Anfang an Hunderte Fälle auf dem Schreibtisch

Seit Anfang April verrichten hier 16 Beamte ihren Dienst, 25 sollen es einmal sein. Die personelle Verstärkung ist wichtig, denn bereits jetzt stapeln sich die Fälle, erklärt der derzeitige Leiter der Dienststelle, Kriminalhauptkommissar Thomas Hiller. Allein 600 Fälle habe man aus den USA auf den Schreibtisch bekommen, die IP-Adressen verweisen nach München.

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Kriminalhauptkommissar Thomas Hiller

Kinderpornografisches Material in Chats

Kinderpornografisches Material werde im großen Stil im Internet getauscht, so Hiller. Speziell in sozialen Medien und Chatgruppen werden Nacktfotos von Minderjährigen geteilt. Der enorme Anstieg hänge auch mit der großen Verbreitung von Smartphones zusammen.

In München 16 Prozent mehr Fälle

Dass es in München ein eigenes Kommissariat geben würde, das auf Delikte bei sexueller Gewalt gegen Kinder spezialisiert ist, hatte Münchens Polizeipräsident Thomas Hampel bei der Präsentation der Kriminalstatistik für das Jahr 2021 angekündigt. Zwar war der Anstieg mit 16 Prozent in München, was Fälle von Kinderpornografie betraf, weniger stark als im Rest von Bayern. Dennoch, kalt lässt diese Zahl wohl niemanden.

Erschreckender Umgang mit Nacktbildern von Kindern

Erschreckend sei der sorglose Umgang mit kinderpornografischem Material, erklärt Hillers Kollegin, Kriminalhauptkommissarin Corinna Brunner. Menschen, die Nacktbilder von Minderjährigen über Chats oder soziale Medien zugeschickt bekommen, nähmen dies oft nicht als kinderpornografisches Material wahr, sondern fänden es zum Teil sogar lustig und versendeten es weiter, erklärt Hiller. Man habe schon in Chatgruppen ermittelt, die mehrere tausend Mitglieder gehabt hätten, so die Kriminalhauptkommissarin.

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Kriminalhauptkommissarin Corinna Brunner

"Gromming" durch Pädophile

Auch das "grooming", also die gezielte Ansprache von Minderjährigen durch Menschen mit einer pädophilen Störung, verlagere sich zunehmend aufs Internet, erklärt Brunner. Allerdings fällt es Tätern im Internet laut der Kriminalhauptkommissarin deutlich leichter, Minderjährige anzusprechen. Demnach geben sich Täter in Chats oft als Gleichaltrige aus, erschleichen sich so das Vertrauen und animieren Kinder, Bilder von sich zu verschicken.

Eltern sollten mit Kindern sprechen

Solche Fälle würden dann durch Eltern eher zufällig entdeckt, wenn sie auf dem Handy ihrer Kinder Nacktbilder finden. Deswegen rät die Hauptkommissarin dazu, Kinder aufzuklären, indem man ihnen sagt, "wenn Dich jemand anspricht und dich bittet, Bilder zu schicken, komm bitte zu uns und erzähl uns das."

Immer öfter Jugendliche als Täter

Dennoch: Nicht immer seien Täter, die sich kinderpornografisches Material angesehen haben, Pädokriminelle, ergänzt Kriminalhauptkommissar Thomas Hiller. Nachdenklich stimme ihn, dass in steigendem Maß Jugendliche kinderpornografisches Material konsumieren und verschicken.

"Mittlerweile ist es tatsächlich so, dass es WhatsApp-Sticker gibt, die den schweren Missbrauch von Mädchen zeigen. Die werden dann auf dem Schulhof unter den Jugendlichen rumgeschickt", erklärt Hiller.

Gedankenlose Verbreitung von kinderpornografischen Fotos

Besonders die Sorglosigkeit, mit der Jugendliche dieses Material verschicken, stimme ihn, den erfahrenen Ermittler, nachdenklich, so Hiller. "Für die ist das dann lustig oder belustigend, und es wird rumgeschickt, ohne dass sich jemand Gedanken darübermacht."

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Aufschrift: "Sexualdelikt zum Nachteil eines Kindes"

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