18.12.2023, Berlin: Joachim Rukwied (l), Präsident des Deutschen Bauernverbandes, und Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, stehen während einer Demonstration des Deutschen Bauernverbandes unter dem Motto «Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss!» vor dem Brandenburger Tor auf der Bühne. Anlass sind die Pläne der Bundesregierung, den Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für die Land- und Forstwirtschaft zu streichen. Foto: Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, und Cem Özdemir (Grüne), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft.

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Bauernpräsident: Rechte Teilnehmer bei Protesten unerwünscht

Bauernverbandspräsident Rukwied will nicht, dass Rechte bei den Bauernprotesten der kommenden Woche mitmarschieren. Kurz vor der Protestwoche ruft der Bauernverband seine Leute zur Mäßigung auf. Ab Montag dürften Bauern viele Innenstädte lahmlegen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, hat rechte Gruppierungen von den geplanten Demonstrationen in der kommenden Woche ausdrücklich ausgeladen. "Rechte und andere radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten wollen wir auf unseren Demos nicht haben", sagte Rukwied im Boulevardblatt "Bild am Sonntag".

Rukwied: "Wollen friedlich und geordnet demonstrieren"

Rukwied distanzierte sich erneut von einer aggressiven Protestaktion gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Fährhafen Schlüttsiel in Schleswig-Holstein: "Aktionen wie in Schüttsiel schaden unseren politischen Anliegen. Wir wollen in der kommenden Woche friedlich und geordnet demonstrieren", bekräftigte der Bauern-Präsident und verscheucht damit die Geister, die er womöglich selbst gerufen hat. "Rechte und andere radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten wollen wir auf unseren Demos nicht haben", sagte Rukwied.

Am 18. Dezember war er selbst es, der mit einer emotionalen Drohrede die Menge in Berlin anstachelte. Damals schimpfte er gegen die Sparmaßnahmen der Ampelkoalition: "Wenn diese beiden Maßnahmen nicht gestrichen werden, und zwar ersatzlos gestrichen werden, dann kommen wir wieder! Nicht nur nach Berlin. Dann werden wir ab dem 8. Januar überall präsent sein. In einer Art und Weise, wie es das Land noch nicht erlebt hat!"

Im Netz träumen seither viele von einem "Generalstreik", der die Ampel zum Rücktritt zwingen soll. Die Bauernverbände versuchen einzufangen: "Auf das Schärfste" distanziere man sich "von Schwachköpfen mit Umsturzfantasien, Radikalen sowie anderen extremen Randgruppen und Spinnern, die unsere Aktionswoche kapern und unseren Protest für ihre Anliegen vereinnahmen wollen", heißt es in einer Stellungnahme des Deutschen Bauernverbandes.

Bauernverband ruft zur Mäßigung auf

Mit Spannung wird nun erwartet, wie aggressiv die Bauernproteste ab Montag ausfallen werden. Allein bayernweit sind in Innenstädten und auf Straßen zahlreiche Aktionen mit tausenden Traktoren geplant. Das Zurückrudern der Bundesregierung bei den zunächst geplanten Sparmaßnahmen hat den Druck keineswegs vom Kessel genommen. Die Streichung der Befreiung von der Kfz-Steuer für die Landwirtschaft ist vom Tisch. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll nunmehr in drei Jahresschritten erfolgen. Doch das reicht den Bauern nicht. Die Vorschläge seien "nach wie vor indiskutabel", sagt Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV). "Wir werden erst ruhen, wenn beide Vorschläge zu 100 Prozent zurückgenommen sind."

Özdemir: "Wir sind nicht erpressbar"

Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) antwortete auf die Frage, ob er den Landwirten weiter entgegenkommen könne, am Freitagabend im ZDF-"Heute Journal": "Nein, denn das müsste gegenfinanziert werden." Zugleich unterschied Özdemir zwischen einem legitimen Protest von Landwirten und Aktionen wie am Donnerstagabend gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). "Wer jetzt glaubt, dass er die Politik erpressen kann, wer jetzt glaubt, mit Umsturzfantasien hier irgendwie Eindruck machen zu können, wird sehen, dass die Mehrheit unseres Landes und auch die Politik da sehr klar steht: Wir sind nicht erpressbar."

Kurz vor der Protestwoche rief der Bauernverband die Teilnehmer zur Mäßigung auf. Es dürfe keine Aktionen vor Privatwohnungen von Gesprächspartnern – also Politikern – oder persönliche Anfeindungen geben, appellierte der Verband am Samstag. "Demo-Symbolik wie Galgen, schwarze Fahnen oder andere Symbole extremistischer Gruppen lehnen wir entschieden ab!"

Merz: Blockade gegen Habeck Straftat wie Festkleben auf Straße

Auch CDU-Chef Friedrich Merz forderte die Landwirte dazu auf, bei ihren Protesten friedlich zu bleiben und sich nicht instrumentalisieren zu lassen. Merz schrieb am Samstag in einer E-Mail an seine Anhänger, alle, die protestieren wollten, sollten dies mit "Augenmaß und vor allem ohne Gewalt" tun. "Landwirte, Spediteure oder wer auch immer dürfen sich nicht instrumentalisieren lassen von Leuten und Gruppierungen, die den legitimen Protest missbrauchen, um das ganze System unseres Landes infrage zu stellen", schrieb Merz.

Merz schrieb, der gewaltsame Bauernprotest gegen Habeck gehe weit über den Einzelfall hinaus. Der CDU-Politiker nahm dabei auch Bezug auf Aktionen von Klimaaktivisten, die unter anderem Straßen blockiert und Kunstwerke beschmiert hatten: "Demonstrieren zu gehen, reicht offenbar niemandem mehr aus, es muss etwas hinzukommen, damit die Aufmerksamkeitsschwelle überhaupt erst erreicht wird, und dieses Etwas besteht mittlerweile ganz regelmäßig aus irgendeiner Form von Gewalt: der Erstürmung von Gebäuden, dem Festkleben auf Straßen, der Behinderung des Flugverkehrs, dem Beschmieren von Kunstwerken, aus Farbattacken auf nationale Symbole wie das Brandenburger Tor oder jetzt eben aus der gewaltsamen Behinderung eines Bundesministers." Dies alles seien Straftaten, die ein Rechtsstaat nicht dulden dürfe und die durch kein einziges wie auch immer geartetes Motiv zu rechtfertigen seien, so Merz.

Mit Informationen von epd.

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