Detail der Abwasserpumpe, das automatisch pro 90 Kubikmeter Wasser, das in die Kläranlage Chur gelangt, eine Abwasserprobe entnimmt-
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In Proben aus dem Abwasser lassen sich Drogen und andere chemische Substanzen sowie Krankheitserreger nachweisen.

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Mit Abwassermonitoring den Cannabis-Konsum kontrollieren

Die CSU hat ein bundesweites Abwassermonitoring gefordert, um den Konsum von Cannabis nach der geplanten Legalisierung zu überwachen. Wie funktioniert das Abwassermonitoring bei Drogen und welche Ergebnisse liefert es bereits jetzt?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Wir brauchen mehr Kontrolle, damit Deutschland nicht zur Kiffernation Europas wird", sagte der Fraktionschef der CSU, Klaus Holetschek, im bayerischen Landtag und forderte ein bundesweites Abwassermonitoring. Beim Abwassermonitoring (Monitoring: systematische Überwachung) werden Proben aus dem Abwasser von Kläranlagen oder Einrichtungen wie Krankenhäusern genommen und untersucht, um Spuren bestimmter Substanzen aufzuspüren.

Gesucht wird zum Beispiel nach Rückständen oder Abbauprodukten von Drogen, Medikamenten und Chemikalien. Auch nach Krankheitserregern wird gefahndet, um Ausbrüche von Infektionskrankheiten früh zu erkennen und deren Verbreitung in der Bevölkerung vorherzusagen. In Bayern werden beispielsweise weiterhin an etlichen Orten Abwasserproben genommen und auf das Coronavirus SARS-CoV-2 untersucht.

Abwassermonitoring ist anonym und umfassend

Abwasserproben verraten auch einiges über den Drogenkonsum in einer bestimmten Stadt oder Region. Die Analyse erlaubt es Behörden und Gesundheitsexperten, besser zu erkennen, wie verbreitet der Konsum von Cannabis und anderen Drogen ist. Daraus lässt sich auf das Ausmaß des illegalen Handels schließen und das kann helfen zu entscheiden, ob mehr für Prävention und Aufklärung getan werden soll. Der große Vorteil von Abwassermonitoring ist: Der Drogenkonsum der Bevölkerung lässt sich damit umfassend ermitteln, denn jede und jeder nimmt daran teil. Zudem ist die Methode anonym, denn niemand muss Angaben zum individuellen Drogenkonsum machen. Damit besteht auch keine Gefahr, dass unangenehme Fragen möglicherweise falsch beantwortet werden.

Abwassermonitoring liefert allerdings keine Informationen darüber, wer die nachgewiesenen Drogen wie häufig konsumiert und welchen Reinheitsgrad diese haben. Zudem gibt es Unsicherheiten bei den Messungen und Berechnungen, zum Beispiel, wie sich die Substanzen im Abwassersystem verhalten.

Abwassermonitoring untersucht Drogenkonsum in Städten Europas

Auch die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA, European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction), eine Agentur der Europäischen Union, nutzt Abwassermonitoring. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurden 2022 die Abwässer von 104 europäischen Städten aus 21 Ländern (20 EU-Länder und Türkei) analysiert, um das Drogenkonsumverhalten der Einwohner zu untersuchen. In Kopenhagen, Valencia, Nikosia, Lissabon und vielen anderen Städten wurden je eine Woche lang täglich Abwasserproben in Kläranlagen genommen. Damit ließen sich Abwasserproben von rund 54 Millionen Menschen auf Spuren von Kokain, Amphetamin, Methamphetamin, MDMA/Ecstasy, Ketamin und Cannabis untersuchen. Letzteres wurde besonders häufig in Städten in der Tschechischen Republik, in Spanien, den Niederlanden und Portugal konsumiert.

Die Abwasserproben verrieten auch, wann konsumiert wurde. Bei "Partydrogen" wie Kokain, Ketamin und MDMA wurden rund um das Wochenende (Freitag bis Montag) mehr Rückstände nachgewiesen. Bei den anderen drei Drogen, darunter Cannabis, waren die Werte im Abwasser gleichmäßiger über die Woche verteilt.

Abwasserproben geben Hinweise auf Drogenmarkt

Abwassermonitoring kann anzeigen, ob in einem bestimmten Gebiet ungewöhnlich viel oder wenig einer bestimmten Droge konsumiert wird. Hohe Mengen in den Abwasserproben können ein Indiz sein, dass es auch einen entsprechend großen Markt für die jeweilige Substanz gibt. Umgekehrt lässt sich auch der Effekt von Maßnahmen gegen den Konsum von Drogen messen: Wenn die Werte in den Abwasserproben sinken, nimmt vermutlich auch das Angebot ab.

Dieser Artikel ist erstmals am 14. März 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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