Deutschunterricht der 11. Klasse am Gymnasium Bruckmühl
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ChatGPT ist im Deutschunterricht der 11. Klasse am Gymnasium Bruckmühl bereits angekommen.

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ChatGPT - Wie verändert die KI den Deutschunterricht?

Wie Deutschunterricht in Zeiten von Chatbots und KI aussehen kann, dazu haben sich Wissenschaftler auf einer Tagung an der Universität München ausgetauscht. Wie aber sieht der Unterricht mit ChatGPT in der Praxis aus? Wir haben nachgefragt.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Auf den ersten Blick ist ChatGPT des Schülers bester Freund: Die Künstliche Intelligenz schreibt Aufsätze und macht Hausaufgaben. Doch seit der Chatbot im vergangenen November für die Öffentlichkeit freigeschaltet wurde, wird über Nutzen und auch Gefahren von ChatGPT an Schulen und auch in Sozialen Netzwerken heftig diskutiert. Im Mai hatte ChatGPT in einem Experiment des Bayerischen Rundfunks sogar das bayerische Abitur bestanden.

Chatbots längst Thema im Deutschunterricht

Tatsächlich ist ChatGPT nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Unterrichtspraxis der Schulen angekommen, zum Beispiel im Deutschunterricht einer 11. Klasse des Gymnasiums Bruckmühl. Hier beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit ihrer Deutschlehrerin Alexandra Eberhardt mit Gedichten. Konkret: Wie erkenne ich, ob Gedichte von einem Menschen oder einer Künstlichen Intelligenz (KI) geschrieben wurden? Nach einiger Zeit können die Gymnasiasten Muster erkennen: "Ich finde (in dem Gedicht) zweimal Zauber und auch oft das Wortfeld Magie. Das klingt, als hätte jemand eingetippt, schreib mir ein Gedicht mit dem Wortfeld Magie. Und dann hat es genau diese Wörter rausgezogen", sagt die Elftklässlerin Clara Atzinger. Es sei schon ein bisschen komisch, dass eine Künstliche Intelligenz besser Gedichte schreiben könne als sie selbst, meint die Schülerin. "Auch mit Metaphern und so, also richtig krass!"

Chatbots nicht vertrauenswürdig

Zugleich wird den Gymnasiasten zunehmend bewusst, dass sie Chatbots nicht restlos vertrauen können. "Wir sollten für ein Projekt im Fach Deutsch recherchieren und um es uns einfach zu machen, haben wir ChatGPT gefragt - auch nach den entsprechenden Quellen. Aber der Chatbot hat dann leider Quellen herausgegeben, in denen gar nichts zu dem Thema stand, sondern etwas anderes", sagt Schüler Sebastian Hau.

Auch bei kreativen Schreibprozessen kann ChatGPT den Schülerinnen und Schülern nicht das Wasser reichen. So hat Deutschlehrerin Alexandra Eberhardt mit ihrem Kurs zum Thema Rhetorik von der KI zwölf verschiedene Einleitungen für Reden schreiben lassen. "Die waren halt stinklangweilig. Also einfach nur Standard", sagt die Pädagogin. Sie habe den Schülern auf diese Weise zeigen können, dass man für eine gute Rede einen guten Aufhänger braucht, etwas Originelles, Einzigartiges. "Das hat die KI halt gar nicht gemacht. Und ich denke, die KI kann uns nutzen als Inspirationsquelle. Aber es muss eben klar sein, diesen individuellen Stil, den kann man mit der KI nicht generieren."

LMU-Konferenz "Deutsch GPT"

Durch KI wird der Unterricht in den Schulen also nicht überflüssig, aber Bewertungssysteme, Schul- und Hausaufgaben werden sich ändern müssen. Wie schnell und welche Chancen oder auch Risiken sich für den Unterricht durch ChatGPT ergeben, darüber diskutierten rund 90 Forschende und Lehrkräfte vergangene Woche auf der Konferenz "DeutschGPT" an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Einige Tendenzen zeichnen sich schon jetzt ab: Hausaufgaben als reine Schreibaufgaben wird es vermutlich bald nicht mehr geben, denn viele Schülerinnen und Schüler lassen sich zu Hause von ChatGPT die Arbeit abnehmen. Texte zu schreiben, wird also stärker im Unterricht geübt werden. "Es ist entscheidender, dass man jetzt erstmal, auch gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern, die Situation reflektiert. Das ist entscheidender, als dass man jetzt standardmäßig die Prüfungsformen umstellt und sagt, wir schreiben jetzt keine Aufsätze mehr, sondern lassen uns welche generieren und beurteilen die dann", sagt Michael Rödel, Professor für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der LMU.

BLLV will Entwicklung schnell aufgreifen

Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV), plädiert trotzdem dafür, dass Schulen sich heute schnell anpassen müssen. "Alles, was sich in dieser Gesellschaft entwickelt, im technischen Bereich, aber auch im sozialen oder im wirtschaftlichen Bereich, muss rein in die Schule", sagt die BLLV-Präsidentin. Deswegen müsse alles, was KI bedeute, alles, was ChatGPT und andere Möglichkeiten der Lernunterstützung bedeute, rein in die Schule. "Die Lehrkräfte wollen diese Entwicklung aufnehmen. Eigentlich würden wir wahnsinnig gerne mal voraus sein und nicht den Entwicklungen hinterher." Allerdings verbessert sich die Künstliche Intelligenz rasant, den Schulen bleibt nicht viel Zeit, sich darauf einzustellen.

Weiterhin wichtig - die Beziehung zwischen Schüler und Lehrkraft

Zurück ans Gymnasium Bruckmühl: Viele Schülerinnen und Schüler hier nutzen ChatGPT, um sich Zusammenhänge noch einmal einfach erklären zu lassen. Angst, dass der Chatbot sie irgendwann ersetzt, hat Deutschlehrerin Alexandra Eberhardt nicht. "Das Wesentliche ist immer noch die Beziehung zwischen Schüler und Lehrkraft und daran ändert sich nichts durch die KI."

Deutschunterricht und KI
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