Ein Mitarbeiter eines metallverarbeitenden Betriebes schweißt eine Naht an einem Werkstück.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Carsten Rehder

In jedem sechsten Beruf ist qualifiziertes Personal laut Bundesagentur für Arbeit knapp.

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Fachkräftemangel: Wie viel Personal in Deutschland fehlt

Kaum etwas bremst die deutsche Wirtschaft nach eigener Aussage so stark wie der Fachkräftemangel. Doch sind die Probleme überall gleich groß - und woher stammen all die Zahlen, Statistiken und Daten dazu? Eine Übersicht.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Feiertag am .

Man kann den Fachkräftemangel sehen, wenn in der Bäckerei ein Verkäufer alleine eine lange Schlange von Kunden bedienen muss. Wenn man acht Wochen auf den Fensterbauer wartet. Oder wenn bei der Ärztin niemand mehr ans Telefon geht, weil die Assistentinnen nicht mehr hinterherkommen.

Man kann den Fachkräftemangel aber auch in Zahlen fassen, wie es beispielsweise die Bundesagentur für Arbeit (BA) in einer jährlichen Analyse macht. Laut der jüngsten Fassung waren Fachkräfte 2022 in jedem sechsten Beruf knapp. Demnach gab es im vergangenen Jahr in 200 von 1.200 bewerteten Berufen einen Engpass - und damit in 52 mehr als im Vorjahr.

Wie die Bundesagentur für Arbeit bei Berufen einen Fachkräftemangel identifiziert

So weit, so gravierend. Aber wie kommt diese Statistik zustande? "Es gibt keine alleinstehende allumfassende Kennzahl, anhand derer man Berufe in Engpassberufe und Nicht-Engpassberufe einordnen kann", schreibt die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Fachkräfteengpassanalyse.

Sie zieht vielmehr insgesamt 14 Indikatoren heran, um sich anzunähern. Sechs davon werden als sogenannte Engpassindikatoren geführt, beispielsweise die Arbeitslosenquote für bestimmte Berufe, wie lange Stellen unbesetzt bleiben oder in welchem Verhältnis die Zahl der offenen Stellen zur Zahl der Arbeitsuchenden steht.

Verkürzt erklärt gewichten die Statistiker die Indikatoren, indem sie Grenzwerte festlegen, Punkte vergeben und per Gesamtpunktzahl ermitteln, ob ein Engpass- oder Nichtengpassberuf vorliegt. Die ausführliche BA-Analyse mit allen Indikatoren finden Sie hier.

Fachkräftemangel in Bayern gravierender als im bundesweiten Schnitt

Ein weiterer wichtiger Gradmesser zum Personalstand ist das halbjährlich erscheinende KfW-ifo-Fachkräftebarometer. Die Grundlage dafür bilden die regelmäßigen Umfragen des Münchner ifo-Instituts unter 9.000 Unternehmen, ein Großteil davon aus dem Mittelstand.

Im Frühjahr dieses Jahres meldeten demnach 42,2 Prozent der befragten Firmen, dass ihre Geschäfte durch fehlendes Fachpersonal eingeschränkt seien. Dies war zwar ein leichter Rückgang im Vergleich zum vergangenen Herbst (45,7 Prozent), doch der Fachkräftemangel "bleibt im historischen Vergleich weiter auf sehr hohem Niveau", bilanzieren die Experten.

In Bayern war die Situation dabei zuletzt mit 44,8 Prozent etwas angespannter als in einigen anderen Bundesländern wie Baden-Württemberg, Hessen oder Nordrhein-Westfalen und auch angespannter als im bundesweiten Schnitt - aber besser als im Osten Deutschlands.

In diesen Berufen fehlen besonders viele Fachkräfte

Um zu erfahren, in welchen Branchen oder Berufen der Fachkräftemangel besonders ausgeprägt ist, lohnt auch ein Blick in die Auswertungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW). Ein Mangel ist demnach vor allem im sozialen Bereich zu finden, wie bei der Sozialarbeit und -pädagogik, bei Erzieherinnen und Erziehern sowie in der Pflege.

Stark betroffen sind ebenso die Bauelektrik, die Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik und die Informatik. Unterm Strich umfasste die Fachkräftelücke im vergangenen 630.000 offene Stellen, für die es bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen gab. Die meisten der genannten Berufe finden sich ebenfalls in einer IW-Prognose zur angespannten Personalsituation der nächsten Jahre wieder.

Die Wissenschaftler greifen für ihre Berechnungen auf eine eigene Datenbank zurück, die sich aus Zahlen der Bundesagentur für Arbeit und der Stellenerhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) speist.

Bis 2035 könnten sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen

Das IAB forscht ebenfalls umfassend zum Thema und hat selbst eine viel beachtete Prognose erstellt: Bis 2035 gehen dem deutschen Arbeitsmarkt der Studie zufolge rund sieben Millionen Arbeitskräfte verloren, sofern nicht gegengesteuert werde - indem laut IAB beispielsweise Ältere länger im Job gehalten, die berufliche Entwicklung von Frauen gestärkt oder Zuwanderer angezogen werden.

Letztlich fügt sich auch diese Prognose in das Gesamtbild der Zahlen ein. Ob man es nun "Mangel", "Lücke" oder "Engpass" nennt: Dem deutschen Arbeitsmarkt fehlt es den Studien und Umfragen zufolge derzeit massiv an qualifiziertem Personal.

Dieser Artikel ist erstmals am 10. Juli 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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