Ein Rotfuchs (Vulpes vulpes) läuft am hellichten Tag über eine Straße neben parkenden Autos in ein Wohngebiet im Südwesten der Hauptstadt.
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Rotfüchse liefen schon vor der Pandemie durch Straßen von Großstädten. Während der Corona-Lockdowns hat ihre Zahl aber zugenommen.

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Lockdown: Was Wildtiere in der Pause vom Menschen gemacht haben

Während der Corona-Lockdowns waren die Aktivitäten der Menschen plötzlich stark heruntergefahren. Welche Auswirkungen diese Schutzmaßnahme auf die Tierwelt hat, dazu erheben Forscher Daten. Aus ihnen lässt sich für die Zukunft lernen.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Für Wildtierforscher war und ist die weltweite Pandemie mit ihren Lockdowns wie ein riesiges Experiment: Was passiert, wenn sich die Menschen zurückziehen, wenn sie ihre Aktivitäten einschränken, den Verkehr auf ein Minimum zurückfahren? Wie reagieren die tierischen Bewohner der Erde darauf?

Matthias Loretto von der Technischen Universität München hat dazu mit Kolleginnen und Kollegen weltweit Daten gesammelt und konnte feststellen: Viele Tiere haben ihr Verhalten während der Lockdowns zum Teil kurios verändert, aber längst nicht alle Arten haben von der Ruhe auf den Straßen und in der Natur profitiert.

Was machen Tiere während des Lockdowns? Hilfe durch GPS-Sender

Schon zu Beginn der Pandemie haben der Biologe Matthias Loretto und sein Team das Verhalten von Tieren während des Lockdowns erforscht. Und immer noch sammeln Forscher im Rahmen der "Covid-19 Bio-Logging Initiative" in verschiedenen Arbeitsgruppen weltweit Daten von mehr als 140 Tierarten in über 240 Populationen und werten sie aus.

Daten sammeln trotz eines Lockdowns - möglich machen das kleine GPS-Sender, mit denen viele Wildtiere auf der Welt schon seit vielen Jahren ausgestattet sind. Die Forscher um Loretto erhalten so Daten von 10.000 besenderten Tieren und mehr als einer Milliarde GPS-Punkten. Wie die GPS-Sender funktionieren, zeigt der Link hier, mit dem sich die Bewegungen eines im Yellowstone-Nationalpark umherstreifenden Kolkraben verfolgen lassen.

Welche Tiere vom Lockdown profitiert haben

Pumas, Füchse, manche Vögel und sogar Haie und Wale haben ihre Routen im Lockdown geändert. So waren Wildtiere in dieser Zeit häufiger in Städten zu sehen. 80 Prozent der in einer großen US-amerikanischen Studie beobachteten Vögel hielten sich vermehrt in der Nähe von Straßen und Flughäfen auf. Und Wale und Haie schwammen während des Lockdowns in Gegenden, die sie sonst wegen des Lärms durch Schiffe oder Bohrungen gemieden hatten.

Bei einem Vogel waren die Auswirkungen besonders drastisch. Die Dachsammer, ein Singvogel, passte ihren Gesang, der sie für die Weibchen attraktiver macht, an die Ruhe des Lockdowns an. "In der Stadt unter normalen Bedingungen müssen sie lauter singen, sonst werden sie nicht gehört. Und das verbraucht so viel Energie, dass sie die Strophen nicht so häufig wiederholen können. Und jetzt, wo es plötzlich ruhig war, haben die städtischen Vögel wieder so gesungen wie die auf dem [ruhigeren] Land", erklärt der Verhaltensbiologe Loretto. Auch ist die Zahl der überfahrenen Wildtiere während des Lockdowns zurückgegangen.

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Ändert ihren Gesang im Lockdown: die Dachsammer, ein Singvogel.

Tauben und Ratten: die Verlierer der Lockdowns

Trotzdem sind nicht alle Tiere Gewinner der Lockdowns. Ratten und Tauben zum Beispiel sind es in normalen Zeiten gewohnt, heruntergefallene Essensreste zu fressen. In Lockdown-Zeiten mussten sie hingegen mehr Zeit für die Futtersuche aufbringen. Bei ihnen ist daher ein im Vergleich zu anderen Tieren entgegengesetztes Verhalten zu beobachten. "Bei einer Krähenart in Australien hat man herausgefunden, dass sie plötzlich viel mehr Zeit am Strand verbringt. Normalerweise sind sie mehr in der Stadt zu finden", bestätigt Loretto.

Tiere im Lockdown: Was bringen die gesammelten Daten?

Die Daten, die Loretto und seine Kollegen von Tieren während des Lockdowns gesammelt haben, sollen aber nicht nur das Verhalten der Tiere in ruhigeren Zeiten dokumentieren. Die Daten aus dem unfreiwilligen Experiment "Tiere im Corona-Lockdown" könnten auch dabei helfen, die Tiere künftig besser zu schützen.

Dann zum Beispiel, wenn die Daten erkennen, wo spezielle Schutzzonen eingerichtet werden sollten, in denen Wildtiere zumindest temporär ungestört sind. Oder wo Zäune als Schutz vor dem Straßenverkehr für sie sinnvoll sind. Angesichts des großen Artensterbens wäre es wichtig, Wege zu finden, wie der beschränkte Platz auf der Erde allen Bewohnern zur Verfügung stehen kann.

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