Dunkle Honigbiene sitzt auf einer Löwenzahnblüte.
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Dunkle Honigbienen waren in Deutschland heimisch, bis sie von Carnica-Bienen verdrängt wurden. Forscher wollen die seltenen Arten retten.

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Europas erste Genbank für Honigbienen

Die Vielfalt der Honigbienen ist bedroht. Wissenschaftler sammeln deshalb von seltenen Bienen wertvolles Genmaterial für eine erste Genbank der Honigbienen. Die Gen-Proben sollen als Notfallreserve für die Zukunft dienen.

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Die Dunkle Honigbiene war bis Mitte des 19. Jahrhunderts die einzige ihrer Art nördlich der Alpen. Sie entwickelte sich als eine Unterart der Westlichen Honigbiene. Heute wird sie in Deutschland kaum noch gezüchtet und gilt als Rarität. Knapp zwei Prozent sogenannter "Dunkler Bienenvölker", die aus anderen Ländern wieder reimportiert wurden, bestäuben noch deutsche Wildpflanzen, Obst oder Gemüse. Die Kärntner Honigbiene, "Apis mellifera carnica", die ursprünglich südlich der Alpen beheimatet war, hat die Dunkle Honigbiene "Apis mellifera mellifera" immer mehr verdrängt.

"Die Carnica-Biene war züchterisch einfach schon sehr weit und hat sich dann sehr stark durchgesetzt, weil sie auch relativ sanftmütig ist und relativ schwarmträge. Deshalb war jeder mit ihr zufrieden und die Dunkle Biene ging immer weiter zurück. In Deutschland geht das so weit, dass es kein einziges, wirklich auf deutschen Beständen beruhendes, dunkles Volk mehr gibt." Dr. Jakob Wegener, Agrarwissenschaftler Länderinstitut für Bienenkunde, Hohen Neuendorf, Brandenburg

Klimawandel und Schädlinge bedrohen Bienenzucht

Aber auch die genetische Vielfalt der Carnica-Honigbiene nimmt bereits ab. Pestizide, Schädlinge, wie die Varroa-Milbe, fehlende Nahrungsquellen durch Monokulturen und der Klimawandel machen den Bienen immer mehr zu schaffen. Die Honigbiene ist das kleinste, aber drittwichtigste Nutztier nach Rindern und Schweinen. Verschwindet ihre Vielfalt, dann wird es für Bienenvölker immer schwieriger gegen Schädlinge anzukämpfen.

"Es gibt immer wieder neue Parasiten, neue Herausforderungen, auch durch das sich wandelnde Klima. Und wir können darauf nur reagieren, wenn die Eigenschaften unserer Bienen genauso vielfältig sind wie die Herausforderungen." Dr. Jakob Wegener, Länderinstitut für Bienenkunde

Artenvielfalt bei Honigbienen erhalten

Dunkle Honigbienen sind robuster gegenüber Krankheiten und Temperaturschwankungen. Selbst kalte Winter überstehen sie leichter als andere Arten wie die Carnica-Honigbiene, die auch als Südbiene bezeichnet wird. Ein Geheimtipp mancher Berufsimker ist die Buckfast-Biene. Gezüchtet wurde sie in England aus Dunklen und Italienischen Honigbienen. Erste Buckfast-Bienen kamen Anfang des 20. Jahrhunderts nach Deutschland. Buckfast-Bienen gelten als weniger schwärmend, fleißiger und widerstandsfähiger als die Carnica-Honigbienen. Bienenforscher versuchen inzwischen immer mehr, den Erhalt der natürlichen Bienenpopulationen in ihren jeweiligen Regionen zu unterstützen. Es geht nicht darum, die eine Art gegen die andere auszutauschen.

Erste Genbank für widerstandsfähige Honigbienen

Um die Artenvielfalt der Bienenvölker für die Zukunft zu retten, sammelt der Agrarwissenschaftler Jakob Wegener vom Länderinstitut für Bienenkunde in Hohen Neuendorf Gen-Proben von seltenen Honigbienen aus ganz Deutschland und angrenzenden Ländern. Das Länderinstitut für Bienenkunde möchte die erste europaweite Genbank für Honigbienen erstellen. Entscheidende Frage für die Wissenschaftler ist dabei, welche Populationen vorrangig erhalten werden sollen. Auch seltene Bienenrassen wollen sie vor dem Aussterben retten. Mit gentechnischen Verfahren könnten sie dann zukünftig widerstandsfähige Varianten züchten.

Kälteschlaf für wertvolles Gen-Material

Die Gen-Proben werden bei -196 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff aufbereitet. Diese sogenannte "Kryokonservierung" garantiert genetische Ressourcen für die Zukunft. Das Gen-Material kann damit für einen längeren Zeitraum aufbewahrt und später trotzdem wieder verwendet werden. Die Forscher sammeln dafür weibliche und männlichen Bienen. Bei den männlichen Bienen, den Drohnen, wird unter dem Mikroskop das Sperma entnommen und dann in einen Kälteschlaf versetzt. Die Wissenschaftler müssen dabei auf die Qualität der Spermien achten, denn sie sollen in Zukunft die wertvollen Eigenschaften der jeweiligen Art weitergeben. Die Arbeiterinnen dienen zur Bestimmung der jeweiligen Bienenrasse.

Genetische Ressource für die Zukunft

Bereits im Jahr 2016 wurde in Deutschland eine Genbank für landwirtschaftliche Nutztierarten am Friedrich-Loeffler-Institut aufgebaut. Neu hinzu kommt nun eine Genbank für das kleinste Nutztier der Welt. Bis zum Jahr 2021 wollen die Forscher bis zu 300 Bienenvölker erfassen. Unterstützt werden sie vom Bundeslandwirtschaftsministerium. Für Deutschland ist das ein erster Schritt. Doch es ist erst ein Anfang, denn die genetische Vielfalt der Honigbienen ist weltweit gefährdet. In Deutschland existieren etwa 870.000 Bienenvölker. Durch die Selektion auf ganz wenige Arten, wie die Carnica-Honigbiene, ist die genetische Vielfalt zurückgegangen.

"Weltweit sieht das aber noch viel dramatischer aus, weil die selektierten Bienen aus Deutschland und Österreich exportiert werden in alle Welt. Das heißt, sie verdrängen die Sub-Spezies, die Bienenrassen, die sehr gut angepasst sind an die lokalen Bedingungen. Und da ist unsere Genbank von entscheidender Bedeutung, denn die Genbank kann diese genetischen Ressourcen für die Zukunft erhalten." Prof. Kaspar Bienefeld, Leiter des Länderinstituts für Bienenkunde, Hohen Neuendorf

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