Einer Person wird aus dem Auto bei einer überschwemmten Unterführung geholfen. Starkregen hat in Nürnberg im August zu zahlreichen Einsätzen von Polizei und Feuerwehr geführt. Viele Keller und Tiefgaragen seien vollgelaufen, in Unterführungen seien Autos im Wasser stehen geblieben und Insassen eingeschlossen gewesen.
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Das Stichwort "Schwammstadt" bedeutet, Regenwasser möglichst langsam abfließen zu lassen, um so Überschwemmungen und Dürre zu mildern.

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Starkregen und Dürre: Kommunen auf dem Weg zur "Schwammstadt"

Um sich gegen den Klimawandel zu wappnen, sollen sich Kommunen zu sogenannten "Schwammstädten" entwickeln. Ein neues Kompetenzzentrum an der Hochschule Hof bietet dabei Hilfe und Beratung an.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

Das Stichwort "Schwammstadt" bedeutet, Regenwasser möglichst langsam abfließen zu lassen, um so Überschwemmungen und Dürre zu mildern. Das Interesse an diesem Thema ist in den vergangenen Monaten so groß wie an wenig anderen wissenschaftlichen Bereichen, sagte ein Sprecher der Hochschule Hof dem Bayerischen Rundfunk. Für die entsprechende Forschung fließen hohe Drittmittel. Die Hochschule Hof besitzt bereits ein Institut für nachhaltige Wassersysteme – das wird jetzt weiter ausgebaut.

Früher schien in Bayern Wasser unbegrenzt da zu sein

Die Zeiten haben sich geändert, betont der Vizepräsident des Landesamts für Umwelt, Richard Fackler: "Früher wollte man das Wasser möglichst schnell wegbringen", erinnert er sich. Das Land wurde kanalisiert: "Wir dachten, wir haben unbegrenzt Wasser zur Verfügung." Das sieht jetzt anders aus.

Oberfranken gehört zu den trockenen Regionen Deutschlands, das Hofer Land hat in den vergangenen Jahren Dürren erlebt. Andererseits rief der Landkreis Hof 2021 den Katastrophenfall wegen Starkregens aus. Die Gesamtregenmenge bleibt ungefähr gleich, aber verteilt sich unregelmäßiger über das Jahr. Es bildet sich weniger Grundwasser neu. Für die kommenden Jahrzehnte zeichnet sich eine Wasserknappheit ab. Der Freistaat plant, Trinkwasser über Fernleitungen vom Bodensee bis nach Oberfranken zu bringen. Da liege es nahe, zuerst möglichst viel vom eigenen Wasser zu nutzen, betont der Landrat von Hof, Oliver Bär (CSU).

Wie eine Kommune zur "Schwammstadt" wird

Eigentlich ist klar, was zu tun ist. Auch andere Städte, darunter Neu-Ulm, zeigen, wie es mit dem Prinzip der "Schwammstadt" besser geht: Weniger Boden versiegeln oder sogar Pflaster und Beton wieder zurückbauen. Regenwasser möglichst nicht durchs Klärwerk schicken, sondern in Flutmulden leiten. Die Städte so grün wie möglich machen. Flüsse und Bäche renaturieren.

Im Prinzip ist die Erkenntnis, dass Wasser möglichst nicht ungebremst abfließen soll, bei den Kommunen angekommen, hat eine Umfrage der Hochschule Hof ergeben. Es gibt allerdings noch ein Defizit bei der Umsetzung, resümiert der Leiter des Institutes für nachhaltige Wassersysteme an der Hochschule Hof, Günter Müller-Czygan, im Gespräch mit dem BR am Rande des Hofer Wasser-Symposiums im Landesamt für Umwelt. "Wir sind ja schon mal froh, dass mittlerweile erkannt wird, dass man diese Maßnahmen ergreifen muss", sagte er. Um den Kommunen dabei zu helfen, ins Handeln zu kommen, biete die Hochschule künftig Beratung an.

Neues Kompetenzzentrum soll helfen

Beratung und Vernetzung gehören zu den Aufgaben des neuen Kompetenzzentrums Schwammstadt an der Hochschule, das im Rahmen des Symposiums am Mittwoch offiziell gestartet ist. Die offizielle Langversion des Namens lautet "Kompetenz- und Transferzentrum nachhaltige Schwammstadt und -region". Dass es nicht nur um größere Städte geht, ist den Verantwortlichen an der Hochschule wichtig, sie netzwerken auch mit der Land- und Forstwirtschaft. Auch dort gibt es eine Reihe von Möglichkeiten: etwa Entwässerungsgräben quer zum Hang anlegen und das Wasser möglichst in Quellgebiete lenken, damit diese nicht versiegen.

Und auch in kleinen Städten und Gemeinden, wie in der 2.000-Einwohner-Stadt Schauenstein im Landkreis Hof, sind wirksame Maßnahmen möglich. Dort setzt der Bürgermeister beispielsweise auf sogenannte Schwammdächer. Die sollen bei Starkregen Wasser sammeln und langsam wieder abgeben, um die Abflusskanäle zu entlasten.

Wandel geht nur nach und nach

Allerdings sind viele dieser Maßnahmen aufwändig und bedeuten große Investitionen. Die können sich oberfränkische Kommunen kaum leisten, wenn es nicht sehr gut ausgestattete Fördermaßnahmen gibt. Und selbst dann tun sie sich mit ihrer beschränkten Verwaltungskapazität oft schwer, die nötigen Anträge schnell genug zu stellen. Günter Müller-Czygan von der Hochschule Hof plädiert deshalb weniger für große Sonderinvestitionen – sondern dafür, an das Zurückhalten von Wasser in Stadt und Land zu denken, wenn ohnehin gebaut werden muss. "Sowieso-Maßnahmen" nennt er das.

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