Landender Helikopter und Retter von der Bergwacht in den Allgäuer Hochalpen
Bildrechte: BR/Luis Trautmann

Sommerlehrgang der Bergwacht in den Allgäuer Hochalpen

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

100 Jahre Bergwacht Allgäu: So wird man Bergretter

Sie helfen, wenn Bergsteiger in Not sind: Die Männer und Frauen der Bergwacht im Allgäu. Dafür trainieren sie viel und absolvieren eine anstrengende Ausbildung. Etwa in den Allgäuer Hochalpen bei Bad Hindelang.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

1846 Meter über dem Meeresspiegel liegt das Prinz-Luitpold-Haus in den Allgäuer Hochalpen. Die Hütte des Alpenvereins ist eine Woche lang das Zuhause der 23 Anwärterinnen und Anwärter, so nennt man in der Bergrettung die Auszubildenden der Bergwacht. Bei ihrem Sommerlehrgang lernen sie wichtige Grundlagen für die Rettung von Wanderern und Bergsteigern. Neu für alle: Die Arbeit mit dem Hubschrauber.

Ausbilder Markus Albrecht steht neben Luis Trautmann und gibt ihm letzte Anweisungen für die Übung mit dem Helikopter. Der 30-Jährige von der Bergwacht Immenstadt muss sich den Hubschrauber mit Handzeichen selbst herlotsen und dann auch das Kommando geben für den Start. Ein bisschen aufgeregt ist er dabei schon: "Kribbelt ein bisschen, aber das gehört dazu und ist cool." Es geht ums richtige Auf- und Abwinschen. Das ist der Fachausdruck dafür, sich mittels Seilwinde vom Hubschrauber aufnehmen beziehungsweise absetzen zu lassen.

Bergrettung mithilfe von Hubschrauber: Der Ablauf muss sitzen

Das A und O der Übung heute ist, den Windenhaken zu erwischen und sich dann auch noch richtig anzuhängen. Eine Sache, die man bei allen theoretischen Vorkenntnissen und auch den Übungen am Simulator, erst am Berg wirklich lernen kann. "Den starken Wind der Rotorblätter und den Lärm, den muss man erleben", erklärt Peter Ellmann vom Ausbildungsteam. Der sogenannte Downwash des Helis zerrt an der Kleidung, zwingt die jungen Männer und Frauen teilweise sogar in die Knie. Miteinander reden ist wenige Meter unterhalb des Hubschraubers kaum möglich. Nur Handzeichen funktionieren. Nach dem Einklinken, Daumen hoch. Der Heli der Bundespolizei steigt auf.

Aufregung vor dem Trainingsflug

Das Training findet etwas unterhalb des Prinz-Luitpold-Hauses statt. Zwischen Felsen, Schneefeldern und frühlinghaftem Grün. Die Anwärter werden immer zu zweit etwa 100 Meter weit geflogen und wieder abgesetzt. Dann sind die nächsten dran. Gut sechs Stunden trainiert die Gruppe am Helikopter. Die meisten finden es klasse. "Aufgeregt waren sie vorher aber alle", verrät Peter Ellmann. Nach einer kurzen Feedback-Runde auch durch die Piloten und Operatoren der Bundespolizei, mit denen sie im Notfall als Bergretter auch einmal zusammenarbeiten könnten, dreht der Heli ab.

Trainingsszenario: abgestürzte Person finden und retten

Für die Anwärter und Anwärterinnen geht es fast nahtlos mit der nächsten Übung weiter. Sie müssen einen Einsatz vorbereiten. Szenario: Jede der drei Gruppen soll eine abgestürzte Person finden, retten und sicher abtransportieren. Dafür braucht es eine Strategie und das passende Equipment. Frank Stockhorst aus Sonthofen ist für seine Gruppe zum Einsatzleiter bestimmt worden. Er muss seinen Kollegen also sagen, was zu tun ist. "Man versucht alles im Überblick zu halten. Aber die Jungs sind gut, ich vertraue denen, wir haben das gemeinsam kurz erarbeitet, die Aufträge sind verteilt. Ich denke, das wird gut."

  • Bergunfälle: Sturz beim Wandern Ursache Nummer 1

Neben Praxis- auch Theorie-Unterricht

Mit einer großen Portion Kässpatzen im Bauch marschieren die Einsatztrupps los. Eine gute halbe Stunde werden sie wohl brauchen, um den Verletzten zu finden. Inzwischen ist es Abend. Neben solchen praktischen Übungen erwartet die Allgäuer Bergwacht-Anwärter und Anwärterinnen aber auch Theorie-Unterricht: Infos zu alpinen Gefahren, Orientierung oder Wetterkunde stehen meist morgens auf dem Stundenplan.

Übungsabbruch wegen Gewitter

Die Wetterkunde, die haben Frank und seine Einsatzgruppe noch während der Übung brauchen können. Im strömenden Regen kommen sie ohne Gebirgstrage zurück. Eine Gewitterwalz hat die Übung vorzeitig beendet. "Das war dann leider zu gefährlich." Und weil die Trage aus Metall ein Blitzableiter sein könnte, haben sie sie kurzerhand am Wegesrand festgemacht und stehen lassen. Sie müssen sie morgen wieder zurückholen.

Mehrtägige Lehrgänge im Allgäu sind Ausnahme

Die mehrtägigen Lehrgänge im Sommer und Winter der Bergwacht Allgäu – also der Bergwachten von Oberstaufen bis Füssen, von Oberstdorf bis sogar nach Neu-Ulm – sind einzigartig in Bayern. Oft findet die Ausbildung des Nachwuchses nur direkt vor Ort in den Bereitschaften statt. Diesen zusätzlichen Aufwand nehmen die Allgäuer aber gerne in Kauf. Anwärter Luis Trautmann sagt: "Das ist ja wie ein Hobby, ich beschwere mich auch nicht, wenn ich zum Klettern gehe."

Zwei Drittel bestehen Prüfung

Neben den Lehrgängen gehören natürlich auch im Allgäu viele Übungen und Einheiten in den Bereitschaften vor Ort zur Ausbildung der Bergwacht. Darüber hinaus müssen die Frauen und Männer zwei Eignungstests absolvieren, wenn sie Bergretter werden wollen: im Klettern und Skifahren. Die praktische und theoretische Prüfung des Sommerlehrgangs haben am Ende mehr als zwei Drittel der Anwärter und Anwärterinnen bestanden. Sie können bald selbst als Einsatzkräfte in die Allgäuer Berge ausrücken.

Frauen und Männer stehen im Kreis und besprechen ihren Einsatz
Bildrechte: BR/Katharina Reichart
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Die angehenden Bergretter werden gut auf ihre Einsätze vorbereitet.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!