Erich Schulz und sein Sohn warten eine Wärmepumpe
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Erich Schulz und sein Sohn warten eine Wärmepumpe

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Handwerk – zwischen Bürokratie und vollen Auftragsbüchern

Wer einen Handwerker braucht, muss oft lange warten. Gleichzeitig jammern viele Betriebe. Wie passt das zusammen? Auch auf der Handwerksmesse, die heute in München beginnt, wenden sich die Unternehmen wieder an die Politik und fordern Entlastungen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Erich Schulz hat alle Hände voll zu tun. Heute ist er mit seinem Sohn in Augsburg und Umgebung unterwegs, um Wärmepumpen zu warten, die sie zuvor eingebaut haben. An diesem Vormittag stehen drei Termine an. Erst geht es zu einem Hotel, das die Technik nutzt zum Heizen – damit der Swimmingpool eine angenehme Temperatur hat. Es wird kontrolliert, ob die Maschine ordnungsgemäß läuft, die Steuerung richtig eingestellt und der Fehlerspeicher ausgelesen ist.

Handwerker: Profiteure der Energiewende

75 Mitarbeiter hat das Augsburger Unternehmen für Haustechnik, Erich Schulz ist einer der Profiteure der Energiewende. Umstellen von Öl oder Gas auf regenerative Techniken, wie Wärmepumpe, da ist das Sanitär, Heizungs- und Klimahandwerk gefragt. Die Nachfrage ist riesig.

Im Schnitt sind die bayerischen Handwerksbetriebe 8,6 Wochen ausgelastet, knapp eine Woche weniger als noch vor einem Jahr. Im Bau- und Ausbaubereich sind die Auftragsbücher rund drei Monate gefüllt, ein Minus von etwa zwei Wochen. Fazit: Es läuft nicht schlecht, aber es lief eben auch schon mal besser.

Das lange Warten auf den Handwerker

Aber was heißt das für die Kunden? Müssen die wirklich monatelang auf einen Handwerker warten? Nein, sagt Erich Schulz. Wenn man seinen Handwerker in den vergangenen Jahren gut behandelt habe, komme der und in Notfällen sowieso. Er würde seine Kunden nicht in der kalten Wohnung sitzen lassen.

Was also helfen kann: einen Handwerker persönlich kennen. Und dann gibt es immer noch die Handwerkerportale im Internet, auf denen man Leistungen ausschreiben kann. Klar dürfte auch sein, dass man für kleinere Sachen schneller jemanden bekommt als für aufwendige Arbeiten.

Handwerk kritisiert Bürokratie und hohe Steuern

Die Stimmung im Handwerk habe sich verschlechtert, sagt der bayerische Handwerkspräsident Franz Xaver Peteranderl. Die Politik müssen nun vertrauensbildende Maßnahmen beschließen, das heiße Steuererleichterungen für die Betriebe und Bürokratie abbauen. Außerdem solle das von der Bundesregierung im vergangenen Jahr vorgelegte 14-Punkte-Programm zur Stärkung der Baukonjunktur endlich umgesetzt werden, so Peteranderl.

Im Interview mit der radioWelt auf Bayern 2 betonte Peteranderl am Morgen: "Wir brauchen eine verlässliche Energieversorgung mit günstiger Energie." Die Bundesregierung habe generell zwar einige richtige Maßnahmen vereinbart, aber die müssten endlich auch entschieden und umgesetzt werden.

Angst vor Formularen schreckt Nachwuchs ab

Bürokratie schrecke auch den Nachwuchs ab, meint auch der Generalsekretär des Zentralverbandes, Holger Schwannecke. In den kommenden fünf Jahren würden bundesweit 125.000 Betriebsübergaben anstehen. Wenn man diejenigen frage, die frisch ihren Meisterbrief gemacht haben, sage der Großteil, dass man sich nicht selbständig machen wolle. Und zwar aus Angst vor Formularen, das sei ein deutlicher Alarmruf in Richtung Politik, so Schwannecke.

Förderung von Wärmepumpen hat Kunden verunsichert

Der Augsburger Handwerker Erich Schulz, der auch Landesinnungsmeister des Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerks ist, ist mit der Politik im Großen und Ganzen zufrieden. Allerding kritisiert er das Förderchaos bei den Wärmepumpen. Seit Anfang des Jahres konnte keine Förderung für Wärmpumpen beantragt werden, sagt Schulz. Das habe dazu geführt, dass die Nachfrage nach Wärmepumpen eingebrochen sei, weil die Kunden verunsichert seien. Seit dieser Woche kann jetzt die neue Förderung über die KfW beantragt werden.

Was Erich Schulz noch Sorgen bereitet, ist die Krise im Wohnungsneubau, die treffe seine Branche besonders. Von der Politik wünscht er sich, den Neubau mit Fördermitteln in Schwung zu bringen. Und dann sei da eben noch die Bürokratie. Wenn ein Kunde sich eine Heizung mit nicht regenerativer Energie einbauen lassen wolle, müsse der Handwerker ein mehrseitiges Formular ausfüllen und ihn aufklären, dass wegen der Co2-Steuer hohe Kosten auf ihn zukämen. Das sei kindisch und ein bürokratischer Aufwand, der wenig zielführend sei und der Umwelt nichts nütze.

Unternehmensnachfolge – ein großes Thema

Mittlerweile sind er und sein Sohn im Hotel angekommen, stehen im Keller vor der Wärmepumpe und checken sie durch. Erich Schulz hält seinen Kopf in die große Anlage, sein Sohn steht hinter ihm und macht Notizen. Fazit: Ein Ventil ist undicht, muss getauscht werden, sonst alles in Ordnung. Die Einstellungen der Pumpe seien optimal, die Maschine würde nicht takten, so Schulz, was für einen sehr effizienten Betrieb spreche.

Weiter geht es zum nächsten Kunden. Vater und Sohn sind ein eingespieltes Team. Für den Sohn war schon früh klar, dass er mal den Betrieb übernimmt. Nach Ausbildung zum Anlagenmechaniker SHK und Studium ist er schon in der Geschäftsführung tätig. Zur Freude seines Vaters, der als Landesinnungsmeister mitbekommt, wie wichtig es für Betriebe ist, die Nachfolge zu regeln.

Internationale Handwerksmesse wirbt um Nachwuchs

Weiteres Thema in den Betrieben ist der Fachkräftemangel. Um Jugendliche für eine Ausbildung zu begeistern, können sie auf der Handwerksmesse, die heute beginnt, wieder verschiedene Berufe ausprobieren. Ansonsten zeigen die Aussteller viele Produkte aus dem Bereich Nachhaltigkeit, wie Photovoltaikanlagen oder Dämmstoffe.

Und auch die Profis kommen auf ihre Kosten: Mit dem Roboter, der beim Verlegen von Dämmstoffplatten auf Flachdächern hilft. Oder dem Automaten, der Butterbrezen schmiert, angeblich wie von Hand. Die Sonderschau Exempla, auf der man Handwerkern bei der Arbeit über die Schulter schauen kann, steht dieses Jahr unter dem Motto Naturstein.

Im Video: Söder fordert Richtungswechsel in Wirtschaftspolitik

Söder fordert Richtungswechsel in Wirtschaftspolitik
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Söder fordert Richtungswechsel in Wirtschaftspolitik

Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft mit Kanzler Scholz

Während die Handwerksmesse bis Sonntag die Tore öffnet, findet gleich nebenan bis Freitag der Kongress Zukunft Handwerk für das Fachpublikum statt. Hier kommen dann zum Beispiel Unternehmer mit Handwerks-Influencern zusammen, die sich und ihren Beruf in den sozialen Medien präsentieren. Sie lernen von ihnen, wie sich junge Leute für ein Gewerk begeistern lassen.

Höhepunkt dürfte das Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft am Freitag sein, da trifft Bundeskanzler Olaf Scholz auf die Präsidenten der großen deutschen Wirtschaftsverbände. Weil die Stimmung momentan nicht die beste ist, dürfte das eher ein Krisentreffen werden.

Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks Jörg Dittrich
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Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH)

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