Infoveranstaltung für Wahlhelfer zu barrierefreien Wahlen im Berufsförderungswerk Veitshöchheim
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Infoveranstaltung für Wahlhelfer zu barrierefreien Wahlen im Berufsförderungswerk Veitshöchheim

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75 Vorschläge: So wird die Landtagswahl barrierefrei

Am 8. Oktober ist Landtagswahl: Bei einer Informationsveranstaltung für Wahlhelfer in Veitshöchheim wurde jetzt eine "Checkliste für barrierefreie Wahlen" vorgestellt. Denn immer noch stoßen Menschen mit Behinderung beim Wahlgang auf Probleme.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Eigentlich wollte Bayern ja in diesem Jahr barrierefrei sein. Das selbst gesteckte Ziel hat der Freistaat aber deutlich verfehlt. Auch was etwa barrierefreie Wahlen angeht: Immer noch kommen Menschen mit Behinderung an ihre Grenzen, wenn es zur Stimmabgabe geht.

Manuela Ziegler, selbst blind, schilderte ihre Erfahrungen: "Die Briefwahl ist für blinde Menschen nicht barrierefrei. Die Stimmzettel gleichen sich in fast allem, außer in der Farbe des Papiers. Eine Unterscheidung zwischen blau und weiß ist nicht möglich." Deshalb gehen Menschen mit Sehbehinderung eher in ein Wahllokal. Hierbei sei das Gefühl, dass Wahlhelfer vermittelten, "ganz wichtig, denn ich muss im wahrten Sinne des Wortes blind vertrauen können." Der Wahlgrundsatz einer geheimen Wahl, der im Grundgesetz niedergeschrieben ist, sei für einen blinden Menschen weder bei einer Briefwahl noch im Wahllokal gegeben.

Projektgruppe entwickelt Checkliste für barrierefreie Wahlen

Wie kann ein Wahllokal barrierefreier gestaltet werden? Und wie können Menschen mit Beeinträchtigung unterstützt werden? Diese Fragestellungen standen im Zentrum eines Informationsabends für Wahlhelferinnen und Wahlhelfer im Berufsförderungswerk (BFW), dem Bildungszentrum für blinde und sehbehinderte Menschen in Veitshöchheim (Landkreis Würzburg). Im Auftrag der Akademie Frankenwarte hatte sich ein inklusives Projektteam seit Mai mit Vertretern verschiedener Behinderteneinrichtungen mit der anstehenden Landtagswahl beschäftigt. Herausgekommen ist unter anderem eine Checkliste für die barrierefreie Organisation und Durchführung von Wahlen. Die Checkliste wurde am Ende der Veranstaltung der Sozialreferentin der Stadt Würzburg, Hülya Düber (CSU), und der Vorsitzenden des Bezirkstags-Sozialausschusses, Eva-Maria Linsenbreder (SPD), überreicht.

75 Voraussetzungen und Vorschläge

Die Checkliste ist lang und umfasst 75 Vorschläge für eine möglichst barrierefreie Wahl. Das beginnt mit einer möglichst einfach formulierten, verständlichen Wahlbenachrichtigung. Hier könnten auch Piktogramme helfen. Bei Nachfragen sollten die Betroffenen einen Ansprechpartner haben, der ihre Fragen rund um die Wahl beantwortet, wenn möglich sogar in Gebärdensprache.

Die Wahllokale sollten barrierefrei erreichbar sein, auch mit dem Öffentlichen Nahverkehr. Für Menschen mit Gehbehinderung oder im Rollstuhl sollten Rampen und Aufzüge vorhanden sein. Der Weg zum Wahllokal soll gut beschildert und mit Piktogrammen versehen sein. Bei viel frequentierten Wahllokalen schlägt die Projektgruppe spezielle Blinden-Lotsen und einen Shuttleservice für mobilitätseingeschränkte Menschen vor.

Wahlhelfer als Hilfspersonen in der Wahlkabine

Um eine möglichst große Barrierefreiheit im Wahllokal zu gewährleisten, umfasst die Checkliste eine Vielzahl von Vorschlägen: Angefangen von farbigen Markierungen an Türen, Tischen und den Wahlurnen bis hin zu induktiven Höranlagen für Hörgeschädigte. Um das Ausfüllen des Wahlzettels zu erleichtern, sollten Lupen und Schablonen bereitgestellt werden. Die Wahlkabinen sollten gut ausgeleuchtet sein. Eine Fußbank und auch Armaufleger sollten vorhanden sein – für amputierte und kleinwüchsige Menschen. Wünschenswert wäre die Bereitstellung einer abhörsicheren Kabine für Blinde und Sehbehinderte, die sich akustisch beim Ausfüllen des Wahlzettels helfen lassen – vom Smartphone oder direkt von einer Hilfsperson. Die Organisatoren des Infoabends betonten, dass es sich bei der Hilfsperson auch um einen Wahlhelfer handeln kann (Landeswahlordnung § 46).

Für die Wahlhelfer gab es schließlich Verhaltenstipps für den Umgang mit Wählern, die körperlich oder geistig eingeschränkt sind. So sollen sie die Wählerinnen und Wähler direkt ansprechen und nicht ihre Assistenz. Die Wahlhelfer sollen auf mögliche Hilfsmittel hinweisen oder selbst Hilfe anbieten. Im Umgang mit Menschen mit Höreinschränkung ist es wichtig, dass die Wahlhelfer langsam, deutlich und in normaler Lautstärke sprechen – und ihrem Gegenüber in die Augen blicken, sodass Mimik und Gestik gut zu erkennen sind.

"Bedürfnisse von Behinderten werden nicht mitgedacht"

"Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an Wahlen", betonte Christine Haupt-Kreutzer, die beim BFW die Ausbildungsteams leitet und zum Projektteam gehört. Die Checkliste solle Politiker und Verantwortliche auf die Herausforderungen dieser Wählergruppierung sensibilisieren, denn "leider werden deren Bedürfnisse nach wie vor kaum oder gar nicht mitgedacht", so die stellvertretende Würzburger Landrätin (SPD).

Würzburgs Sozialreferentin Hülya Düber betonte, man müsse die Anstrengungen zum Erreichen barrierefreier Wahlen weiter intensivieren. "Ein ausschließlicher Verweis auf die Briefwahl ist nicht ausreichend, da dies keine echte und gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen darstellt."

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