Symbolbild: Ort in Bayern
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Bayerns Dörfer in Sorge: Bund plant Kürzungen der Gelder

Für viele Kommunen in Bayern ist es eine Hiobsbotschaft: Der Bund plant im Haushalt 2024 eine deutliche Kürzung der Fördermittel für die ländliche Entwicklung. Die Sorge ist groß, dass Erneuerungsprojekte nicht mehr umgesetzt werden könnten.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Kößlarn ist ein schmuckes Dorf im Landkreis Passau. Die Fassaden am frisch gepflasterten Marktplatz sind hergerichtet, Hauseingänge behindertengerecht, vor dem Rathaus plätschert Wasser aus einem neuen Brunnen und über allem thront die Wallfahrtskirche. Nicht zu sehen: Auch ein neues Nahwärmenetz gibt es. Vier Millionen Euro habe die Gemeinde in die Dorferneuerung gesteckt, sagt Bürgermeister Willi Lindner. Einen großen Anteil davon bekam sie über das Amt für Ländliche Entwicklung gefördert. Genau diese Gelder will der Bund im Haushalt 2024 stark kürzen. "Das wäre schlimm", sagt Lindner. "Kößlarn stünde heute nicht so da."

Viele Kommunen in Bayern betroffen

So wie dem 1.960-Einwohner-Dorf in Niederbayern geht es vielen Kommunen im Freistaat. Sie haben in den vergangenen Jahren von den Geldern profitiert oder befinden sich gerade in der Planungsphase. Nun ist die Sorge groß, dass Projekte auf der Strecke bleiben.

Der Bayerische Gemeindetag sei "entsetzt" schrieb jüngst dessen Präsident Uwe Brandl in einem Appell an die Bundesregierung. Er bat darum, die Pläne zu überdenken und gegebenenfalls in anderen Bereichen Einsparpotenziale zu heben. "Die verfassungsrechtlich geforderte Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden", betont Brandl.

Vollständige Streichung?

Der vom Bundeskabinett beschlossene Haushaltsentwurf für 2024 sieht vor, den Sonderrahmenplan "Ländliche Entwicklung" des Bundes vollständig zu streichen sowie bei der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) massiv zu kürzen. Aus dem Sonderrahmenplan erhielten die Ämter für Ländliche Entwicklung in Bayern nach Angaben des Gemeindetages im vergangenen Jahr rund 49 Millionen Euro, aus regulären GAK-Mitteln etwa 45 Millionen Euro.

Die Kürzungspläne seien in diesem Umfang völlig unerwartet gekommen, sagt Hans-Peter Schmucker, Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung (ALE) Niederbayern in Landau. Es sei zwar klar, dass gespart werden müsse, jedoch wären die Einschnitte in der angedachten Form vollkommen überzogen. Und laut Koalitionsvertrag hätte die Förderung sogar aufgestockt werden sollen, so Schmucker. "Menschen auf dem Land sind keine Menschen zweiter Klasse." Die Städte seien gar auf den ländlichen Raum angewiesen, nämlich bei der Versorgung mit Energie, Wasser und Lebensmitteln, sagt er.

Projekte zu Wassermanagement oder Flächeneinsparung in Gefahr

Seine Behörde habe 2022 rund 22,7 Millionen Euro für Projekte aus der ländlichen Entwicklung zur Verfügung gehabt. Sollte die geplante Kürzung beschlossen werden, fielen rund zehn Millionen Euro weg. "Das wäre ein tiefgreifender Einschnitt", fürchtet Schmucker. Neue Projekte müssten verschoben werden. Kommunen, die finanziell in Vorleistung gegangen seien, müssten länger auf ihr Geld warten.

Allein in Niederbayern liefen zurzeit 200 Dorferneuerungsprojekte in rund 150 Kommunen, berichtet Schmucker. Dabei gehe es um brandaktuelle Themen wie Wassermanagement, Anpassung an den Klimawandel, Flächeneinsparung sowie zeitgemäße Infrastruktur.

💬 Mitdiskutieren lohnt sich: Die folgende Passage hat die Redaktion im Rahmen des BR24 Projekts "Dein Argument", aufgrund von Kommentaren der User "real_issimo" und "wosammadenn" zur Frage nach der Förderung von privaten Projekten ergänzt.

Insgesamt wurden im Bereich des ALE Niederbayern 1,7 Millionen Euro für insgesamt 84 private Projekte freigegeben und vom Ministerium für Landwirtschaft und Forsten ausbezahlt. Diese 1,7 Millionen Euro wurden in Niederbayern zusätzlich zu den oben genannten 22,7 Millionen Euro ausgeschüttet, so Schmucker. Im Verhältnis dazu hätten die privaten Bauherren bei den genannten Projekten selbst insgesamt rund 9,8 Millionen Euro in ihre Häuser und Außenanlagen investiert. Bei der Förderung im Rahmen einer Dorferneuerung stünden vor allem ortsplanerisch, kulturhistorisch oder denkmalpflegerisch besonders wertvolle Bauwerke im Mittelpunkt. Gefördert werden könnten demnach die dorfgerechte Gestaltung von Vorbereichs- und Hofräumen sowie die Investitionen in die Grundversorgung der ländlichen Bevölkerung (zum Beispiel Dorfläden, Bäckereien, Metzgerläden, Dorfwirtshäuser) 💬

Allein 300 Projekte in Schwaben in Gefahr

In Schwaben gibt es aktuell etwa 300 Projekte in rund 180 Kommunen, wie ALE-Leiter Christian Kreye in Krumbach im Landkreis Günzburg sagt. "Die Gemeinden wollen ihre Dörfer für die Zukunft aufstellen." Würde der Haushaltsentwurf so beschlossen, bekäme seine Behörde rund ein Drittel weniger Geld für die ländliche Entwicklung. Es gehe um Dorfläden, um Infrastruktur für Landwirte, Wasserrückhalt, Biotope.

Außerdem: Viele Bürger brächten sich in die Planungen ein. "Die alle müssten wir enttäuschen." Etwa, weil Projekte gar nicht umgesetzt werden könnten oder die Fördersätze dafür gekürzt werden müssten, sagt Kreye. Wie Schmucker hofft auch er, dass es nicht so weit kommt. "Die Politik steht in der Verantwortung. Nämlich gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und die Städte zu entlasten."

Größter Förderanteil in Oberfranken

Das ALE in Oberfranken erhält in Bayern den größten Anteil an Fördermitteln. Momentan habe das Amt aus verschiedenen Fördertöpfen 26 Millionen Euro für Projekte zur ländlichen Entwicklung zur Verfügung, sagt Amtsleiter Lothar Winkler in Bamberg. Nun stünden acht bis zehn Millionen Euro (aus SRP und GAK) auf der Kippe. Viele Maßnahmen seien mit langfristigen Verpflichtungen verbunden. Die müssten mit den verbliebenen Mitteln weiter bedient werden. Folglich bliebe für neue Projekte weniger Spielraum.

Auch Winkler hat grundsätzlich Verständnis für Sparmaßnahmen, wie er sagt. "Aber es geht um die Größenordnung."

Mit Information von dpa.

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