Hanfpflanzen (Cannabis) - Symbolbild
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Cannabis - Ein bayerisches Kulturgut?

Wenn es nach der Ampelkoalition geht, könnten womöglich noch in diesem Jahr die ersten legalen Joints geraucht werden. Die bayerische Regierung ist jedoch gegen die Cannabis-Legalisierung. Aber verkennt sie da nicht die bayerische Geschichte?

Über dieses Thema berichtet: Münchner Runde am .

"Allen, die ständig immer sagen, man muss kiffen, kiffen, kiffen, denen kann ich nur empfehlen: Lasst Cannabis weg, bleibt beim bayerischen Weißbier. Ist viel gesünder." Diese Worte sprach der bayerische Ministerpräsident Markus Söder anlässlich des 150. Geburtstags der Brauerei Schneiderweiße. Der Ton war gesetzt.

Kulturelle Tradition von Cannabis

Doch schon seit Jahrtausenden konsumieren die Menschen auf der ganzen Welt Marihuana. Vom ersten chinesischen Kaiser über Herodot und die Ägypter, sie alle erwähnten die Pflanze in ihren Schriften.1455 wurde die Gutenberg Bibel auf aus Hanf gepressten Blättern gedruckt. Das medizinische Marihuana mit dem hohen Harzgehalt - auch Haschisch genannt - musste jedoch importiert werden.

Der Unternehmer Emil Werkmeister wollte das ändern und in Bayern dieses Gras selbst anbauen. Daher gründete er 1907 die "Versuchsstation für technischen und offiziellen Pflanzenanbau G.m.b.H. Happing bei Rosenheim" – mit Erfolg. Überall wo Weizen wächst, können auch Cannabis-Pflanzen wachsen, fand der Pharmakologe und LMU-Professor Walther Straub damals heraus.

Bevor das bayerische Haschisch den Weltmarkt dominieren konnte, stürzte Eriks Firma nach einem Brand aber in den Ruin. Trotzdem, Bayern und Cannabis haben eine gemeinsame Geschichte.

Imageänderung der Hanfpflanze

Im 20. Jahrhundert wurden Drogen mehr und mehr in ein schlechtes Licht gerückt und kriminalisiert - auch die einstige Wunderpflanze Cannabis. Verschiedene Faktoren spielten in diesen Imagewechsel rein, wie Martin Booth in seinem Buch "Cannabis - A History" beschreibt. Rassistische Motive waren ein Grund, da viele Afroamerikaner Gras konsumierten. Auch die aufstrebende Kunstfaser-Industrie sah eine Bedrohung in dem Alleskönner-Kraut. Nach dem gescheiterten Alkoholverbot 1919 in den USA setzte man die Behörden vermehrt auf die Überwachung von Cannabis an. Begriffe wie "Mörderkraut" wurden dabei verbreitet.

Schließlich wurde 1925 auf der Opiumkonferenz in Genf der Hanfexport verboten. Das führte zu einem nahezu weltweiten Verbot der Droge.

Nun steht aber die (Re-)Legalisierung von Cannabis in Deutschland bevor. Einige andere Länder fahren mit der Legalisierung oder Entkriminalisierung teils Erfolge ein, wie die Niederlande oder Kanada zeigen. Jetzt will also auch Deutschland nachziehen. Seit 2017 ist schon die medizinische Anwendung bei schwerkranken Menschen erlaubt.

Gesetzentwurf der Ampelkoalition

Im April veröffentlichte die Bundesregierung Eckdaten zur Legalisierung. Maximal 25 Gramm und höchstens drei Pflanzen soll man für den Eigenkonsum künftig besitzen dürfen. Der freie Verkauf von Cannabis soll in Modelregionen getestet werden. Solange soll Cannabis in sogenannten Social Clubs verkauft werden. Diese Clubs versorgen ihre Mitglieder mit Produkten aus eigenem Anbau. Von den maximal 500 Vereinsmitgliedern darf jedes maximal 50 Gramm im Monat erwerben. Für unter 21-Jährige soll die Menge geringer sein. Ohne eine Mitgliedschaft kann man kein Cannabis kaufen.

Bisher gibt es schon legale Cannabisläden. Produkte mit einem THC-Gehalt bis maximal 0,2 Prozent sind erlaubt. Die Ladenbesitzer warten nur auf die Legalisierung und ihre Erlaubnis, selber gehaltvolleres Gras verkaufen zu dürfen. Sie sind bereit.

Kein Risiko durch verunreinigte Stoffe, Bekämpfung des Schwarzmarktes und Entlastung der Polizei sind die Hauptargumente für eine Legalisierung. Die Grünen, Die Linke, FDP und SPD sprechen sich dafür aus. "Man muss der Regierung die Chance geben, es auszuprobieren", sagte Eisi Gulp, Schauspieler und Teilnehmer der "Münchner Runde" Ende Mai. "Was den Schwarzmarkt angeht […] sehen wir einfach, wenn man den Menschen die Möglichkeit gibt auf legales, gesünderes und sauberes Cannabis zuzugreifen, dass die Menschen diesen Weg auch gehen", sagte die Abgeordnete der SPD, Carmen Wegge in der Gesprächsrunde.

Heftige Kritik der bayerischen Regierung

Ansteigender Konsum, Cannabis wäre eine Einstiegsdroge und Verharmlosung der Nebenwirkungen besonders bei Kindern und Jugendlichen: So lauten wiederum die Argumente gegen die Legalisierung. Der negative Einfluss auf das Gehirn ist wissenschaftlich bewiesen. Gerade bei Minderjährigen, deren Gehirne noch nicht voll entwickelt sind, kann der Konsum verheerende Folgen nach sich ziehen. Psychosen wie Wahnvorstellungen und Angstzustände bis zur Schizophrenie oder eine verminderte Denkleistung sind mögliche Nebenwirkungen.

"Wir werden in Bayern alles tun, damit wir nicht etwas Rechtswidriges umsetzen": Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hegt neben medizinischen auch rechtliche Zweifel.

In einem Punkt wurden sich die Teilnehmer der Münchner Runde einig: der Prävention. Schon vor der Pubertät sollen die Kinder über den Konsum und Missbrauch von Drogen und seine Folgen aufgeklärt werden. Wann und wie das Gesetz zur Legalisierung in Kraft tritt, ist noch unklar. Die Ampel spricht sich für eine zeitnahe Gesetzgebung aus. Damit wäre ein früheres bayerisches Kulturgut zumindest in Teilen wieder legal.

Im Video: Münchner Runde vom 31. Mai 2023

Die Gäste der Münchner Runde
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Münchner Runde vom 31.5.2023

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