laggen der Europäischen Union wehen im Wind vor dem Europa-Gebäude.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Arne Immanuel Bänsch

Das mittlerweile 13. Sanktionspaket gegen Russland hat die EU beschlossen. Die Erfolge sind überschaubar.

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Russland-Sanktionen: Wirkung umstritten

Soeben haben EU und USA mit neuen Sanktionspaketen auf die russische Aufrüstung reagiert, die anscheinend unvermindert weitergeht. Welchen Einfluss die bisherigen Sanktionen auf die russische Wirtschaft haben, darüber wird gestritten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Vor zwei Jahren, am 24. Februar 2022, ist Wladimir Putin mit seinen Truppen in die Ukraine einmarschiert. Gegen Russland wurden umgehend Finanz- und Wirtschaftssanktionen verhängt von bisher nicht gekanntem Ausmaß.

So schlossen die Notenbanken der westlichen Länder Russland von der Weltwirtschaft weitgehend aus, riesige Vermögen wie von der russischen Notenbank in Moskau wurden eingefroren, aber auch von Privatpersonen, die zum Teil nicht mehr einreisen dürfen in die EU oder in die USA. Dennoch konnte Russland sein Öl weiter an China, Indien und weitere verbündete Länder verkaufen und mit diesen lebhaften Handel treiben.

Verbotslisten für Russland-Sanktionen betreffen nur einige Produkte

Verboten für den Export nach Russland sind insbesondere Militärgüter, Dual-Use-Produkte, die sich sowohl zivil als auch militärisch nutzen lassen, High-Tech-Produkte wie Chips, die für Waffen wichtig sind wie für deren Herstellung. Darunter fallen Spezialmaschinen vor allem aus Deutschland, einige Chemikalien, aber auch Luxusgüter. Aus Russland sollen kein Öl, kein Stahl, kein Gold und keine Diamanten sowie kein Holz mehr importiert werden. Für verflüssigtes Erdgas (LNG) macht die EU aber eine Ausnahme sowie für Öl, das angeblich nur aus Kasachstan stammen soll.

Russische Wirtschaft wächst angeblich weiter – wegen der Kriegsproduktion

Die mit den Sanktionen verbundenen Erwartungen haben sich nicht erfüllt, sonst hätte zum Beispiel die EU ihre Sanktionen nicht bis heute ein Dutzend Mal nachschärfen müssen. Der Alltag für die russische Bevölkerung hat sich wohl grundlegend verändert, darauf hat die EU-Kommission in dieser Woche erneut zur Verabschiedung ihres dreizehnten Sanktionspakets hingewiesen. Die Kriegsproduktion läuft unterdessen auf vollen Touren.

Problem1: Die meisten Wirtschaftsgüter sind von den Sanktionen ausgenommen

Bei näherer Betrachtung können zum Beispiel zahlreiche deutsche Firmen fast unvermindert ihre Geschäfte in Russland weiterbetreiben, weil ihre Produkte dort von den Sanktionen gar nicht betroffen sind. Nur so ist es zu erklären, dass Metro und Bayer nach wie vor Lebensmittel, Konsumgüter für den privaten Gebrauch und auch Medikamente und Düngemittel liefern dürfen. Aus Bayern wären an erster Stelle zu nennen: der Sportartikelhersteller Adidas, der Gips- und Baustoffhersteller Knauf, einige Tochterfirmen von Siemens und die Hochland Gruppe mit ihren Molkereiprodukten, um nur einige zu nennen. Sie lassen wie die weitaus meisten der Auslandsfirmen in Russland ihre Investitionen dort einfach weiterlaufen.

So heißt es zum Beispiel in einer Erklärung vom Maschinenbauverband VDMA zu zwei Jahren russischer Angriffskrieg:

"Der VDMA unterstützt die Sanktionen der EU gegen Russland. Aber der Einfluss von Wirtschaftssanktionen auf die russische Fähigkeit zur Kriegsführung ist begrenzt. Mit wochenlangen Diskussion über die Lieferung bestimmter Waffensysteme sendet die Politik die falschen Signale an Russland. Europa braucht mehr Entschlossenheit." Karl Haeusgen, Präsident VDMA

Problem 2: Russland kommt nach wie vor an westliche Kriegs-Technologie

Haeusgen spielt auf den Streit um den Marschflugkörper Taurus an, den Deutschland nicht an die Ukraine liefert. Unterdessen erhält auch Russland nach wie vor Bauteile für Waffen aus westlicher Produktion. 95 Prozent aller ausländischen Teile in russischen Waffen, die auf den Schlachtfeldern gefunden werden, stammten nicht etwa aus China, Iran oder Nordkorea, sondern vom Westen. Das berichtet die ukrainische Kviv School of Economics.

72 Prozent von diesen ausländischen Waffenteilen gingen dem Bericht zufolge auf US-Hersteller zurück. 2023 hätte Russland, wohl meist auf Umwegen über benachbarte GUS-Staaten sowie vor allem über die Türkei, trotz aller Exportkontrollen modernes Kriegsgerät im Wert von rund acht Milliarden Euro eingeführt. Eine bessere Durchsetzung der Sanktionen sei deshalb wichtig, um die russische Kriegsführung zu schwächen, heißt es in Kiew.

Sanktionen auch für Handelspartner Russlands?

Der Tod des russischen Regimekritikers Alexei Nawalny zur Münchener Sicherheitskonferenz hat die EU und die USA zu einer weiteren Verschärfung der Wirtschaftssanktionen veranlasst. Diesmal soll es auch Länder und Unternehmen treffen, die Russland seit Kriegsbeginn verstärkt helfen.

So werden westliche Güter über benachbarte GUS-Länder in Zentralasien geliefert - eben auch für Waffensysteme. Einiges an Elektronik wurde über Firmen in der Türkei eingeschleust. Iran versorgt Putins Armee vor allem mit Kampfdrohen, Nordkorea mit Munition. Der wichtigste Handelspartner Russlands ist dem ifo Institut zufolge aber China mit einem Anteil von 51 Prozent. Die Importe aus China sollen in der Regel nicht auf den Listen der sanktionierten Wirtschaftsgüter stehen.

Dennoch warnen die USA chinesische Banken vor der Export-Finanzierung solcher Geschäfte. Der Zahlungsverkehr zwischen China und Russland wurde teilweise eingeschränkt. Das erinnert an den Ausschluss der russischen Banken gleich zu Beginn des Ukraine-Kriegs. Feststeht, dass Putin inzwischen massiv aufrüstet und große Teile der Produktion auf Kriegswirtschaft umgestellt hat. Das kann möglicherweise dazu führen, dass die russische Rüstungsindustrie künftig nicht mehr so stark auf westliche Importe angewiesen ist.

Im Video: Sanktionen gegen Russland wirkungslos? Possoch klärt!

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