Die Venus ist kein blauer Planet, obwohl sie auf dieser Darstellung blau erscheint. Es handelt sich dabei um eine Falschfarbenaufnahme im ultravioletten Bereich des elektromagnetischen Spektrums, aufgenommen von der ESA-Raumsonde Venus Express im Jahr 2007.
Bildrechte: ESA/MPS/DLR-PF/IDA

Gilt auch als böser Zwilling der Erde: unser Nachbarplanet Venus. Wolken aus Schwefelsäure umhüllen die Venus, hier in Falschfarben dargestellt.

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Zu wenig Wasser: Leben in Venus-Wolken unmöglich

Unser Nachbarplanet Venus ist von Wolken aus ätzendem Schwefelgas umhüllt. Könnte es dort trotzdem Leben geben? Eine neue Studie kommt zu einem eindeutigen Schluss.

Die Venus ist unser Nachbarplanet und auf den ersten Blick sogar noch erdähnlicher als der rote Planet Mars. Immerhin ist sie fast genauso groß wie die Erde. Allerdings steht sie im Gegenteil zum Mars noch nicht einmal unter Verdacht, auf ihrer Oberfläche lebensfreundliche Bedingungen zu bieten. Die Oberflächentemperaturen sollen rund 440 Grad Celsius betragen, der Spitzname der Venus könnte auch lauten: der böse Zwilling der Erde.

Allerdings erregte vor einigen Monaten ein Forschungsartikel große Aufmerksamkeit. Dessen Autoren wollten in der Atmosphäre der Venus Hinweise auf mögliche biologische Aktivität gefunden haben, das Molekül Phosphan nämlich. Zwar werden diese Forschungsergebnisse angezweifelt. Aber die Frage bleibt: Wäre es prinzipiell möglich, dass die Venus in ihren Wolken eine lebensfreundliche Umgebung bieten könnte? Ein neuer Forschungsartikel, der im Fachmagazin „Nature Astronomy“ erschienen ist, kommt nun zu einem eindeutigen und vielleicht ernüchternden Schluss. Die Antwort lautet „nein“.

Extremophile Organismen auf der Erde sind an für uns lebensunfreundliche Bedingungen angepasst

Um eines gleich klar zu machen, die Forscherinnen und Forscher begaben sich nicht auf die Suche nach etwaigen Venusianerinnen oder Venusianern. Stattdessen gingen sie von der einzigen Form von Leben aus, das wir als Erdbewohnerinnen und -bewohner kennen: den biologischen Aktivitäten auf, über und unter der Erdoberfläche. Denn auf der Erde gibt es Extremophile zuhauf. Extremophile sind Mikroorganismen, die mit für uns extremen Bedingungen zurechtkommen und gedeihen. Hohe Temperaturen, extrem saure Umgebung, extrem niedrige Temperaturen, kein Sauerstoff oder Radioaktivität? Kein Problem. Für uns mögen diese Extremophilen wie irdische Außerirdische daherkommen. Für die Suche nach Leben auf anderen Planeten machen sie klar, unter welchen Bedingungen Leben möglich sein könnte.

Leben unter lebensfeindlichen Bedingungen auf der Erde

Eines brauchen allerdings auch diese Organismen zum Überleben. Es ist die Grundvoraussetzung allen Lebens, das wir kennen: Wasser. Und von genau diesem Wasser gibt es in den Wolken der Venus nicht genug, als dass irgendeine Art extremophiler Organismus dort überleben könnte.

In den Wolken der Venus gibt es viel zu wenig Wasser

Das Team um John Hallsworth von der Queen’s University Belfast untersuchte dafür den Parameter der Wasseraktivität in verschiedenen Planeten wie Venus, Mars und Jupiter. Dieser Parameter gibt nicht nur an, wie viel Wasser absolut vorhanden ist, sondern wie viel davon für Organismen verfügbar wäre. Man kann es sich wie eine Art relative Luftfeuchtigkeit vorstellen. Nun bestehen die Wolken der Venus zwar größtenteils aus Tröpfchen ätzender Schwefelsäure, aber prinzipiell ist dort Wasser vorhanden. Die Forscherinnen und Forscher fanden aber heraus, dass dieses verfügbare Wasser bei Weitem nicht für uns bekanntes Leben ausreicht. Es bräuchte dort mehr als hundertmal so viel Wasser, damit selbst die an die trockensten Bedingungen der Erde angepassten Organismen dort auch nur den Hauch einer Chance hätten. Das Gleiche gilt für Mikroorganismen, die gut mit extrem säurehaltigen Umgebungen klarkommen.

Diese Ergebnisse beruhen nicht auf Simulationen oder Modellen, sondern auf Messungen, die Raumsonden in der Atmosphäre der Venus gemacht haben. Es ist wenig überraschend, dass ätzende Schwefelwolken keine lebensunfreundliche Umgebung bieten. Nun aber hat man Klarheit. Leben in Venuswolken ist unmöglich – zumindest, wenn man dabei von Leben ausgeht, dessen grundlegender Aufbau und Stoffwechsel auch nur irgendwie dem ähnelt, das wir auf der Erde kennen.

Die Wolken des Gasriesen Jupiter liefern eine Überraschung

Eine kleine Überraschung gab es allerdings. Hallsworth und seine Kollegen untersuchten auch die Wasseraktivität der Jupiterwolken. Die Wolken des Jupiter sind 1995 bereits von der Galileo Jupiter Atmospheric Entry Probe der US-Weltraumagentur NASA untersucht worden. Ausgerechnet die Wolken dieses Gasriesen im äußeren Sonnensystem sind lebensfreundlicher als die der Venus. Es gibt dort wohl genügend Wasser. Jupiter könnte demnach eine bessere Umgebung für erdähnliches Leben sein als unser böser Zwilling Venus, obwohl das natürlich nur für den Grundparameter des Wassers gilt. Ob sich Leben dort entwickeln könnte und wie dieses ausschauen könnte, ist völlig unklar.

Drei geplante Missionen zur Venus: Unser böser Zwilling bleibt spannend

Nun ist es sehr viel einfacher, einen Planeten als lebensunfreundliche Umgebung zu deklarieren als das Gegenteil zu zeigen. Während die Wasseraktivität in den Wolken des Jupiters eine spannende Randnotiz des vorliegenden Forschungsartikels bleiben muss, scheint für Venus der Fall klar zu sein. Höchstwahrscheinlich gibt es dort kein erdähnliches Leben, weder auf ihrer Oberfläche noch in ihren Wolken.

Trotzdem besteht derzeit großes wissenschaftliches Interesse an der Venus. Die NASA plant zwei Missionen dorthin. Auch die ESA gab kürzlich bekannt, eine Mission namens „EnVision“ zu unserem bösen Zwilling starten zu wollen. Denn die grundlegende Frage, warum Venus und Erde, diese zwei eigentlich so ähnlichen Planeten, sich so unterschiedlich entwickelt haben, ist noch lange nicht beantwortet.

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