Eine Avocado wird von einer Hand gehalten
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Coating - Essbarer Überzug soll Verpackungsmüll vermeiden

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Coating - Essbarer Überzug soll Verpackungsmüll vermeiden

Einige Supermärkte in Deutschland verkaufen bereits Avocados und andere Früchte, die mit einer unsichtbaren Schutzhülle besprüht sind. Das sogenannte Coating soll Obst und Gemüse frisch halten und die üblichen Kunststoffverpackungen vermeiden.

Über dieses Thema berichtet: Gut zu wissen am .

Unter Coating versteht man das Ummanteln von verderblichen Lebensmitteln wie Obst und Gemüse mit einer hauchdünnen Schutzschicht, die nicht giftig ist. Das Verfahren macht Lebensmittel haltbarer und vermeidet den Einsatz von Kunststoff.

Coating bisher nur für Lebensmittel mit Schale

Zwei große Deutsche Lebensmittelhändler bieten derzeit Avocados, Orangen und Mandarinen mit einer Schutzschicht an, die direkt auf die Schalen aufgetragen werden. In Europa gibt es das Coating bisher nur bei Früchten, deren Schalen nicht gegessen werden. Dazu zählen auch Melonen, Ananas, Bananen, Papayas, Mangos, Avocados Granatäpfel und Zitrusfrüchte. Die Schutzschicht macht das Obst länger haltbar und hält Keime fern. Künftig sollen auch andere Obst- und Gemüsesorten mit der Schutzschicht besprüht werden.

Verpackungen machen Lebensmittel länger haltbar

Normalerweise werden verderbliche Nahrungsmittel in Plastik eingepackt und dadurch haltbarer gemacht. Das Gemüse hält das Wasser besser - dank Verpackung - und kommt mit möglichst wenig Luft in Berührung. So bleibt es länger frisch und sichert eine gesunde Ernährung. Das erscheint auch deshalb sinnvoll, weil weniger verdorbenes Obst und Gemüse weggeworfen werden muss. Das sichert weltweit die Ernährung der Menschen. Trotz allem landen 12 Millionen Tonnen Lebensmittel jährlich im Müll.

Coating könnte Plastikverpackungen ersetzen

Es besteht ein Dilemma: Obst und Gemüse sollten möglichst lange frisch und knackig bleiben, aber Verbraucher wollen kein Plastik mehr. Ein Ausweg könnte das Coating sein. Der geruchlose und geschmacksneutrale Überzug besteht aus essbaren Bestandteilen wie Fruchtzucker, pflanzlichen Öle oder Zellulose. Im Prinzip ließen sich sämtliche Lebensmittel damit besprühen.

Liquidseal - ein weiteres Beispiel für eine natürliche Schutzschicht

Liquidseal, also eine Tinktur aus flüssiger Seide, ist eine andere Möglichkeit, Blumen, aber auch Essbares länger haltbar zu machen. Die langkettigen Eiweißmoleküle der Seide - Fibroin genannt - sind wenig durchlässig für Sauerstoff und Wasserstoff. Fibroin verhindert also, dass Lebensmittel verderben. Außerdem wirkt es antibakteriell.

Auch eine dünne Wachsschicht könnte Plastikschalen ersetzen

Fast alle Apfelsorten bilden eine natürliche Wachsschicht auf der Schale aus. Sie dient als Schutz vor Fressfeinden wie Insekten und vor dem Austrocknen. In Deutschland dürfen Äpfel aber generell nicht noch zusätzlich gewachst werden. In einigen anderen Ländern ist das aber erlaubt. Diese gewachsten Äpfel dürfen auch bei uns verkauft werden, müssen aber klar gekennzeichnet sein. Allerdings ist bei Bio-Ware eine Behandlung mit Wachs bislang verboten.

Obst und Gemüse wird für den Verkauf vorverpackt

Laut Umweltbundesamt fallen in Deutschland über 18 Millionen Tonnen Verpackungsmüll pro Jahr an. Das sind statistisch gesehen über 220 Kilogramm pro Bundesbürger. Ein Grund dafür sind Kunststoff-Verpackungen bei frischem Obst und Gemüse - sprich Tüten, Folien, Netze oder Schalen mit und ohne Deckel. Besonders viel Verpackung haben frisch geschnittene Früchte und Salate in Plastikschalen.

Immer mehr Kunststoff statt Papier, Pappe oder Karton

Eine Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung im Auftrag des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) zeigt, dass der Anteil der Kunststoffverpackungen - trotz des gesteigerten Umweltbewusstseins der Bürger - nicht sinkt, sondern weiter ansteigt. Das heißt, Papier, Pappe oder Karton werden immer mehr durch Kunststoff ersetzt. Zwischen 2010 und 2016 haben Kunststoffverpackungen um 30 Prozent zugenommen. Nur zwei Prozente des Obstes und vier Prozent des Gemüses werden in Deutschland ohne Verpackung angeboten, so die NABU-Studie.

Bio-Obst und Gemüse im Supermarkt ist besonders oft verpackt

Gerade Bio-Ware in konventionellen Supermärkten ist häufig nur vorverpackt zu haben, da es laut der Unternehmen sonst an der Kasse zu Verwechslungen mit konventioneller Ware kommen könnte. Außerdem verlangt die EU, dass Bioprodukte besonders gekennzeichnet werden müssen. Also kommt das Bio-Obst und Gemüse oft in eine Plastikschachtel, auf der sich das Bio-Siegel gut sichtbar abdrucken lässt.

Natural Branding statt aufwendiger Verpackungen

Ein weiterer, möglicher Ausweg aus dem Verpackungswahn: das sogenannte Natural Branding. Dabei brennt ein Laserstrahl mit über 1.000 Grad Celsius ein Label in die oberste Schicht der Schale. Das geht nicht nur bei Früchten mit dicker Schale, sondern auch bei Äpfeln. Die Apfelschale ist so dünn, dass sie beim Lasern verbrennt und das Fruchtfleisch sichtbar wird. Aber die Hitze lässt das Fruchtfleisch an dieser Stelle karamellisieren, was es haltbar macht. Der Vorgang ist ungiftig. Der Apfel lässt sich also mit Siegel essen, was anfangs vermutlich etwas Überwindung kostet.

Branding von Gemüse
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Mit "Natural Branding" wird Gemüse direkt beschriftet.

NABU fordert Obst und Gemüse unverpackt zu verkaufen

Der NABU fordert Industrie und Handel auf, Obst und Gemüse regional zu erzeugen, auf kurze Wege zum Verbraucher zu achten und vor allem lose anzubieten – auch wenn sich Plastikschachteln besser transportieren und stapeln lassen. Für die länger anhaltende Frische könnten Imprägnierungen wie das Coating, Seidenproteine oder Wachs sorgen.

"Gerade bei Obst und Gemüse ist das Vermeidungspotenzial hoch, denn der Großteil der Ware ist robust genug, um lose angeboten zu werden. Das gilt auch für beispielsweise Möhren, Äpfel und viele Tomatensorten mit hohen Marktanteilen und hohem Verpackungsverbrauch. Bei Gemüse fällt fast die Hälfte der Verpackungsabfälle für Tomaten und Möhren an." NABU-Studie Vorverpackungen bei Obst und Gemüse aus dem Jahr 2017

Kritik am Coating

Verbraucherschützer warnen, dass sämtliche Methoden, Lebensmittel länger haltbar zu machen, auch dazu führen, dass die Produkte im Handel frischer wirken als sie eigentlich sind. Das könnte dazu führen, dass ihr Nährstoffgehalt sinkt, weil die Produkte mit Schutzschicht länger gelagert werden können. Außerdem sind Produkte mit Coating etwa doppelt so teuer wie ohne. Für diese Mehrkosten kommt bislang nicht der Supermarkt, sondern der Verbraucher auf. Die Methode könnte ein guter Ansatz sein, um Verpackungen zu vermeiden, bedarf aber noch einiger Nachbesserungen.