Schlepper ziehen im Jahr 2018 das neue Kreuzfahrtschiff Aidanova aus der überdachten Werfthalle der Meyer-Werft
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Das Kreuzfahrtschiff Aidanova fährt seit 2018 mit Flüssigerdgas über die Weltmeere.

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Flüssigerdgas als Treibstoff für Schiffe schadet dem Klima

Aus den Schornsteinen großer Schiffe quillt meist dichter schwarzer Rauch. Um den Schadstoffausstoß zu verringern, setzen einige Reedereien auf Flüssigerdgas. Doch das schadet dem Klima anscheinend noch mehr als herkömmlicher Treibstoff.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Flüssigerdgas, auch LNG (liquefied natural gas) genannt, scheint eigentlich der ideale Treibstoff zu sein, um die Schifffahrt umweltfreundlicher und klimaschonender zu machen.

"Es ist quasi kein Schwefel im Erdgas. Bei der Verbrennung entstehen auch so gut wie keine Partikel- oder Feinstaubemissionen und die Stickoxide können um etwa 80 Prozent reduziert werden. Zusätzlich ist es bei Erdgas so, dass aufgrund der Molekülzusammensetzung circa 25 Prozent weniger CO2 bei der Verbrennung entsteht als bei einer Dieselverbrennung." Gunnar Stiesch, Leiter der Motorenentwicklung bei MAN Energy Solutions, Augsburg

Derzeit fahren nur zwei bis drei Prozent der Schiffe mit Flüssigerdgas über die Weltmeere. Bei neuen Schiffe werden laut Stiesch jedoch bereits 20 bis 30 Prozent mit Erdgas-Antrieb bestellt. Gut für das Klima ist das aber nicht unbedingt, denn der Hauptbestandteil von Erdgas ist Methan. Wenn ein Schiff Erdgas als Treibstoff nutzt, gelangen geringe Mengen des Gases in die Atmosphäre. Doch Methan hat einen rund 80 Mal stärkeren Effekt auf das Klima als die gleiche Menge CO2, wenn man die Auswirkungen über einen Zeitraum von zwanzig Jahren hinweg betrachtet.

Methan - das aggressive Treibhausgas

Der International Council on Clean Transportation (ICCT, "Internationaler Rat für sauberen Verkehr") hat in einer Studie verglichen, wie hoch die klimaschädlichen Emissionen bei unterschiedlichen Treibstoffen sind. Bereits bei der Rohstoffförderung werden Treibhausgase frei, beim Erdgas besonders viel vom leicht flüchtigen Methan. Es gibt zwar einen gewissen Ausgleich, weil beim Verbrennen von Methan weniger Kohlendioxid entsteht. Doch auch die Schiffsmotoren stoßen im Betrieb Methan aus, wenn sie das Gas nicht komplett verbrennen. Letztlich kommen die ICCT-Wissenschaftler zu dem Ergebnis: Wenn Schiffe mit Gasbetrieb fahren, entstehen 70 bis über 80 Prozent mehr klimaschädliche Emissionen als bei herkömmlichem Schiffsdiesel als Treibstoff.

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Nur in wenigen deutschen Häfen können Schiffe wie hier in Rostock mit Flüssigerdgas betankt werden.

Technische Verbesserungen für weniger Treibhausgas

Der Methan-Ausstoß der Flüssigerdgasmotoren ist für die Entwickler der Schiffsmotoren ein altbekanntes Phänomen.

"Damit das Methan vollständig verbrennen kann, benötigt man eine sehr hohe Flammen-Temperatur. Diese ist in der Mitte des Brennraums gegeben. Zum Rand des Brennraums hin wird es aber kälter. Da kann es dazu kommen, dass die Flamme erlischt. Und wenn diese Flamme erlischt, bleibt unverbranntes Methan, unverbrannter Kraftstoff übrig, der sich dann im Abgas wiederfindet." Gunnar Stiesch, Leiter der Motorenentwicklung bei MAN Energy Solutions, Augsburg

Weltweit versuchen Ingenieure, dieses Problem in den Griff zu bekommen. In den vergangenen Jahren konnten sie die Methanemissionen bei den besonders anfälligen Vier-Takt-Ottomotoren um etwa 50 Prozent reduzieren. Eine andere Form des Brennraums, Regelungstechnik oder Katalysatoren sollen den Methanausstoß weiter reduzieren.

Flüssigerdgas kann klimafreundlich sein - in Grenzen

MAN baut bereits Zwei-Takt-Schiffsmotoren, die mit einem Hochdruck-Brennverfahren arbeiten und dadurch im Erdgasbetrieb fast gar kein Methan freisetzen. Schiffe mit Flüssiggas können also durchaus klimafreundlich sein - jedenfalls mit dem richtigen Motor, sagt Bryan Comer, einer der Autoren der ICCT-Studie. Auch wenn sich die Vorteile laut ICCT-Berechnungen in Grenzen halten.

"Unsere Studie hat ergeben, dass der maximale Treibhausgas-Vorteil durch Flüssigerdgas bei höchstens 15 Prozent liegt, wenn man diese Technologie nutzt, die allerdings die teuerste ist. Und das gilt auch nur, wenn man die langfristigen Klimakonsequenzen dieses Treibstoffs betrachtet." Bryan Comer, Forschungsleiter für den Schifffahrtsbereich beim ICCT

Vergleicht man das Treibhauspotenzial über einen kürzeren Zeitraum, schmilzt dieser Vorteil aber wieder dahin. Die ICCT-Autoren kommen deshalb zu dem Schluss, dass man bei Schiffsantrieben lieber auf andere Technologien setzen sollte, um Treibhausgase einzusparen, etwa Windunterstützung oder leistungsstarke Batterien.