Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und die Gesellschaft der Epidemiologischen Krebsregister (GEKID) haben Patientendaten aus den USA mit deutschen Berichten seit 1975 bis zum Jahr 2015 zu verglichen. Am 9. September 2020 hat das DKFZ auf die Studie hingewiesen.
Brustkrebs in den USA häufiger als in Deutschland
Brustkrebs tritt in den USA generell häufiger auf als in Deutschland. Das gilt laut aktueller Studie für alle Altersgruppen. Im Alter über 70 Jahren gibt es in den USA 19 Prozent mehr Brustkrebsfälle als hierzulande.
Brustkrebs-Diagnose in Deutschland oft zu spät
Bei den älteren Patientinnen über 70 Jahre ist es so, dass die Erkrankung in Deutschland erst spät erkannt wird. Und zwar zu 29 Prozent erst im Krebsstadium III und IV. In den USA werden lediglich die Hälfte der Fälle, also 15 Prozent, so spät erkannt. Der Großteil der Betroffenen in den USA bekommt die Diagnose früher, was die Heilungschancen erhöht.
"Die Hauptursache für die erhebliche Differenz dürfte die spätere Einführung und die geringere Inanspruchnahme des Mammographie-Screenings in Deutschland sein. Die Ergebnisse unterstreichen einmal mehr, wie wichtig Vorsorge und Früherkennung für eine verbesserte Krebsbekämpfung sein können." Hermann Brenner, Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft in Heidelberg
Brustkrebs häufigste Krebsart bei Frauen
Laut Robert-Koch-Institut erkranken jährlich 69.000 Frauen an Brustkrebs in Deutschland. Etwa eine von acht Frauen ist im Laufe ihres Lebens mit dieser Erkrankung konfrontiert. Auch ein Prozent der deutschen Männer sind von Brustkrebs betroffen, also etwa 700 Männer pro Jahr erkranken.
Mammographie-Screening für Frauen bis 69 Jahre
Das Mammographie-Screening im Rahmen der Brustkrebs-Früherkennung wurde in Deutschland je nach Region zwischen den Jahren 2005 und 2009 eingeführt. Frauen können an dieser Maßnahme alle zwei Jahre teilnehmen. Vorgesehen ist ein Alter zwischen 50 und 69 Jahren. Seither entwickeln sich die Sterberaten für Frauen bis 69 Jahren günstig. Experten empfehlen, auch älteren Frauen den Zugang zur Brustkrebs-Vorsorge zu ermöglichen.
"Das Ergebnis der Studie ist, dass die Brustkrebsfrüherkennung in den hohen Altersklassen in den Vereinigten Staaten intensiver durchgeführt wird und dass dadurch der Anteil der fortgeschrittenen Tumoren sinkt. So verbessert sich auch das Überleben der Betroffenen nach fünf oder zehn Jahren." Alexander Katalinic, Epidemiologe an der Universität Lübeck
Auch Frauen über 70 sollten zur Brustkrebs-Vorsorge gehen
Derzeit ist es Frauen in Deutschland bis zum Alter von 69 Jahren möglich, auch ohne Anzeichen einer möglichen Erkrankung zum Mammographie-Screening zu gehen. Die Europäische Kommission empfiehlt, dass Frauen bis 74 Jahre dazu aufgefordert werden sollten. Die WHO hält die Vorsorgemaßnahme bis zum Alter von 75 Jahren für sinnvoll.
"Man muss genau abwägen: Natürlich gibt es auch Überdiagnosen und eine Übertherapie bei möglichem Brustkrebs. Trotzdem überwiegt selbst im Alter über 70 Jahren der Nutzen den möglichen Schaden, vor allem, wenn Seniorinnen ansonsten fit und gesund sind." Alexander Katalinic, Epidemiologe an der Universität Lübeck
Andere europäische Länder gehen beim Screening voraus
Nicht nur die USA, auch in den Niederlanden, Österreich oder Frankreich ist es üblich, dass Frauen jenseits der 70 zum Mammographie-Screening gehen.
"In Holland beispielsweise gehen die Frauen bis zum Alter von 75 Jahren zum Mammographie-Screening. In Österreich gibt es das Angebot jenseits des 70. Lebensjahres, weiterhin teilzunehmen. In Frankreich ist es ist die Altersgrenze 74 wie auch in einigen Regionen in Italien." Alexander Katalinic, Epidemiologe an der Universität Lübeck
Tastuntersuchungen der Brust bringen wenig
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Tastuntersuchungen nicht dazu beitragen, die Sterblichkeit zu senken. Sie erhöhen bestenfalls die Sensibilität der Frauen, auf ihre Brust zu achten. Deshalb erscheint es Experten sinnvoll, dem Mammographie-Screening einen höheren Stellenwert einzuräumen, um Brustkrebs frühzeitig zu erkennen.
"Es gibt in Europa eine große Diskussion darüber, dass man diese starren Altersgrenzen von 50 bis 69 Jahren fürs Mammographie-Screening erweitert. Übrigens nicht nur nach oben, sondern auch in die jüngeren Altersklassen hinein." Alexander Katalinic, Epidemiologe an der Universität Lübeck
Ärzte plädieren dafür, das biologische und nicht das kalendarische Alter der Frauen in den Vordergrund zu rücken und die starre Altersgrenze für ein Brustkrebs-Screening abzuschaffen.
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