Braunkehlchen-Männchen mit Futter im Maul - die Vogelart leidet besonders unter der intensiven Landwirtschaft.
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Werden immer weniger: Vögel, die auf Ackern leben, wie das Braunkehlchen im Bild.

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Studie: Landwirtschaft ist Haupttreiber des Vogelrückgangs

Seit 1980 ist die Zahl der Vögel in Europa um ein Viertel gesunken. Hauptgrund dafür sei die Ausweitung der intensiven Landwirtschaft, so eine jetzt veröffentlichte Studie. Neu ist das nicht - nur belegen es diesmal Daten aus mehreren Jahrzehnten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Ohne einen schnellen Umbau der Landwirtschaft stehe das "Schicksal der europäischen Vogelpopulationen" auf dem Spiel, warnen die Autorinnen und Autoren einer jetzt im Fachmagazin "PNAS" veröffentlichten Studie. Und sie haben wohl allen Grund dazu. Die Zahl der Vögel in Europa ist laut ihrer Untersuchung seit 1980 um ein Viertel zurückgegangen. Der wesentliche Grund dafür sei die Ausweitung der intensiven Landwirtschaft mit dem verstärkten Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln, so die Analyse der Forschenden.

Vögel in Europa: Forscher sammelten Daten von 1980 bis 2016

Für ihre Studie hatte das internationale Forscher-Team betrachtet, wie sich 170 Vogelarten von 1980 bis 2016 an 20.000 Standorten in 28 Ländern entwickelt haben. Außerdem untersuchten die Wissenschaftler für jedes der 28 Länder vier potenzielle Stressfaktoren für Vögel: die Ausweitung der Landwirtschaft mit hohem Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln, die Urbanisierung, die Änderung der Bewaldung und steigende Temperaturen.

Heraus kam: Die Anzahl der Vögel nahm im untersuchten Zeitraum um ein Viertel ab. Vögel, die in Agrarlandschaften leben - so wie zum Beispiel der Vogel des Jahres 2023, das Braunkehlchen, litten besonders. Ihre Zahl reduzierte sich sogar um 57 Prozent.

Fazit der Studie: Intensive Landwirtschaft stresst Vögel am meisten

Bei den vier untersuchten Stressfaktoren ergab sich laut der Analyse der Forschenden folgendes Bild: Die Ausweitung der Landwirtschaft wirkte sich mit Abstand am stärksten auf die Vogelzahlen aus. Auch die Urbanisierung hatte auf die Anzahl der Tiere einen negativen Effekt.

Er war allerdings geringer als derjenige, der durch die intensive, mit Pestiziden und Düngemitteln forcierte Landwirtschaft hervorgerufen wurde. Und: Die durch den Klimawandel steigenden Temperaturen schadeten besonders den Arten, die kalte Temperaturen bevorzugen, kamen aber anderen zugute. Ein Fazit, das erstaunte: Trotz größerer Waldflächen ging die Zahl der im Wald lebenden Vögel um fast ein Fünftel zurück.

Studie zum Vogelrückgang - das sagen Experten

Angesichts der jetzt veröffentlichten Ergebnisse mahnen Experten zu weniger intensiver Landwirtschaft und mehr Vogelschutz. "Wir sollten weniger intensiv wirtschaften. Vor allem müssen wir von dem hohen Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden wegkommen", sagt Christian Hof vom Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie, Department für Ökologie und Ökosystemmanagement der Technischen Universität München (TUM), anlässlich der Veröffentlichung der Studie.

Außerdem erfüllten Vögel vielfältige Funktionen, betont der Wissenschaftler. "Sie halten Ökosysteme intakt, indem sie die Insekten im Wald und in der Landwirtschaft im Zaum halten. Sie spielen eine Rolle bei der Samenausbreitung von Bäumen, Sträuchern und anderen Pflanzen." Sie hätten aber auch einen ästhetischen Wert. So konnte laut Hof in verschiedenen Studien des Senckenberg Instituts nachgewiesen werden, dass es Menschen in Gebieten mit mehr Vögeln besser geht. "Das heißt, Biodiversität und insbesondere Vogeldiversität tragen dazu bei, dass Menschen sich gesundheitlich wohler fühlen", sagt Hof.

Dass auch die Anzahl der in Wäldern lebenden Vogelarten trotz Zunahme von Waldflächen abgenommen haben, ist für Katrin Böhning-Gaese, Direktorin vom Senckenberg Biodiversität- und Klima-Forschungszentrum der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN), nur dadurch zu erklären, dass zwar die Fläche zugenommen habe, aber die Qualität der Wälder schlechter geworden sei. "Für gesunde Vogelpopulationen in Wäldern brauchen wir alte Wälder, mit alten Bäumen, vielen Stockwerken, Baumlücken und vor allem viel Totholz. Solche Wälder bieten viel mehr Nischen und Nahrung als Monokulturen", erklärt die Biologin.

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