Neue Planungen für den Bahnausbau - Bahnstrecke im Modell.
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2023 / Deutsche Bahn

Die Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing soll zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werden - jetzt wurden neue Planungen vorgestellt.

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Bahnausbau im Kreis Altötting: Was Kompromisse erschwert

Die Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing soll zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werden - schon seit Jahrzehnten. Jetzt hat die Bahn ihre Pläne für einen Zehn-Kilometer-Abschnitt im Kreis Altötting vorgestellt. Wie das aufgenommen wurde.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Auf einer Infoveranstaltung in Tyrlaching hat die Deutsche Bahn über den Bahnausbau zwischen München, Mühldorf und Freilassing informiert und die Pläne für einen Zehn-Kilometer-Abschnitt im Kreis Altötting vorgestellt. Die gesamte Strecke soll zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werden.

Austausch zum Zeitplan, Lärmschutz und Co

Aufsteller im Tyrlachinger Bürgersaal liefern einen Überblick zu den wichtigsten Themen, wie etwa Naturschutz, Hydro- und Geologie oder den Zeitplan. Über den Abend hinweg sind rund 100 Menschen gekommen. Vor allem Grundstückfragen und Lärmschutz sind gefragt. Diese Themen interessieren auch Matthias Meinlschmidt und Nadine Martinek. Vor einigen Jahren haben sie unweit der Bahnstrecke in einem Neubaugebiet gebaut und hören die Züge dort schon jetzt. Die Bahn betont, dass die neuen Elektroloks leiser seien als die alten Dieselloks, die derzeit noch auf der Strecke fahren.

Gespräche mit Grundstückseigentümern

Tonci Ujdur ist der Projektleiter des 10-Kilometer-Abschnitts in den Gemeinden Feichten, Kirchweidach und Tyrlaching. Seine Highlights sind etwa eine geplante Kurvenbegradigung in Feichten, ein neuer Haltepunkt in Kirchweidach und ein dreigleisiger Überholbahnhof in Tyrlaching. Ujdur spricht bei der Veranstaltung unter anderem mit Grundstückseigentümern, von deren Wald die Bahn einen Teil für ihre geänderte Streckenführung braucht. Bei ihnen hätte er sich in den nächsten Wochen sowieso gemeldet, mit den meisten Anwohnern entlang der Strecke habe er schon gesprochen, so Ujdur.

Anwohner: "Die Bahn baut so, wie sie möchte"

Die Bahn bemühe sich um Kompromisse, sofern der rechtliche Rahmen dies zulasse. Sie könnten es aber auch nicht allen recht machen, so Ujdur weiter. Wie zum Beispiel Anwohner Rainer Falke, der sich bei der Infoveranstaltung enttäuscht zeigte: "Die Bahn baut so, wie sie möchte. Da kann man sich sträuben oder protestieren. Ich glaub, dass das gar nichts bringt. Das ist meine Meinung." Er wolle bei sich im Garten eine Hecke wachsen lasse, weil in Kirchweidach kein Lärmschutz geplant sei. Die Bahn setzt dort auf "überwachte Gleise". Die werden geschliffen und öfter als normalerweise auf Unebenheiten überprüft, so soll der Zugverkehr leiser sein. Falke überzeugt das nicht.

Auch Matthias Meinlschmidt bleibt nach den Gesprächen mit den DB-Mitarbeitenden zum Lärmschutz skeptisch, weil die Züge schneller und öfter fahren und gleichzeitig der Wald wegen Umwelteinflüssen immer weniger werde und als Lärmschutz wegfalle. Nadine Martinek ist optimistischer: "Man sieht, es wird was gemacht. Die machen sich Gedanken und schauen, dass es im Einklang mit den Leuten passiert, und hören sich die Sorgen an."

Problem: Rechtliche Vorgaben lassen wenig Spielraum

Mehr Miteinander beim Großprojekt würde sich auch der Kirchweidacher Bürgermeister Robert Moser (CSU) wünschen. Er sieht die Schuld aber nicht bei der Bahn, sondern bei den rechtlichen Vorgaben. Durch die habe die Bahn keinen Spielraum, auf die Interessen der Gemeinden einzugehen. Das hätten die Bürgermeister entlang der Strecke auch schon im Verkehrsministerium und über die örtlichen Bundestagsabgeordneten angemerkt: "Alle sagen, wir schauen, was sich machen lässt, und dann wird weitergeplant wie immer", so Moser.

Viele Brücken belasten Gemeinden finanziell

Eine absolute Besonderheit auf der gesamten Bahnstrecke von Tüßling bis Freilassing und der Hauptgrund für die Sorgen der Bürgermeister sind die vielen Brücken: Alle paar 100 Meter steht eine, oft nur noch wenig von Autos befahren. Die Kosten für Straßenüberführungen tragen laut Eisenbahnkreuzungsgesetz die Gemeinden. Für den zweigleisigen Ausbau müssen viele Brücken erneuert werden.

Wie teuer das für die Gemeinden genau wird, steht noch nicht fest: "Die letzte Kostenschätzung, die wir als Gemeinde von den Vertretern der Bahn genannt bekommen haben, belief sich im Oktober 2022 auf drei Millionen Euro für eine Brücke. Das ist natürlich eine Summe, die die Gemeinde Tyrlaching nicht stemmen kann", erzählt der Tyrlachinger Bürgermeister Andreas Zepper (Freie Wählerschaft). Er und die anderen Bürgermeister würden sich deshalb um Förderungen bemühen, doch das sei alles unsicher.

Deutsche Bahn plant - bis 2035 soll Bau fertig sein

Unsicher ist auch noch, wann die Bahn tatsächlich bauen kann. Für den Abschnitt in Feichten, Kirchweidach und Tyrlaching ist der Baubeginn für 2029 angesetzt. 2027 sollen erste Umweltschutzmaßnahmen erfolgen. Doch das hängt auch noch vom Eisenbahnbundesamt ab. Die aktuelle Entwurfsplanung für den entsprechenden Abschnitt will die Bahn Anfang nächsten Jahres zur Genehmigung einreichen. Dann können alle Interessierten erneut ihre Anliegen vortragen, deshalb ist es im Interesse der Bahn, möglichst viel schon davor zu regeln. Andere Abschnitte der Gesamtstrecke ABS38 sind im Verfahren schon weiter, dort könnte bereits 2027 Baubeginn sein. Bis 2035 will die Bahn das gesamte Projekt abschließen.

Im Video: Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing soll ausgebaut werden

Zu sehen ist ein Streckenabschnitt der Zuggleise bei Tittmoning, der auch zweigleisig werden soll
Bildrechte: BR/ Katrin Nöbauer
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Das ist ein Teil der Gleise auf der Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing, der zweigleising ausgebaut und elektrifiziert werden soll

💡 Was steckt hinter dem Gesamtprojekt ABS28?

Das Großprojekt ABS38 betrifft die knapp 145 Kilometer von München über Mühldorf nach Freilassing und Burghausen. Der zweigleisige Ausbau in weiten Teilen und die durchgehende Elektrifizierung sind ein Mammutprojekt, das sich in der Vergangenheit immer wieder verzögert hat. Dadurch werden die Züge teils schneller, nämlich bis zu 160 km/h zwischen Tüßling und Freilassing, und sogar bis 200 km/h zwischen München und Ampfing. Höhere Geschwindigkeiten lassen laut Bahn die Kurven dort nicht zu. Vor allem die Unternehmen des Bayerischen Chemiedreiecks drängen auf den Start des Projekts für einen schnellen und sicheren Transport ihrer Produkte. Der internationale Fern- und Güterverkehr soll zudem schneller zwischen Paris und Budapest verkehren können. Es soll mehr Verkehr auf der Schiene statt auf der Straße stattfinden und die klimaschädlichen Dieselloks sollen durch Elektroloks ersetzt werden.

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