Ein Mann bearbeitet Holz an einer Drehbank.
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Hohe Abgaben und Bürokratie – Handwerk schlägt Alarm

Handwerk ist Mittelstand, die meisten Betriebe haben weniger als 20 Mitarbeiter. Doch die Stimmung ist schlecht, wegen hoher Steuern und Sozialabgaben und viel Bürokratie. Kurz vor Beginn der Handwerksmesse in München schlagen die Unternehmen Alarm.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Baustellen gehören im Handwerk dazu. Doch die Anzahl an Baustellen, die man am Standort Deutschland sehe und an denen es nicht wirklich vorangehe, verunsichere die Unternehmer, sagt der Generalsekretär des Zentralverbandes des deutschen Handwerks, Holger Schwannecke. Es sei Zeit, die Probleme anzugehen.

Doch stattdessen würden die Betriebe mit Steuern, Abgaben und Vorschriften belastet. Das schrecke auch den Nachwuchs ab. In den kommenden fünf Jahren würden bundesweit 125.000 Betriebsübergaben anstehen. Und wenn man diejenigen frage, die frisch ihren Meisterbrief gemacht hätten, sage der Großteil, dass man sich nicht selbständig machen wolle. Und zwar aus Angst vor Formularen, das sei ein deutlicher Alarmruf in Richtung Politik, so Schwannecke.

Stimmung im Handwerk verschlechtert sich

Die meisten Handwerksbetriebe würden dabei zum Mittelstand zählen, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, so der Bayerische Handwerkspräsident Franz Xaver Peteranderl. Man wolle die Kunden gut bedienen, müsse den Betrieben aber auch die Chance geben, dies umzusetzen. Die Stimmung im Handwerk verschlechtere sich. Gründe seien schwache Impulse für Konsum und Investitionen in Kombination mit hohen Zinsen und der abkühlenden Baukonjunktur. Die Ampel müsse ihren Politikfokus jetzt voll auf die Wirtschaft richten, so Peteranderl.

Der Mittelstand – das Rückgrat der Wirtschaft

In Deutschland gibt es rund eine Million Handwerksbetriebe mit 5,7 Millionen Beschäftigten. Allein diese Zahlen zeigen schon, dass viele von ihnen Klein- und Kleinstbetriebe sind, oft mit nur wenigen Mitarbeitern, also Mittelstand in Reinform. Dabei gehören 99 Prozent aller Unternehmen laut Bundesverband Mittelständische Wirtschaft zu den kleinen und mittleren Unternehmen, also zum Mittelstand. Auf sie entfallen 75 Prozent der Lehrlinge und gut jeder zweite Beschäftigte. Laut Definition der Bundesregierung gehören alle Unternehmen mit bis zu 499 Beschäftigten und unter 50 Millionen Euro Jahresumsatz zu den kleinen und mittleren Unternehmen. Laut Bundesverband mittelständische Wirtschaft gehören auch größere Unternehmen zum Mittelstand, wenn sie inhaber- oder familiengeführt sind.

Handwerk fordert weniger Steuern und Abbau von Bürokratie

Wer von Mittelstand spricht, redet also vom Großteil der Wirtschaft. Und dort ist die Stimmung nicht gerade gut. Laut ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke müsse die Politik nun endlich beginnen, Betriebe und Beschäftigte zu entlasten, statt dies nur anzukündigen. Neben dem Abbau von Bürokratie fordert Schwannecke auch steuerliche Entlastungen und dass die berufliche Bildung gestärkt wird, etwa durch eine bessere finanzielle Unterstützung der Bildungszentren. Die müssten dem Stand der Technik entsprechen, dafür brauche es viele Investitionen. Denn nach wie vor beklagt das Handwerk, dass sich immer noch viele junge Leute für ein Studium entscheiden und nicht für eine Ausbildung im Handwerk. Mehr Azubis könnten helfen, den Fachkräftemangel einzudämmen, eines der großen Probleme im Handwerk.

Fachkräftemangel belastet Unternehmen

Eine andere Möglichkeit gegen Fachkräftemangel wären Maßnahmen, damit den Beschäftigten mehr netto vom brutto übrigbleibe, sagt der Präsident des Bayerischen Handwerkstages, Franz Xaver Peteranderl. Man müsse mehr Anreize schaffen, damit sich Leistung wieder lohne. Dass bei einem Facharbeiter, der Überstunden machen könnte, auch mehr Geld übrigbleibe und ihm nicht der Großteil wegversteuert werde, so Peteranderl.

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Auf der Handwerksmesse können junge Leute wieder viele Berufe ausprobieren.

Handwerksmesse will auch Nachwuchs begeistern

Um Jugendliche für eine Ausbildung zu begeistern, können sie auf der Internationalen Handwerksmesse, die am Mittwoch, den 28. Februar in München beginnt, auf der Aktionsfläche "Young Generation" Berufe ausprobieren, etwa bei den Bäckern Quarkteigbrezen backen oder bei den Raumausstattern Handytaschen nähen. Insgesamt setzt die Messe dieses Jahr stark auf Nachhaltigkeit, so können sich die Besucher über Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Dämmungen informieren. Die Sonderschau Exempla, auf der man Handwerkern bei der Arbeit über die Schulter schauen kann, steht dieses Jahr unter dem Motto Naturstein. Neben Steinmetz- und Bildhauerarbeiten aus Sandstein oder Granit wird auch ein sechs Tonnen schwerer Küchenblock aus Marmor zu sehen sein.

Kanzler Scholz wird sich von Wirtschaft viel Kritik anhören müssen

Während die Handwerksmesse von Mittwoch bis zum kommenden Sonntag die Tore öffnet, findet gleich nebenan bis Freitag der Kongress "Zukunft Handwerk" für das Fachpublikum statt. Hier kommen dann zum Beispiel Unternehmer mit Handwerksinfluencern zusammen, die sich und ihren Beruf in den sozialen Medien präsentieren. Und lernen von ihnen, wie sich junge Leute für ein Gewerk begeistern lassen. Höhepunkt dürfte das Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft am Freitag sein, da trifft Bundeskanzler Olaf Scholz auf die Präsidenten der großen deutschen Wirtschaftsverbände. Da die Stimmung momentan nicht die beste ist, dürfte das eher ein Krisentreffen werden.

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