1. Stimmt die Behauptung, wenn wir uns jetzt auf einen Schlag alle vegan ernähren würden, dann wäre das ein Problem, weil weltweit nicht genügend Ackerflächen zur Verfügung stehen würden, um alle Menschen und den derzeitigen Bestand aller Nutztiere zu ernähren? Denn die Tiere würde man dann ja nicht schlachten, sondern eines natürlichen Todes sterben lassen und bis dahin bräuchten alle was zu fressen…
"Alle auf einen Schlag vegan ernähren" ist rein hypothetisch. In vielen Diskussionen ist vom Jahr 2050 die Rede, aber auch das ist ja ein reines Gedankenexperiment. Da wäre vorher noch genug Zeit, alle Tiere aufzuessen. Die mittlere Lebenszeit unserer Nutztiere ist relativ kurz. Kühe , die 25 Jahre alt werden, sind die Ausnahme, aber kein Durchschnittswert. Wenn alle Menschen ihre Ernährung auf vegan umstellen würden, gäbe es innerhalb kürzester Zeit keine Nutztiere mehr. Denn kaum jemand würde Hühner, Schweine oder Rinder halten, ohne sie zu nutzen.
2. Stimmt die Behauptung, Schlachtnebenprodukte wie Leder, Knochenleim oder Wolle müssten dann durch künstlich hergestellte Alternativen ersetzt werden?
Ja, stimmt. Das müsste man alles aus Kunststoff machen. Wie schlecht da die Ökobilanz wäre, hat unseres Wissens noch niemand berechnet. Aber schon heute gibt es kaum noch Lederschuhe und Naturleim. Zu teuer, zu unpraktisch.
3. Stimmt die Behauptung, durch die Haltung von Wiederkäuern werden große Teile der landwirtschaftlichen Nutzflächen erst für den Menschen nutzbar? Wir können kein Gras verdauen, Rinder und Schafe dagegen schon? Menschen und Tiere konkurrieren gar nicht um Nahrungsmittel?
Stimmt und stimmt nicht! Eine direkte Nahrungskonkurrenz mit den Menschen besteht nur, wenn Nutztiere mit Ackerkulturen gefüttert werden - also mit Getreide, Mais oder Soja. Folgt man den Zahlen der Oxford-Studie, dann würden weltweit durch Verzicht der Erzeugung von Nutztieren 19 Prozent des Ackerlandes, auf dem Tierfutter produziert wurde, frei. Regional ist das allerdings sehr unterschiedlich, in Deutschland wird der überwiegende Teil des Ackerlandes zur Tierfutterproduktion genutzt. Aber: Rund zwei Drittel der weltweit gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche sind Grasland, also Wiesen und Weiden und werden durch Wiederkäuer (Rinder, Schafe, Ziegen) genutzt. Dadurch entstehen Lebensmittel wie Milch und Fleisch, die allerdings mit relativ hohen Treibhausgasemissionen belastet sind. Allerdings werden Rinder nicht nur mit Gras gefüttert, sondern auch mit Ackerkulturen. Schweine, Hühner, Enten und Gänse fressen kein Gras!
4. Stimmt die Behauptung, ohne Tierhaltung würde Dünger für den Ackerbau fehlen?
Stimmt, tierischer würde fehlen und müsste zum Teil durch künstlich hegestellten Mineraldünger hergestellt werden. In Deutschland ist der Grundansatz im Biolandbau: geschlossene Kreisläufe. Der klassisch ökologisch wirtschaftende Betrieb hat Tierhaltung oder eine Kooperation mit Tierhaltern. Bei Demeter ist Tierhaltung sogar vorgeschrieben. Aber: Alle veganen Lebensmittel können auch ohne organische Wirtschaftsdünger aus der Nutztierhaltung erzeugt werden. Man würde dann synthetisch hergestellte Dünger verwenden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, durch Kleegras oder den Anbau von Leguminosen Stickstoff in den Boden zu bringen. Auch Gründüngung ist möglich, das heißt: Erntereste am Feld liegen lassen.
5. Stimmt die Behauptung, Tiere sind wichtig, um Ernterückstände und Nebenprodukte zu verzehren – die würden sonst zu einer Umweltbelastung werden?
Falsch. Ernterückstände und auch Nebenprodukte sind Wertstoffe und keine Umweltbelastung. Erntereste, die am Acker bleiben, fördern den Humuserhalt und die Bodenfruchtbarkeit. Sie können auch in alternativen Verwertungslinien, zum Beispiel in Biogasanlagen, eingesetzt werden.
6. Stimmt die Behauptung, durch vegane Ernährung könnte man weniger Menschen ernähren, weil nur die Erträge von 10 bis 20 Prozent der Flächen genutzt werden könnte?
Stimmt nicht. Bei Verzicht auf Nutztierhaltung ständen weltweit alle Ackerflächen für die Erzeugung veganer Lebensmittel zur Verfügung, also nicht nur 10 bis 20 Prozent der Flächen. Regional kann es natürlich sein, dass die Fläche auf nahe Null schrumpft (reine Weideregionen). Nicht genutztes Potenzial wären Grünlandflächen, die auch als Acker genutzt werden können. Fraglich ist allerdings, ob es ökologisch sinnvoll ist, Weideflächen in Ackerland umzubrechen. Bei nachhaltig hohen pflanzlichen Erträgen und Minimierung von Ernteverlusten kann man rechnerisch sicher die Welt ernähren. Für Menschen in den Weideregionen sind solche theoretischen Rechenlösungen allerdings wenig überzeugend.
7. Stimmt die Behauptung, dass Fleischesser mehr Emissionen verursachen als Veganer?
Laut Bundesumwelt stimmt das. Die Behörde bietet im Internet einen an: Dort gibt es Schätzungen, wie sich verschiedene Lebensstile auf die durchschnittlichen Emissionen in Deutschland auswirken. Wer sich fleischbetont ernährt, produziert pro Jahr 2,2 Tonnen CO2. Wer sich mit Mischkost ernährt, produziert 1,8 Tonnen, ein Vegetarier 1,3 Tonnen und ein Veganer 1,1 Tonnen.
Die Antworten wurden in Zusammenarbeit mit Prof. Heinz Flessa, Leiter des Instituts für Agrarklimaschutz beim Thünen-Institut verifiziert.